Keine Angst vor Anakondas
kompakte Kraftpaket läuft, zumeist im Dunkeln, Dutzende von Kilometern am Stück, ohne sich groß auszuruhen. Wie Irrlichter durchstreifen die Vielfraße ein riesiges Revier. Er taucht oft an einer Stelle auf und bleibt dann wieder für lange Zeit verschwunden. Jäger, die es auf ihren dicken Pelz abgesehen haben, stellen deswegen lieber Fallen auf, als dass sie versuchen, ihnen viele Kilometer durch den Schnee zu folgen.
Die Bärenmarder gelten zwar nicht als vom Aussterben bedroht, in vielen ursprünglichen Lebensräumen sind sie jedoch ausgerottet. 1980 schätzte man die Population in Finnland auf ganze 40 Exemplare. 2012 haben intensive Maßnahmen bewirkt, dass wieder rund 200 Tiere in diesem Land leben.
Die Vielfraße haben einen mörderisch schlechten Ruf. Wenn es sein muss, können sie sehr aggressiv werden. Sie sollen dann wie Berserker wüten und alles und jeden angreifen. Wahr ist, dass der Marder, wenn ihm der Magen knurrt, sogar Bären von einer Beute verscheucht, obwohl die Bären viel stärker sind. Bären sind nicht scharf darauf, mit den kräftigen Vielfraß-Zähnen nähere Bekanntschaft zu machen. Deren Kiefer sind ähnlich mächtig wie die der Hyänen. Das macht Sinn, denn gleich den Hyänen fressen Vielfraße auch Aas und zermalmen die Knochen. Ist der Bär einigermaßen satt, überlässt er die Beute lieber dem wilden Gesellen. Mit vollem Bauch hat der Bär keine große Lust zu kämpfen. Wen jedoch der Hunger zwickt, der ist zu vielem bereit. Wer satt ist, will in Ruhe verdauen. So läuft das eben – nicht nur da draußen.
Zudem soll der Vielfraß in der Lage sein, sein Markierungssekret zielsicher mehrere Meter weit zu spritzen. Von dieser Geheimwaffe ist viel zu lesen. Glaubhaft beobachtet oder gar gefilmt wurde dieses Verhalten jedoch nie. Eine weitere Legende! Ebenso wie überall geschrieben steht, dass das Sekret ekelerregend riechen soll, ähnlich dem der Stinktiere. Oliver und Ivo haben Vielfraße beim Markieren gefilmt. Der Mensch will einfach alles wissen, selbst, wie das Markierungssekret von Vielfraßen riecht. Die beiden stecken ihre Nasen hinein, sind aber enttäuscht. Erwartet haben Oliver und Ivo einen schauerlichen Gestank, wahrgenommen haben sie einen Uringeruch, der nur für andere Vielfraße eine Bedeutung hat.
Und dann wären da noch die Berichte, dass Vielfraße ausgewachsene Elche angreifen. Die Marder haben verhältnismäßig lange Beine und breite Pranken. Zwischen den Zehen ist eine Spannhaut. Mit seinen Pranken ist er wie auf Schneeschuhen unterwegs und kommt im Tiefschnee besser voran als seine Beutetiere. Ren und Elch versinken mit ihren langen Beinen im tiefen Schnee. Jungtiere sind ganz sicher eine häufige Beute. Ausgewachsene Rentiere aber auch. Der Riesenmarder springt auf den Rücken des Rens, verbeißt sich in Genick und Hals, reißt mit seinen langen vampirartigen Eckzähnen die Halsschlagadern auf, bis die Beute zusammenbricht. Aber stimmt es, dass ein Vielfraß von 15 bis 20 Kilogramm einen Elch von mehreren 100 Kilogramm bezwingen kann? Kaum vorstellbar. Wie soll er das anstellen? Unglaublich, aber wahr: Dokumentierte Kampfspuren lassen keinen anderen Schluss zu, als dass ein Vielfraß auf einen Elch gesprungen ist und ihm am Hals die großen Blutgefäße zerbissen hat. Sowohl aus Russland als auch aus Kanada liegen glaubhafte Beweise dafür vor. Dennoch, es wird eine Ausnahme bleiben, dass ein Vielfraß einen ausgewachsenen Elch erbeutet.
Legendär ist der Riesenhunger der Vielfraße. Ganze Elche sollen schon in ihren Bäuchen verschwunden sein. Können sie sich wirklich so vollstopfen, als wäre ihr Magen ein aufblasbarer Wetterballon? Es stimmt, sie schlingen in unglaublichem Tempo das Fleisch in sich hinein. Aber würden wir es nicht genauso machen, wenn jeden Augenblick ein Rudel Wölfe um die Ecke kommen kann, das uns die Beute streitig macht? Da heißt es stopfen, was das Zeug hält. Vielfraße sind jedoch nicht unersättlicher als andere Raubtiere auch, wenn es ihr deutscher Name glauben macht. Vielleicht kam es ja zur Namensgebung angesichts der Tatsache, dass Vielfraße Beuteteile verstecken und geglaubt wurde, dass große Beutetiere innerhalb kurzer Zeit ganz gefressen wurden.
Und selbst um ihren deutschen Namen rankt sich eine Legende: Der Name »Vielfraß« soll eine falsche Übersetzung des nordischen Begriffs »Fjellfräs« sein, was Felsenkatze oder Gebirgskatze bedeutet. Die Wörter klingen zwar ähnlich, haben aber nichts miteinander
Weitere Kostenlose Bücher