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Kellerwelt

Kellerwelt

Titel: Kellerwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Peter Henning
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schon zu Boden geworfen und seine
Pistole in Anschlag gebracht. Das Maschinengewehr verstummte beinahe im
gleichen Augenblick wieder.
    In seinem Kopf herrschte
Durcheinander. Wer schoss mit einem Maschinengewehr in einer Tiefgarage um
sich? Und vor allem: Auf wen wurde da geschossen?
    Dann fiel ihm der Kerl im
roten Overall wieder ein. Am Ende hatte der Schütze diesen armen Burschen ins
Visier genommen. Das musste er überprüfen. Schließlich wollte er dem Kerl noch
einige Fragen stellen.
    Er ging in die Hocke und schlich
vorsichtig vorwärts. Ein Teil von ihm wollte das nicht tun. Dieser Teil wollte
dem Konflikt einfach nur aus dem Weg gehen und nach der Ausfahrt suchen. Doch
ein anderer Teil von ihm amüsierte sich gerade köstlich. Dieser Teil wollte
nicht nur wissen, wer gerade auf wen geschossen hatte, sondern auch gerne an
der Schießerei teilnehmen.
    Das Schlimmste: Er genoss
diese Gefühle und gab ihnen nur zu gerne nach. Das passte überhaupt nicht zu
ihm. Schließlich war er nur ein normaler Mann von der Straße. Er ging
Konflikten lieber aus dem Weg und strebte Harmonie an, wann immer es möglich
war - zumindest, soweit er sich erinnerte.
    Doch im Augenblick spielte
das keine Rolle. Im Augenblick machte es ihn einfach nur tierisch an, sich
zwischen den Betonpfeilern zu bewegen und dabei seine Umgebung zu sondieren.
Mit seinen Augen versuchte er, das Dunkel zu durchdringen, während er sich
selbst in den Schatten hielt. Mit seinen Ohren erfasste er das Surren und das
Piepen, das er inzwischen aus allen Richtungen wahrnahm. Er huschte von
Betonpfeiler zu Betonpfeiler, wie ein Phantom, und näherte sich dem Schauplatz
der Schießerei.
    Dann sah er den Burschen in
Rot. Der Mann kauerte hinter einem Betonpfeiler und zitterte. Rund um diesen
Pfeiler lagen Betonbrocken verstreut. Offenbar hatte sich die abgewandte Seite
des Pfeilers in eine Kraterlandschaft verwandelt. In der Luft hing noch eine
Wolke aus Staub. Jenseits des Pfeilers hörte er das inzwischen bereits
vertraute Surren und das Piepen.
    Der Kerl in Rot sah ihn und
versteifte sich sofort. Er fragte sich, wovor sich der Mann so sehr fürchtete.
Er hielt sogar seine Waffe hinter dem Körper verborgen, denn er wollte
keinesfalls bedrohlich erscheinen. Er musste dringend mit dem Mann reden, bevor
dieser sich zu einer Dummheit hinreißen ließ.
    Er versuchte es. „Alles in
Ordnung."
    Bei diesen Worten
verschluckte er sich beinahe. Seine eigene Stimme erschreckte ihn. Sie klang in
seinen Ohren völlig fremd. Der Mann in Rot schien das ähnlich zu sehen, denn er
presste sich nur noch fester mit dem Rücken gegen seinen Betonpfeiler. Dabei
wimmerte der Mann: „Nein, nein, nein."
    Er atmete tief ein. Dann
versuchte er, seinen Ärger auszuatmen. Die Feigheit dieses Burschen regte ihn
allmählich auf. Er versuchte es mit einer anderen Frage: „Wo ist der
Schütze?"
    Der Bursche sagte zunächst
überhaupt nichts und starrte ihn nur aus aufgerissenen Augen an.
    „ Der Schütze", hakte er
nach. „Wo steckt der MG-Schütze? Wenn du mir sagst, wo der Schütze steckt, dann
kann ich dir Feuerschutz geben. Hast du das verstanden?"
    Der Mann jammerte weiter.
„Nein, nein, nein. Nicht schießen. Bitte nicht schießen. Nein, nein."
    Er fragte sich, was dieser
Kerl da redete. Wieso dachte der Mann nicht nach? Sie konnten den MG-Schützen
ausmanövrieren. Einer startete ein Ablenkungsmanöver, der andere griff an.
Riskant, aber machbar. Doch dazu musste der Mann in Rot mitspielen.
    „ Jetzt reiß' dich
zusammen", zischte er dem Kerl zu. „Ich will dir doch überhaupt nichts
tun. Lauf zum nächsten Pfeiler. Wenn das MG zu schießen anfängt, dann kann ich
es anpeilen. Los, mach schon!"
    Der Kerl winkte heftig ab,
schüttelte seinen Kopf und brabbelte unverständliches Zeug vor sich hin.
    Allmählich verlor er seine
Geduld. Er musste weiter, und zwar schnell. Wenn er noch mehr Zeit vergeudete,
dann würde man ihn erwischen. Und dieser Schwachkopf dort drüben saß hinter
seinem Betonpfeiler und machte sich in die Hose. Also musste er den Kerl dazu
bringen, sich endlich in Bewegung zu setzen.
    Er sah nur eine Möglichkeit,
die Hysterie des Mannes zu durchbrechen. Dazu richtete er die SIG-Sauer auf den
Burschen und schrie ihn an: „Lauf! Los, lauf!"
    Das wirkte. Der Kerl starrte
noch einen Moment lang in die Mündung der Pistole. Dann schrie der Mann auf,
scharrte sich auf die Füße und rannte nach rechts weg. Im gleichen Moment legte
die Geschwindigkeit des Piepens

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