Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Keine große Affäre

Keine große Affäre

Titel: Keine große Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
Vom Netzwerk:
nicht, daß er das auch tut,
das ist alles...« Sie sah auf die Uhr. »Sie müssen langsam gehen und sich
fertigmachen. Ich habe Sie sowieso schon aufgehalten...«
    Justine lächelte erleichtert. »Wenn
Sie nichts dagegen haben...«, sagte sie, wartete jedoch nicht, ob sie ihre
Meinung änderte.
    Alison packte die Lebensmittel aus,
die sie schnell im Delikatessengeschäft in Islington bei ihrer Wohnung um die
Ecke eingekauft hatte. Frische Pasta, schwarze Oliven, eine Dose Anchovies, ein
Glas sonnengetrockneter Tomaten, Panettone in einer hellblauen Schachtel und
ein Päckchen mit kandierten Früchten, die noch von Weihnachten übrig waren. Ben
sah fasziniert zu, als sie jedes einzelne Stück, das sie aus der großen,
braunen Papiertüte holte, mit Namen benannte. Es war seltsam, dachte sie, daß
man die Welt mit ganz anderen Augen sah, wenn man ein Kind hatte. Sie war sich
nicht sicher, ob ihr Farben und Formen schon im selben Maße aufgefallen waren,
bevor sie damit angefangen hatte, Ben darauf aufmerksam zu machen. Sie packte
den Panettone aus und reichte Ben die Schachtel, damit er sie auf seine ernste,
neugierige Art untersuchen konnte. Sie arrangierte Panettonescheiben auf dem
Boden einer Glasschüssel, hackte dann die kandierten Früchte klein und streute
sie darüber, und zum Schluß beträufelte sie alles ordentlich mit Cointreau. Sie
verrührte Eier, Milch und Zucker und goß die Mixtur darüber. Dann machte sie
auf einem Kuchenblech ein Wasserbad und ließ es stehen, bis alles in den Ofen
kam. Die Pasta konnte bis nach Bens Bad warten, beschloß sie.
    Jetzt, wo Ben nicht mehr so sehr wie
ein Baby aussah, kräftiger war und aufrecht sitzen konnte, hatte sie nicht mehr
soviel Angst, ihn anzufassen. Es kam ihr vor, als würde sie jetzt mit einem
menschlichen Wesen umgehen, nicht mit einer winzigen, hilflosen neugeborenen
Kreatur, die sie ununterbrochen brauchte. Sie kniete neben der Badewanne und
stützte mit einer Hand seinen Rücken, mit der anderen seifte sie seinen
pummeligen, puttenartigen Körper ein. Ihr Lieblingskörperteil waren seine
Handgelenke, beschloß sie. Sie hielt sie nacheinander in der Handfläche und
bestaunte die einfache Konstruktion — nur eine kleine Fleischfalte an der
Stelle, wo die Hand mit dem Arm verbunden war, keine höckrigen Knochen und
vortretenden Adern wie bei Erwachsenen. Sie waren so perfekt. Genauso wie die
Ellbogen und die Schultern, dachte sie und seifte seine Arme mit den sanften
Grübchen ein. Sie hielt inne und sah ihrem Baby ins Gesicht. Er beobachtete
sehr ernst, wie sie ihn bewunderte, doch ganz plötzlich lächelte er sie an, und
sie hatte das allerseltsamste Gefühl, ihn zum ersten Mal zu treffen.
     
    »Was ist das? Es ist köstlich«, sagte
Stephen.
    »Spaghetti alla puttanesca«, antwortete sie.
    Hurenspaghetti. Sie sah auf die
blutrote Sauce und fragte sich, ob eine Art unterschwellige Schuld sie dazu
getrieben hatte, an diesem Abend gerade dieses Gericht zu kochen. Sie hatte dem
Rezept noch sonnengetrocknete Tomaten hinzugefügt, wodurch der Geschmack noch
durchdringender wurde. Vielleicht sollte sie ihre Variation in
Ehebrecherinnenspaghetti umbenennen, dachte sie. Sie schob ihren Teller
beiseite und nahm sich grünen Salat.
    Es war seit langem der erste Abend,
den sie gemeinsam verbrachten. Sie war überrascht gewesen, daß sie überhaupt
keine Schuldgefühle hatte. Bis jetzt. An den meisten Abenden kam Stephen erst
spät von der Arbeit nach Hause, und es war leicht, im Bett zu liegen und sich
zu versichern, daß er ganz klar ebenfalls eine Affäre hatte. Er war schließlich
kein Hausarzt mehr, sagte sie sich dann, und Fachärzte mußten doch sicher nicht
so lange arbeiten. Selbst wenn er niemanden vögelte, war er ganz offensichtlich
von seinem Job mehr angetan als von ihr, und deshalb... Und deshalb schlief sie
ein, erschöpft von den Anforderungen, die ihre Arbeit, ihr Liebhaber und ihr
Sohn an sie stellten, und ihr Ehemann kam nach Hause, schlüpfte ins Bett und
bemerkte es nicht einmal.
    »Die Blumen sind herrlich«, bemerkte
er. »Danke.«
    Sie hatte ihm einen Armvoll Lilien
gekauft, deren berauschender Duft durchs Zimmer drang.
    »Und das ist für dich.« Er schob eine
schlanke, schmale Schachtel über den Tisch.
    Vor diesem Moment hatte sie sich
gefürchtet. Es wäre viel einfacher gewesen, wenn er aus einem Eimer vor einer
Tankstelle ein paar verwelkte Rosen mitgebracht oder einfach vergessen hätte,
daß Valentinstag war. Zum ersten Mal im

Weitere Kostenlose Bücher