Keltengrab: Thriller (German Edition)
war.
Als ich auf die Weihnachtskarte stieß, wurde mein Mund schlagartig trocken. Eine abstrakte, purpurn gefärbte Landschaft mit einem Spiralmotiv in Gold außen herum und die Worte: »Der Friede von Erde, Luft und Wasser sei mit dir, und möge die wiederkehrende Sonne all deine Hoffnungen neu beleben.«
Mit zittrigen Fingern klappte ich die Karte auf. Sie war leer. Ich drehte sie um: Auch auf der Rückseite stand nichts.
Es war eine Warnung: Komm nicht näher, wenn dir dein Leben lieb ist.
Ich sprang auf und lief zu Peggys Papierkorb, stellte ihn auf ihren Schreibtisch und fing an, nach dem Kuvert zu suchen.
Genau in diesem Augenblick kam Peggy zurück, sie redete bereits, als sie zur Tür hereinkam. »Ich habe gewartet, bis sie das Fenster ersetzt hatten und dafür meine Mittagspause vorgezogen. Dann muss keiner von uns nachher …«
»In welchem Kuvert ist die angekommen, schnell!« Ich hielt die Karte in die Höhe.
»Du meine Güte, was ist denn mit dir los?«
»Hilf mir einfach, das Kuvert zu suchen, ja?«
Peggy stellte ihre Handtasche ab und scheuchte mich zur Seite. »Kann nicht schwer sein. Das Kuvert war nämlich auch leer.«
»Was soll das heißen, leer?«
»Kein Name, keine Adresse. Nicht mal eine Briefmarke.«
Das bedeutete, die Karte war nicht mit der Post gekommen. Ich erinnerte mich daran, wie der Deckel des Briefkastens in der Nacht geklappert hatte. Jemand war am Haus gewesen. Ich fühlte mich plötzlich sehr schwach und ließ mich in den Sessel fallen, bevor meine Knie nachgaben.
Peggy legte den halb zerknüllten Umschlag vor mich auf den Schreibtisch. »Ich wusste ja, dass du eine bestimmte Sorte von Karten nicht magst«, sagte sie, »aber ich hatte keine Ahnung, dass es so schlimm ist.«
Ich musste trotz allem lachen. »Ach, Peggy. Ich habe wirklich was gegen diese Karte, aber aus anderen Gründen. Sagen wir einfach, jemand hat mir damit eine ziemlich bösartige Botschaft geschickt.«
Peggy setzte sich an ihren Schreibtisch, wahrscheinlich völlig verwirrt von meiner Interpretation einer scheinbar harmlosen Grußkarte. Mir aber half der kurze Moment der Heiterkeit, meine Fassung wiederzugewinnen.
Ich holte eine Pinzette aus einer Schublade und hielt das Kuvert gegen das Licht. Es war leer. Dann entnahm ich einer anderen Schublade eine Plastiktüte mit Druckverschluss und steckte die Karte und den Umschlag hinein.
Peggy hatte die Prozedur verfolgt und bemühte sich sehr, ihre Verwunderung nicht zu zeigen. »Das Telefon, das du haben wolltest, ist übrigens nicht vorrätig. Sie kriegen es heute Abend oder morgen früh wieder rein.«
»Da kann man nichts machen. Ich treffe mich jetzt gleich mit Fran zum Lunch, deshalb ist es gut, dass du hier bist. Keelan O’Rourke wird ein paar Sachen für mich abgeben und dann nach Drogheda zurückfahren.« Ich hielt die Tüte mit der Karte hoch. »Kannst du ihn bitten, das hier zum Polizeirevier zu bringen, für Detective Inspector Matt Gallagher persönlich? Ich rufe Gallagher inzwischen an und sage ihm, dass Beweismaterial unterwegs ist. Und dann …«, ich holte die Digitalkamera aus dem Rucksack und legte sie auf meinen Schreibtisch, »lade die Bilder in der Kamera bitte auf den Laptop. Die Ordner nennst du ›Leichenschauhaus‹ und ›Westportal‹.«
26
Das Lokal, das Fran zum Lunch vorgeschlagen hatte, lag nahe der mächtigen Mauer der anglonormannischen Burg, von der die Stadt zur Hälfte ihren Namen hat. Anders als im Restaurant nebenan, wo sich Teilnehmer von Bürofeiern drängten, bestand die Kundschaft im Walter’s hauptsächlich aus Leuten, die Einkaufstüten und Pakete unter den Tischen verstauten. Auf dem Tisch, an dem Fran saß, lag allerdings ein kleines Kästchen in Geschenkpapier obenauf. Als ich Platz nahm, wurde mir mit einiger Verlegenheit klar, dass es für mich war.
»Könnte sein, dass ich dich vor dem 25. nicht mehr sehe. Deshalb dachte ich mir, ich gebe dir dein Geschenk schon heute.«
»Du kennst mich ja, Fran. Deines bekommst du erst kurz zuvor.«
Fran grinste. »Wie es Tradition ist, Illaun.« Sie kannte meine Unzulänglichkeiten nur zu gut. »Und man soll mit Traditionen nicht brechen.«
Ich hob das Kästchen auf und legte es zur Seite. Es war schwerer, als ich gedacht hatte. »Danke, Fran«, sagte ich, beugte mich über den Tisch und gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Frohe Weihnachten.«
»Frohe Weihnachten. Und jetzt lass uns etwas essen.«
Während wir die kurze Speisekarte durchlasen,
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