Keine zweite Chance
Monica ausziehen …?« Ich brach ab.
Lenny sagte: »Marc?«
Hast du sie geliebt?
Ich starrte geradeaus.
Du weißt , wer auf dich geschossen hat , oder , Marc?
Dina Levinsky. Ich dachte an die seltsamen Besuche, die sie ihrem Elternhaus abstattete. Ich dachte an die beiden Pistolen – von denen die eine mir gehörte. Ich dachte an die CD-ROM, die im Keller versteckt gewesen war, an einem Ort, von dem Dina mir erzählt hatte. Ich dachte an die Fotos, die vor dem Krankenhaus gemacht worden waren. Ich dachte daran, dass Edgar mir gesagt hatte, Monica sei in psychiatrischer Behandlung gewesen.
Und dann kam mir ein furchtbarer Gedanke, ein so schrecklicher Gedanke, dass ich ihn womöglich tatsächlich verdrängt hatte.
43
Ich täuschte Übelkeit vor, ging ins Bad und wählte Edgars Telefonnummer. Mein Schwiegervater war selbst am Apparat, was mich überraschte. »Hallo?«
»Du hast gesagt, dass Monica in psychiatrischer Behandlung war?«
»Marc? Bist du das?« Edgar räusperte sich. »Ich habe gerade von der Polizei gehört. Diese dämlichen Idioten hatten mich davon überzeugt, dass du hinter der ganzen Sache steckst …«
»Dafür habe ich jetzt keine Zeit. Ich bin immer noch auf der Suche nach Tara.«
»Was brauchst du?«, fragte Edgar.
»Weißt du, wie der Psychiater heißt, zu dem sie gegangen ist?«
»Nein.«
Ich überlegte. »Ist Carson da?«
»Ja.«
»Gib ihn mir.«
Es entstand eine kurze Pause. Ich klopfte mit dem Fuß auf den Boden. Dann war Onkel Carsons volle Stimme in der Leitung. »Marc?«
»Du hast von den Fotos gewusst, stimmt’s?«
Er antwortete nicht.
»Ich habe unsere Konten durchgesehen. Das Geld war nicht von uns. Du hast den Privatdetektiv bezahlt.«
»Das hatte nichts mit dem Überfall oder der Entführung zu tun«, sagte Carson.
»Ich glaube doch. Monica hat dir doch sicher den Namen ihres Psychiaters gesagt. Wie heißt er?«
Wieder antwortete er nicht.
»Ich versuche, herauszubekommen, was mit Tara passiert ist.«
»Sie ist nur zweimal bei ihm gewesen«, sagte Carson. »Wie soll er dir da helfen können?«
»Er kann mir nicht helfen. Sein Name vielleicht schon.«
»Was?«
»Sag einfach ja oder nein. Hieß er Stanley Radio?«
Ich hörte, wie er tief Luft holte.
»Carson?«
»Ich habe schon mit ihm gesprochen. Er weiß nichts …«
Doch ich hatte schon aufgelegt. Mehr würde Carson nicht sagen.
Aber Dina Levinsky vielleicht.
Ich fragte Regan und Tickner, ob ich verhaftet war. Sie verneinten. Ich fragte Verne, ob er mir den Camaro noch eine Weile leihen könnte.
»Null Problemo«, antwortete Verne. Dann fügte er blinzelnd hinzu: »Brauchst du irgendwelche Hilfe?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ihr beiden seid jetzt raus aus der Sache. Für euch ist Schluss.«
»Ich bin noch hier. Wenn du mich brauchst …«
»Tu ich nicht. Fahr nach Hause, Verne.«
Dann überraschte er mich mit einer herzlichen Umarmung. Katarina gab mir einen Kuss auf die Wange. Ich sah dem Pick-up hinterher, als sie wegfuhren. Dann machte ich mich auf den Weg in die Stadt. Im Lincoln-Tunnel stand ich im Stau. Es dauerte über eine Stunde, bis ich die Mautstationen passiert hatte. So blieb Zeit für ein paar Telefongespräche. Ich erfuhr, dass Dina Levinsky mit einer Freundin zusammen in Greenwich Village wohnte.
Zwanzig Minuten später klopfte ich an ihre Tür.
Als Eleanor Russell vom Mittagessen ins Büro zurückkam, lag ein schlichter brauner Umschlag auf ihrem Stuhl. Er war an ihren Boss Lenny Marcus adressiert und mit der Aufschrift PRIVAT UND VERTRAULICH versehen.
Eleanor arbeitete seit acht Jahren für Lenny. Sie liebte ihn von
ganzem Herzen. Ohne eigene Familie – sie und ihr vor drei Jahren verstorbener Mann Saul waren nie mit eigenen Kindern gesegnet gewesen – war sie eine Art Ersatz-Oma für die Familie Marcus geworden. Eleanor hatte sogar ein Foto von Lennys Frau Cheryl mit ihren vier Kindern auf ihrem Schreibtisch stehen.
Sie betrachtete den Umschlag und runzelte die Stirn. Wie war der hierher gekommen? Sie warf einen Blick in Lennys Büro. Er wirkte so bedrückt. Das lag daran, dass er gerade am Tatort eines Mordes gewesen war. Der Fall, in den sein bester Freund Dr. Marc Seidman verwickelt war, stand mit einem Male wieder in den Schlagzeilen. Normalerweise hätte Eleanor Lenny in einem solchen Moment nicht gestört. Aber der Absender … tja, das musste er sich doch wohl selbst ansehen.
Lenny telefonierte. Als sie ins Zimmer kam, legte er die Hand über die
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