Keine E-Mail fuer Dich
halbe Ort und alle Arbeitskollegen werden » CC « oder » BCC « gesetzt. So wird sowohl Andrea als auch ihr Arbeitskollege öffentlich denunziert.
Typisch für Panikstörungen sind der plötzliche Beginn mit Symptomen wie Herzrasen, Brustschmerzen, Atemnot, Schwindel und Erstickungsgefühlen. Es entsteht oft eine Furcht zu sterben, vor Kontrollverlust oder die Angst, wahnsinnig zu werden. Immer wenn Andrea das Haus verlässt, ergreift sie große Beklemmung. Sie hat Angst, der Ehefrau über den Weg zu laufen, die sie bei jeder Gelegenheit bloßstellt.
Es gibt einige Fälle in meiner Praxis, die mit Denunzieren im Internet zu tun haben. Wie anhand von Andrea zu sehen ist, betrifft das Problem nicht nur Jugendliche, sondern alle Altersstufen und alle gesellschaftlichen Schichten. Z. B. auch Uwe, dem durch »Cyberstalking« die Rückkehr zu seiner Exfreundin verbaut wurde:
Uwe, 45 Jahre alt, wurde nach sieben Jahren Beziehung von seiner Freundin verlassen. Er kommt in meine Praxis, um mit dem Verlust fertig zu werden, macht sich aber gleichzeitig große Hoffnungen, doch wieder mit seiner Exfreundin zusammenzukommen. Uwe ist Mitglied bei stayfriends, einer Plattform, die genutzt wird, um alte Klassenkameraden wiederzufinden. Eine ehemalige Mitschülerin findet ihn dort, kontaktiert ihn und meldet erotisches Interesse bei ihm an. Als Uwe das Interesse nicht erwidert, kontaktiert diese Frau Uwes Ex-Freundin, ebenfalls bei stayfriends, um nachzufragen, ob die beiden noch eine Beziehung haben. Uwes Exfreundin reagiert sehr schockiert auf diese Frage, vermutet sie doch nun, dass Uwe sich bereits wieder nach neuen Frauen umschaut, und ist tief gekränkt. Uwe geht es sehr schlecht, denn die ehemalige Mitschülerin hat ihm nun eine endgültige Rückkehr zu seiner Exfreundin verbaut. Erklärungsversuche bei ihr nützen nichts, er möchte sich das Leben nehmen. Eine Woche später erzählt er mir, er habe sich auf die Schienen gelegt, aber es kam »leider« kein Zug.
Auch Uwes Fall zeigt sehr deutlich, was sich Menschen durch die Möglichkeiten des Internets antun und welche Verzweiflung solche Taten hervorrufen können. Leider führt der enorme Mangel an Mitgefühl zu immer niedrigeren Hemmschwellen.
Der digital mündige Bürger muss noch einiges dazulernen, z. B. soziales Verhalten im Netz. Grundlegend ist festzuhalten, dass gesellschaftlich etablierte Verhaltensregeln und ein respektvoller Umgang mit unseren Mitmenschen auch im Internet gelten sollten.
SECOND LIFE
Wie sich Menschen in virtuellen Spielwelten verlieren
C omputerspiele haben entwicklungspsychologisch viele Gemeinsamkeiten mit traditionellen Spielaktivitäten. Merkmale des Spielens sind die Zweckfreiheit, der Wechsel der Realitätsbezüge – um Handlungs- und Situationsbezüge herzustellen, zu denen man sonst nicht in der Lage wäre – und Wiederholungen bzw. Rituale, um z. B. zur Meisterschaft zu gelangen oder unverarbeitete Erfahrungen zu bewältigen. Computerspiele üben eine besonders große Anziehungskraft aus, die zu einem spielsüchtigen Verhalten führen kann. Hauptmotive, Computer zu spielen, können sein: Kontaktaufnahme und Interaktion in der realen und virtuellen Welt, Langeweile vertreiben, sich ablenken, emotionale Anregung und Flow-Erleben (das angenehme Gefühl, das Spiel zu beherrschen, bei gleichzeitigem Ausblenden von Zeit und Realität), Wettbewerb untereinander, Kooperation, Gruppen- und Gemeinschaftserleben, Anregung der Fantasie, Stimmungsregulation oder Realitätsflucht bei Sorgen im Alltagsleben. Man kann sich Abenteuer schaffen, seine Leistung steigern, seinen Ehrgeiz ausleben. Viele Dinge gehen in der virtuellen Welt auch leichter als in der Realität: Man kann z. B. fast jede Identität annehmen oder einen Kampfjet fliegen. Computerspiele können bei sozialen Interaktionen wichtig zur Kontaktaufnahme und Kontaktaufrechterhaltung sein. Sie können eine sogenannte »Icebreaker-Funktion« haben. Man kann sich mit Gleichgesinnten darüber austauschen und findet auf diesem Wege Kontakte, da viele Spiele interaktiv konzipiert sind. Während des Spiels chattet man oder tauscht sich per Sprache über Headset aus. Der Unterschied zu traditionellen Spielen ist, dass die Interaktion nicht mehr von Angesicht zu Angesicht stattfindet, sondern der Computer als Kommunikationsmedium zwischengeschaltet ist. Räumliche Nähe zum Spielpartner ist somit nicht mehr notwendig. Strategiespiele im Online-Modus, wie z. B. World of Warcraft , werden
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