Keiner flirtet so wie du
verstießen sie eiskalt den achtzehnjährigen leiblichen Sohn des Verstorbenen.
Er hatte versucht, nicht verbittert zu werden, hatte versucht, stark zu sein, während er mit ansah, wie seine Mutter an der Liebe zu einem Mann zugrunde ging, der sich für niemanden interessierte außer für sich selbst.
Er hatte gelernt, keine Gefühle zu zeigen, die ständige Angst zu ignorieren, nicht gut genug zu sein. Und diese Lektion hatte sich mit jedem Mal, das sein Vater sich von ihm abwandte und so tat, als existiere er nicht, tiefer in seine Seele gebrannt.
Keine Gefühle zu investieren, war definitiv das Beste. Damit war er jahrelang gut gefahren. Er organisierte Geld für wohltätige Zwecke, ohne sich persönlich zu stark zu engagieren. Er traf sich mit Frauen, jedoch nie länger als ein paar Wochen mit derselben. Er hielt Kontakt zu Hector, wahrte jedoch Distanz.
Aber bei dem Gedanken an die wunderbare Frau, die er vor zwei Stunden schlafend zurückgelassen hatte, fragte er sich, warum ihm sein Leben plötzlich so leer vorkam.
Als ihn die Wahrheit traf, blieb er so abrupt stehen, dass eine Frau von hinten in ihn hineinlief. Eine Entschuldigung murmelnd half er ihr auf, ignorierte ihren finsteren Blick, der einem koketten Lächeln wich, und eilte in die nächste Bar, wo er in einem Zug ein Glas Whiskey leerte.
Ihm war jetzt klar, warum sein wohlgeordnetes Leben in London ihm plötzlich kalt und langweilig und tot vorkam.
Er empfand etwas für Charli.
Etwas, das mehr war als Zuneigung.
Etwas, das er noch nie empfunden hatte.
War das etwa Liebe?
War dieses hilflose, aufwühlende, panische Gefühl Liebe? Und wenn ja, was zum Teufel sollte er damit anfangen?
Er konnte die nächsten vierundzwanzig Stunden im Flugzeug verbringen und grübeln, oder er konnte das Risiko eingehen, jemandem sein Herz auszuschütten.
Einen Fluch unterdrückend nahm er sein Handy aus der Tasche und wählte die Nummer seines Großvaters.
„Luca, mein Junge, wie geht es dir?“
„Ich habe Mist gebaut.“
Es war Hector hoch anzurechnen, dass er weder voreilige Schlüsse zog noch schimpfte oder die falschen Fragen stellte. Das ließ Luca Zeit, seine Gedanken zu sammeln und fortzufahren.
„Mit Charli“, erläuterte er überflüssigerweise.
„Was ist passiert?“
„Ich habe alles vermasselt.“ Er sog scharf die Luft ein, bevor er mit der Wahrheit herausplatzte. „Ich glaube, ich habe mich in sie verliebt.“
„Und wo ist das Problem?“
Er hörte den Zynismus in der Stimme seines Großvaters, und in seiner Brust breitete sich sofort ein beklemmendes Gefühl aus.
„Ich weiß nicht, was Liebe ist.“ Er hasste es, so jämmerlich zu klingen, so vollkommen unbedarft, obwohl er überall auf der Welt mit Millionen jonglierte.
Wenn Hector keinen Rat wusste, war er geliefert.
„Natürlich weißt du es! Du hast sie Tag für Tag erfahren.“
Luca versteifte sich und hielt das Telefon so fest umklammert, dass er fürchtete, es zu zerquetschen. Er hatte nie erlebt, dass Hector die Stimme erhob, und dass er es jetzt tat, versetzte Luca einen Stich.
„Schon gut …“
„Deine Mutter war eine starke Frau, die leider so dumm war, sich ausgerechnet in meinen aufgeblasenen Sohn zu verlieben. Aber dich hat sie auch geliebt.“
Sein Großvater fluchte, und Luca starrte verblüfft das Telefon an.
„Wusstest du, dass sie nur deshalb Geld für deine Ausbildung angenommen hat, weil ich ihr praktisch keine andere Wahl gelassen habe? Ich habe dein Schulgeld im Voraus bezahlt und ihr gesagt, wenn sie dich nicht hingehen lässt, würde die Schule das Geld für die ohnehin privilegierten Schüler ausgeben, und da hat sie schließlich nachgegeben.“
„Das wusste ich nicht“, sagte Luca kleinlaut und hatte jetzt auch noch wegen seiner Mutter ein schlechtes Gewissen. Sie war also gar nicht hinter Roys Geld her gewesen. Sonst hätte sie das Angebot seines Großvaters, das Schulgeld von mehreren hunderttausend Dollar zu zahlen, sofort angenommen.
„Tja, nun weißt du es. Also benutz deine Vergangenheit nicht als Entschuldigung, wenn du dir deine Zukunft verbaust.“
Luca wusste nicht, was er von Hector erwartet hatte, aber das jedenfalls nicht. Er hatte ein freundliches Ohr erwartet, ein wenig Mitgefühl, aber auf keinen Fall so eine Standpauke.
Das würde ihm eine Lehre sein.
„Mein Flug ist bereit zum Einsteigen. Ich muss Schluss machen.“
„Was ist mit Charli?“
Sofort tauchte vor ihm das Bild auf, wie sie selig schlief, als er
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