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Kellerwelt

Kellerwelt

Titel: Kellerwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Peter Henning
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landete er auf
einer Apparatur, die nur aus scharfen Kanten zu bestehen schien. Direkt neben
ihm flammte ein Schneidbrenner auf.
    Als er sich wieder in der
Wirklichkeit einsortiert hatte, sah er vor sich einen Industrieroboter, der ein
Metallstück bearbeitete. Er hatte dieses Ding offenbar voll getroffen und war
dann an dessen Seite zu Boden gepurzelt. Wäre er in die andere Richtung
gekippt, dann hätte ihn der Schneidbrenner in Stücke geschnitten. Doch das
würde nun die Spinne erledigen, die auf der gegenüber liegenden Seite des
Roboters auftauchte.
    In diesem Augenblick hätte
er Gelegenheit gehabt, seine Waffe auf die Spinne zu richten, denn die Maschine
rührte sich nicht und es war ihm irgendwie gelungen, die SIG-Sauer während des gesamten Sturzes umklammert zu halten. Doch er schaffte
es nicht, sich zu bewegen. Er konnte nur die Spinne anstarren, die ihn durch
den Funkenregen des Schneidbrenners hindurch fixierte.
    Und dann verschwand sie.
Noch während er hinschaute, hörte die Spinne einfach auf zu existieren. Aus dem
Augenwinkel nahm er noch einen Schemen wahr, der zwischen die Rohre huschte.
Dann nichts mehr.
    Die Spinne hatte ihn nicht
attackiert. Aber wieso? Hatte die Kleine etwa Unsinn geredet und diese Dinger waren
völlig harmlos? Nein, das glaubte er nicht. Niemand würde eine harmlose
Maschine mit solchen Klingen ausstatten. Doch dann fiel sein Blick noch einmal
auf den Industrieroboter und den Schneidbrenner.
    „ Infrarot", murmelte
er. „Dieses verdammte Ding benutzt Infrarot." Durch die Wärmeabstrahlung
des Schneidbrenners hatte ihn die Spinne schlicht und ergreifend übersehen.
Hätte er sich bewegt, um auf die Spinne zu schießen, dann hätte sie ihn
möglicherweise doch noch anpeilen können. Er hatte einfach nur verdammtes Glück
gehabt!
    Auf seinem weiteren Weg
verließ er sich nicht mehr auf sein Glück. Er mied alle Wege, auf denen er
nicht auf den ersten Blick eine mögliche Zuflucht entdeckte. Zweimal führte
dieser Weg in Sackgassen. In einer davon musste er abwarten und eine Spinne
passieren lassen. Wenn er keine Barrieren fand, hinter denen er sich verstecken
konnte, dann hielt er nach Schneidbrennern oder anderen Hitzequellen Ausschau.
Auf diese Weise führte er zwei weitere Spinnen in die Irre.
    Dann weitete sich der
Durchgang, den er gerade passierte, zu einem freien Platz von gut 20 Schritten
Durchmesser. An den Wänden blinkten Apparaturen vor sich hin. Für ihn sah es
aus wie die Brücke eines Raumschiffes - auch wenn er sich nicht daran erinnern
konnte, jemals die Brücke eines Raumschiffes gesehen zu haben.
    Direkt auf der gegenüber
liegenden Seite des Platzes sah er die Kleine. Sie kauerte auf der ihm
zugewandten Seite eines Schaltpultes und starrte ihn an, als sei gerade ein
Gespenst aus dem Dunst aufgetaucht. Nun, in gewisser Weise stimmte das auch,
denn sie hatte zweifelsohne angenommen, die Spinnen hätten ihn erwischt. Doch
das kümmerte ihn nicht. Stattdessen stieg die Wut in ihm auf wie eine
Hitzewelle. Wegen dieser Landplage wäre er beinahe draufgegangen. Um ein Haar
hätte er sich beim Sprung vom Laufgang alle Knochen gebrochen. Und das nur,
weil diese Göre nicht einen Augenblick lang hatte warten können. Darüber würde
er nun einige Worte mit ihr wechseln. Ob sie hinterher noch in der Lage war,
den Weg fortzusetzen, interessierte ihn herzlich wenig.
    Er dampfte auf sie zu und
ballte seine Fäuste. Die Kleine schien zu ahnen, was ihr blühte, denn sie riss
ihre Augen auf und ihre Arme in die Höhe. Dann winkte sie heftig ab. Ein
Grinsen stahl sich auf sein Gesicht. Sie konnte winken, so viel sie wollte -
jetzt wurde abgerechnet.
    Er erkannte seinen Fehler
erst, als die Spinne auf dem Schaltpult landete. Die Kleine hatte sich weit
genug unter die überstehende Kante des Pults zurückgezogen, um nicht in den
Erfassungsbereich der Spinne zu geraten. Er hingegen stand mitten im
Rampenlicht. Und diesmal gab es keinen Industrieroboter mit einem
Schneidbrenner, der seine Wärmesignatur verfälschte.
    Drei Dinge geschahen nahezu
gleichzeitig: Er griff nach seiner Waffe, die Spinne duckte sich zum Sprung und
hinter ihm kreischte etwas laut auf. Der Schrei erwischte ihn eiskalt und ließ
ihn herumfahren. Dabei wandte er der Spinne seinen Rücken zu, doch das kümmerte
ihn im Augenblick nicht.
    Hinter ihm stand die
Vogelscheuche - oder zumindest eine Menschenfresserin, die wie die
Vogelscheuche aussah. Und mit einem Mal wurde ihm einiges klar: Das Seil, das
die

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