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Kein zurueck mehr

Kein zurueck mehr

Titel: Kein zurueck mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swati Avasthi
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siebzehn war, bin ich aus einem gewalttätigen Elternhaus abgehauen und habe meinen kleinen Bruder zurückgelassen, um auszubaden, was ich nicht mehr ertragen konnte. Ich weiß nicht, was das aus dir gemacht hat. Also, warum erzählst du es mir nicht?«
    Ich stoße Christians Hand weg und versuche über seinen seltsamen Witz zu lächeln, der irgendwie an mir vorbeigegangen ist.
    »Wer ist Lauren?«
    Ich ziehe die Beine an, schlinge meine Arme um die Knie und stütze meine Turnschuhe auf den Sitz. »Ein Mädchen, mit dem ich mal zusammen war«, sage ich.
    »Warum habt ihr euch getrennt?«
    Mein Instinkt zu lügen, in Halbwahrheiten zu sprechen und über ihre Untreue zu reden, wird überlagert durch die Erinnerung an ihn, wie er mit einem Messer in unserer Küche steht, weil er mich auf keinen Fall noch einmal zurücklassen will.
    »Wir haben uns getrennt, weil ich ihr ins Gesicht geschlagen, sie gegen eine Mauer geschubst und dann angefangen habe, sie zu würgen.«
    Christians Gesicht bleibt völlig unverändert. Nicht ein Muskel zuckt. Er dreht den Kopf, legt den ersten Gang ein und fährt wieder auf die Straße.
    Ich beobachte, wie die Bäume am Rande des Highways am Autofenster vorbeirauschen. Wir kommen an einem blauen Schild vorbei, das McDonald’s, Burger King und Unterkünfte nach der nächsten Ausfahrt verspricht. Wir fahren an einem grünen Schild vorbei, das Entfernungen angibt: St. Louis 253 Meilen. Wir fahren an der Burger-King-Ausfahrt vorbei. Wir fahren an einem Texaco-Tankstellen-Schild vorbei, das wie eine Blase über uns zu schweben scheint.
    »Christian«, sage ich. »Es tut mir leid, was ich getan habe, dass ich dich angelogen habe, einfach alles.«
    Er nickt, aber er sieht mich nicht an.
    Wir kommen an einem Meilenschild vorbei und fahren unter einer Brücke durch. Als wir wieder aus der Dunkelheit auftauchen, ändert sich sein Gesichtsausdruck immer noch nicht; seine Augen blinzeln nicht einmal.
    »Sag doch etwas«, sage ich schließlich.
    »Ich will dich aus dem Haus haben.«

Kapitel 29
    Neunzehn Stunden Schweigen. Wir wechselten kein einziges Wort, als wir anhielten, um die Plätze zu tauschen. Wir wechselten kein Wort, als wir bei einem Arby’s zum Essen Pause machten. (Ich wundere mich, dass er mit mir an einem Tisch saß. Wenn wir nicht mit meinem Auto fahren würden, würde er mich bestimmt am Straßenrand stehen lassen.) Wir wechselten kein Wort, als wir zum Tanken anhielten, nicht einmal, als ich mir an einer Tankstelle den Kloschlüssel holte und er ihn auch brauchte. Anstatt mich danach zu fragen, ließ er mich den Schlüssel zur Kasse zurückbringen und nahm ihn von dem Angestellten entgegen.
    Da zerbrach etwas in mir, wie bei einer Instant-Eiskompresse. Wenn man sie bricht, wird sie ganz kalt.
    Scheiß auf ihn.
    Als wir bei seiner Wohnung ankommen, räuspert er sich und sagt: »Lass deinen Schlüssel auf dem Tisch liegen.« Dann klopft er an Mirriams Tür.
    Ich stehe noch auf dem Flur, als Mirriam die Tür aufmacht.
    »He, Christian, ihr wolltet mich doch von unterwegs anrufen. Ich hab noch nicht mal angefangen mit dem Truthahn.« Sie sieht mich in der Tür zu Christians Wohnung stehen. »Jace«, sagt sie, »wo ist deine Mom?«
    Ich gehe in unsere – seine – Wohnung und mache die Tür zu.
    Die kleine Wohnung ist vollgestopft mit meinen Sachen. Ich nehme meinen Rucksack, trage ihn in Christians Schlafzimmer und beginne, ihn zu füllen. Ich öffne die untere Schublade und betrachte meine Jeans, die da wie meine anderen Klamotten ordentlich zusammengelegt liegen. Tränen habe ich keine mehr.
    Als mein Rucksack überquillt, hole ich mir einen Müllsack und stopfe den Rest meiner Klamotten und Bücher hinein. Eines meiner Schulbücher sticht fast durch das dünne Plastik.
    Zum letzten Mal gehe ich an seinem Computer ins Internet und suche nach Notunterkünften für Obdachlose. Ich werde ein falsches Alter nennen müssen, sonst stecken sie mich noch ins Heim. Der Drucker springt an und spuckt eine Wegbeschreibung aus. Ich biege meinen Schlüsselring auseinander und ziehe den goldenen Schlüssel ab. Ich lege ihn auf den Tisch. Und schon bin ich auch hier ausgelöscht.
    Ich will gerade gehen, aber da fällt mir noch eine Sache ein, die ich machen will. Ich reiße die Schranktür auf und nehme das Abschlusszeugnis von der New York University ab. Ich schleudere es wie eine Frisbeescheibe durch den Raum und der Rahmen hinterlässt eine kleine Kerbe in der Wand. Ich lasse ihn auf dem Boden

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