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Keine Lady ohne Tadel

Keine Lady ohne Tadel

Titel: Keine Lady ohne Tadel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eloisa James
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sich eingestehen, dass sie mit solchen Mitteln Stephen Fairfax-Lacy beweisen wollte, dass sie nicht so erfahren war … wie sie eben war. Einen Augenblick lang war sie beinahe deprimiert. Warum in aller Welt wollte sie eine Tugend vortäuschen, die sie nicht besaß und nie erstrebt hatte?
    Es klopfte, und Sylvie ging zur Tür. Bea trug vorsichtig Kajal auf. Auch wenn sie unschuldig wirken wollte – nie hätte sie ihr Zimmer verlassen, ohne sich die Wimpern zu tuschen.
    »Darf Lady Rawlings kurz hereinkommen?«, rief Sylvie von der Tür her.
    Bea sprang auf und schlüpfte mit den Füßen in zierliche weiße Ziegenlederschuhe. »Esme! Wie nett!«
    Sylvie öffnete die Tür, doch Esme blieb blinzelnd auf der Schwelle stehen. »Bea?«, fragte sie zaghaft. »Sind Sie’s auch wirklich?«
    »Gefalle ich Ihnen?«, fragte Bea lachend.
    Esme ließ ihre beträchtliche Leibesfülle auf einen Stuhl am Kamin sinken. »Sie sehen wie ein unbedarftes junges Ding aus, was wohl auch in Ihrer Absicht liegt.«
    »Ganz recht«, erwiderte Bea stolz.
    »Die Farbe auf Ihren Lippen gefällt mir, auch wenn ich nie ein solch blasses Rosa tragen würde. Wo haben Sie sie gekauft?«
    »Bei dem Parfümeur in der St. James Street, nicht wahr, Sylvie?«
    »In der Tat, Mylady«, bestätigte die Zofe.
    »Ich bin volle sechs Monate nicht mehr in London gewesen«, seufzte Esme und wackelte vor dem Feuer mit den Zehen. »Ich weiß schon gar nicht mehr, wie eine Parfümerie aussieht!«
    »Das ist aber dumm«, meinte Bea und setzte sich auf den anderen Stuhl. »Offenbar muss man sich stark einschränken, wenn man ein Kind bekommt.« Sie war froh, dass sie niemals so viele Monate von London fort sein würde. Unverheiratet zu sein hatte unbestreitbar seine Vorteile.
    »Eigentlich hat es mehr mit Tugendhaftigkeit zu tun«, gestand Esme.
    »Lady Godwin hat ja bereits erwähnt, dass Sie …« Bea brach ab, da sie keine geeigneten Worte fand, um Esmes Ziele zu beschreiben.
    »… dass ich nach einem untadeligen Ruf strebe«, vollendete Esme ihren Satz.
    »Wir alle streben nach etwas, würde ich meinen«, sagte Bea ein wenig unschlüssig.
    »Haben Sie diese Strümpfe bei Mrs Bell gekauft?«, erkundigte sich Esme. »Die gestickten Gänseblümchen am Knöchel sehen einfach entzückend aus.«
    »Mrs Bell wollte mir auch einen Schal mit demselben Muster verkaufen. Aber das fand ich ein wenig zu niedlich.«
    »Ihre ganze Aufmachung wirkt ein wenig zu niedlich, wenn ich das sagen darf. Obgleich Sie natürlich sehr schön aussehen«, meinte Esme. Sie seufzte. »Ich bin gekommen, um Sie zu warnen. Zwar sind die Damen des Nähkränzchens endlich gegangen, leider musste ich aber versprechen, sie zu einem Luncheon am späten Nachmittag noch einmal zu empfangen. Wenn Sie also keinen Wert auf einen Hagel von Bibelzitaten legen, dürfen Sie von mir aus gern auf Ihrem Zimmer speisen.«
    »Nähkränzchen?«, fragte Bea einigermaßen verständnislos.
    »Hat Arabella Ihnen nichts davon erzählt?« Esme stand auf und schüttelte ihre Röcke aus. »Ich bin dem hiesigen Nähkränzchen beigetreten. Wir treffen uns einmal in der Woche, und zwar aufgrund meiner Unbeweglichkeit in meinem Haus. Heute Vormittag hat Arabella sich zu uns gesellt, was zu einiger Aufregung und letztlich zu der Einladung geführt hat.«
    »Jetzt sagen Sie nicht, dass Arabella nähen kann!«, staunte Bea.
    »Natürlich nicht. Aber ihre Geschichten über die Gräfin Castignan haben uns immerhin wach gehalten. Das Problem ist, dass Mrs Cable, eine furchtbar bigotte Person, und meine Tante eine lebhafte Abneigung gegeneinander entwickelt haben. Es ist also mehr als wahrscheinlich, dass bei dem Lunch einiges an Groll unter der Oberfläche köcheln wird.«
    Esme blieb an der Tür stehen. »Ich habe hin und her überlegt, wie ich Tante Arabella und Mrs Cable möglichst weit voneinander entfernt setzen kann, und mich deshalb dafür entschieden, im Rosensalon ein paar Tische aufstellen zu lassen.« Sie warf Bea ein charmantes Lächeln zu. »Wenn Sie sich ihr gewachsen fühlen, würde ich Sie gern mit Mrs Cable an einen Tisch setzen. Diese Dame neigt dazu, ihre Konversation mit schlecht gewählten Bibelzitaten zu würzen. Da Sie heute so harmlos aussehen, wird sie Sie wohl zu den Erretteten zählen und freundlich sein.«
    Bea setzte ein gekünsteltes Lächeln auf. »In der Bibel bin ich auch sehr bewandert.«
    »Ach, du meine Güte, das ist ja wunderbar! In dem Falle setzte ich Sie ganz gewiss zu Mrs Cable, falls Sie

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