Kein Zurueck nach Oxford
nur der übliche, unleserliche Klecks. Wie sollte sie reagieren, wenn J. Barnes auftauchte? Der Brief klang schon ein wenig gespenstisch! Kate überlegte, ob sie bei Devlin anklopfen und ihn fragen sollte, wie man sich in einem solchen Fall am besten verhielt. Der ›Mann, der Frauenherzen versteht‹ würde möglicherweise eine Lösung wissen. Und wenn nicht, dann hatte der ›Mann mit der kreativen Seele‹ vielleicht eine Eingebung.
Kate ging zu Devlins Zimmer. Vor der Tür hielt sie einen Augenblick inne. Drinnen waren Stimmen zu hören. Schimpfende, murrende Stimmen. War er vielleicht nicht allein? Sollte sie sich besser zurückziehen, ohne ihn zu stören? Die Stimmen klangen allerdings nicht so, als wären ihre Besitzer mit intimen Aktivitäten beschäftigt. Sie klopfte.
»Scheiße!«, kam die Antwort von drinnen.
»Devlin?«
»Kommen Sie schon rein, verdammt noch mal. Lungern Sie nicht vor der Tür herum!«
Kate betrat das Zimmer.
Devlin stand in auberginefarbenen Samthosen und zinnfarbenem Seidenhemd mitten im Zimmer. Ein silbergrauer Schal lag auf seinem Bett.
»Ich kriege dieses verdammte Ding einfach nicht hin!«, knurrte er.
»Was wollen Sie denn machen?«
»Diesen Schal hier umbinden«, schimpfte er. »Wie zum Teufel sieht das bloß aus?«
»Sie müssen das rechte über das linke und das linke über das rechte Ende legen.« Kate versuchte zu helfen.
»Das lose Ende durch den zweiten Knoten ziehen«, sagte Devlin, ohne sie zu beachten, »es hinter dem festen Ende entlangführen und …«
Kate blickte sich im Zimmer um. Es war mit Devlins Habseligkeiten wie mit Girlanden geschmückt, doch sie konnte niemand anderen entdecken.
»Wo ist Ihr Freund?«, fragte sie.
»Was?« Devlin hielt ein Ende des inzwischen zerknitterten Schals hoch und blickte es an. »Welcher Freund?«
»Ach, nichts. Ich habe mich geirrt.« Kate wurde klar, dass die Stimmen beide zu Devlin gehörten. Er hatte offenbar mit widerspenstigen Kleidungsstücken gekämpft. Das blaue Hemd, das über der Nachttischlampe hing, sah aus, als hätte man es mit einigem Kraftaufwand weggeworfen. Neben der Tür des Kleiderschranks kauerte ein elendes Häufchen schwarze Hose.
»Warum machen Sie nicht einen einfachen Knoten? Ich mache es oft so und lasse die beiden Enden herunterhängen.«
»Das sieht Ihnen ähnlich!«, knurrte Devlin unhöflich. »Ich mag aber nun einmal diesen Knoten, bei dem die Enden ordentlich und genau nach unten hängen und nicht an den Seiten herausschauen.« Er schlang ein Ende um das andere und grunzte zufrieden. »Was wollten Sie von mir?«
»Ich habe überlegt, ob Sie viel Fanpost erhalten.«
»Ab und zu. Von Zeit zu Zeit. Ah, ich habe es geschafft.« Der Schal hatte sich geschlagen gegeben und ganz von selbst in die gewünschte Form geschlungen. Devlin streifte sich die Schlinge über den Kopf und bewunderte sein Werk im Spiegel. »Was halten Sie davon?«
»Klasse!«, lobte Kate. »Sieht richtig gut aus und steht Ihnen fantastisch.«
Devlin lächelte stolz. »Wo waren wir stehen geblieben?«
»Bei der Fanpost. Könnten Sie sich bitte diesen Brief einmal ansehen und mir sagen, ob Sie glauben …« Was denn eigentlich? Dass J. ein Spinner war? Kate unterbrach sich, reichte Devlin den Brief und beobachtete, wie er ihn durchlas.
»Der Typ hat nicht alle Tassen im Schrank!«, erklärte er überzeugt und gab ihr den Brief zurück.
»Sie glauben also, dass es sich um einen Mann handelt?«
»Könnte auch eine Frau sein. An der Handschrift kann man es nicht erkennen, am Briefpapier auch nicht.«
»Ich dachte vielleicht eher an eine Frau. Wegen der übermäßigen Verehrung.«
»Halten Sie das für eine typisch weibliche Eigenschaft?«
»Zumindest bringe ich es mit frustrierten Frauen mittleren Alters in Verbindung. Ich fürchte, das stempelt mich sowohl zur Sexistin ab als auch zu jemandem, der alte Menschen ablehnt.«
»Aber eine solche Frau würde wahrscheinlich eher an Tom Jones oder Barry Manilow schreiben als an Kate Ivory.«
»Ich bekomme häufig Post von Frauen. Wahrscheinlich, weil sie diejenigen sind, die meine Bücher lesen.«
»Ein durchaus logischer Schluss.«
»Kein Grund zu spotten. Was ist mit dem Geschenk, das er mir geschickt hat?«
»Das Symbol? Was war es?«
»Ich glaube, es war der goldene, wie ein Knoten geformte Ring, der unmittelbar vor meiner Abreise aus Oxford eintraf. Ohne Begleitbrief. Ohne Hinweis, von wem er stammen könnte.«
»Etwa eines dieser zusammengesetzten Dinger,
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