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Keine große Affäre

Keine große Affäre

Titel: Keine große Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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einfach
nicht...«
    »Doch, es stimmt«, beharrte Ginger.
»Ich war gräßlich zu ihm, und er ist im Glauben gestorben, daß ich ihn haßte.«
    »Nein, so war es nicht«, sagte Pic zu
ihr. »Wir haben uns doch an unserem Geburtstag mit ihm getroffen, und da warst
du wirklich lieb. Du hast ihn nicht ein einziges Mal angebrüllt.«
    »Wirklich nicht?« Ginger hob einen
Augenblick das Gesicht von der Schulter ihrer Schwester.
    »Nein. Du warst wirklich
liebenswürdig.«
    Als sie bemerkte, daß dieser Ansatz
vielleicht funktionieren würde, zermarterte Pic sich das Gehirn nach weiteren
Beispielen.
    »Weihnachten habt ihr zusammen Scharaden
gespielt, weißt du noch? Und ihr habt natürlich gewonnen, und Daddy hat sich in
Guy verliebt...«
    »Das hat er doch, oder?« fragte
Ginger, und auf ihrem nassen Gesicht zeigte sich der Anflug eines Lächelns.
    »Mit Sicherheit. Er hat mich immer
angerufen und mir alles über Guy erzählt, was er von Mummy erfahren hat.«
    »Wirklich?« fragte Ginger überrascht.
    »Ach, er hat ständig von ihm
gesprochen... Er war ehrlich stolz auf ihn, und auf dich. Er fand, daß du das
gut machst.«
    »Nein, bestimmt nicht«, sagte Ginger
bescheiden, putzte sich die Nase und wollte insgeheim mehr hören.
    »Doch, er hat mir erzählt, er wüßte
nicht, wie du zurechtkommst, aber du schienst es zu schaffen«, sagte Pic zu
ihr.
    »Das ist nicht ganz dasselbe wie zu
denken, daß ich es gut mache«, argumentierte Ginger und wischte sich das
Gesicht.
    »Na ja, für ihn war es das«, sagte
Pic. Als sie sah, daß Ginger jetzt ruhiger war, fügte sie hinzu: »Die Party
damals war gar keine so große Sache.«
    »Doch. Bei diesem Telephongespräch hat
Daddy sogar gesagt, er wäre beim nächsten Bootsrennen vielleicht nicht mehr da
— und er hatte recht...« Wieder brach sie in Tränen aus.
    »Ich nehme an, er dachte, daß er nicht
mehr im Parlament sitzen würde«, sagte Pic. »Er war überzeugt, daß sie die
nächste Wahl verlieren würden, und zwar haushoch.«
    »Glaubst du, daß es das war?« fragte
Ginger, die das Telephongespräch zum millionsten Mal im Geiste wiederholte.
Ihre ganze Schuld schien sich auf diese zwei Minuten konzentriert zu haben, als
ihr die Gelegenheit zum Waffenstillstand angeboten worden war, und sie sie
abgelehnt hatte.
    »Du darfst Charlie aber nicht die
Schuld geben«, sagte Pic.
    »Ich gebe nicht Charlie die Schuld,
sondern mir«, entgegnete Ginger.
    »Das darfst du genausowenig«, sagte
Pic schlicht.
    Ginger sah ihre Schwester an, und eine
Welle großer Zuneigung überkam sie. Pic war so klug, aber wenn es um
Psychologie ging, war sie vollkommen unbedarft. Sie hatte bei ihren Bemühungen,
Ginger zu helfen, fast ihr gesamtes Repertoire an psychologischem Vokabular
erschöpft.
    »Daddy hätte sich sehr darüber
gefreut«, sagte Pic, und machte noch einen ernsthaften Versuch, die
Schuldgefühle ihrer Schwester abzubauen. »Über dich und Charlie. Er hat sich
Sorgen um dich gemacht. Er war altmodisch. Er fand, daß du einen Mann brauchst,
der sich um dich kümmert...«
    Sie sah, wie Gingers Gesicht zornig
aufblitzte, und war erleichtert. Das war schon eher die alte Ginger. Zorn und
Wut paßten zu ihr. Depressionen und Schuldgefühle nicht.
    »Charlie will sich nicht um mich
kümmern«, sagte Ginger resigniert. »Er will es mit mir treiben. Ich hasse
Männer sowieso. Das sind alles Scheißkerle.«
    »Außer Daddy«, warf Pic automatisch
ein.
    »Nein, Daddy war auch einer«, sagte
Ginger und kicherte plötzlich. »Es hat keinen Zweck, ihn zum Heiligen zu
machen, nur weil er tot ist.«
    »Nein«, sagte Pic unsicher, die
zwischen dem Wunsch, Ginger glücklich zu sehen, und ihrem Unbehagen, schlecht
von dem Toten zu sprechen, hin und her gerissen war. »Nein, du hast recht«,
stimmte sie schließlich zu. »In vielerlei Hinsicht war er wunderbar, aber in
vielerlei anderer Beziehung war er auch ein Schwein. Verzeih mir, Daddy, wo du
auch bist...« Sie blickte zum klaren, blauen Himmel hinauf.
    »Verzeih mir«, sagte auch Ginger, nahm
die Hand ihrer Schwester und ging zum Teich hinunter, um die Enten zu füttern.
     
    »Ich dachte, ich könnte vielleicht ein
paar Tage frei nehmen und mit Ben ans Meer fahren«, schlug Alison vor. »Bei dem
Wetter zu arbeiten, ist fast eine Schande.«
    »Das ist eine fabelhafte Idee«,
ermutigte Stephen sie. »Fahrt ihr zu deiner Mutter?«
    »Ja, das dachte ich«, antwortete
Alison.
    Sie knieten nebeneinander im
Badezimmer und badeten ihr Kind. In den

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