Keltengrab: Thriller (German Edition)
plauderten wir über Daisy und Oisin. Fran lebte von einem alkoholkranken Ehemann getrennt und hatte das Sorgerecht für die beiden Kinder. Sie neigte dazu, wenig von ihm zu sprechen, aber endlos von ihnen. Beide ähnelten ihr, aber auf verschiedene Weise. Ihr Sohn Oisin hatte ihre grünen Augen geerbt, Daisy ihr rotes Haar; Oisin hatte die Sommersprossen, Daisy die langen Beine; beide hatten ihr durchtriebenes Lächeln.
Wir bestellten unser Essen und sprachen noch ein wenig über familiäre Dinge, aber ich war nicht recht bei der Sache. Schließlich merkte ich, wie Fran mich anstarrte.
»Du hast irgendwas, Illaun. Was ist los?«
»Ich glaube, es handelt sich um eine verzögerte Reaktion …«
Die Bedienung kam, und ich wartete, bis sie serviert hatte.
»Verzögerte Reaktion auf was?«
»Eine Morddrohung.«
»Du lieber Himmel! Wer bedroht dich?«
»Das weiß ich nicht.« Während wir aßen, fasste ich zusammen, was sich seit unserer letzten Begegnung ereignet hatte. »Offenbar habe ich einen Stein umgedreht, unter dem etwas Hässliches verborgen lag«, schloss ich, »aber die Frage ist: Wen habe ich so gestört?«
»Ich hätte diesen O’Hagan in Verdacht«, sagte Fran. »Erstens behindert er die Ermittlung, und jetzt hast du ihn wahrscheinlich in die Bredouille gebracht, was Gallagher angeht. Außerdem klingt er nach einem echten Scheißtypen.«
Mehrere Köpfe wandten sich in unsere Richtung. Frans unterbewusste Gefühle gegenüber ihrem Exmann fanden manchmal ein unerwartetes Ventil.
Meine Antwort war kaum mehr als ein Flüstern. »Ich verstehe deinen Gedankengang, Fran. Und ich glaube, dass O’Hagan aus irgendeinem Grund verbittert und unzufrieden ist. Aber ein sadistischer Mörder – nein, das ist er nicht.«
Fran seufzte. »Okay. Dann ist es eben der Geist der Grange Abbey. Huhuu!« Sie fuchtelte mit den Händen, um ihre Vorstellung von einer Geistererscheinung zu vervollständigen.
»Es würde mich nicht überraschen«, sagte ich und konnte schon wieder lächeln. »Aber im Ernst: Irgendetwas stimmt nicht mit diesen Nonnen. Es ist, als hätten sie sich immer versteckt. Jetzt werden sie plötzlich ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt, und sie wünschen sich nichts dringlicher, als wieder vom Radarschirm zu verschwinden.«
»Ich könnte dir helfen, mehr über sie zu erfahren.«
»Wie das?«
»Eine aus ihrem Orden ist Patientin in unserem Pf legeheim.«
»Du bist dir sicher, sie ist eine Schwester des …«
»Des Ordens der heiligen Margareta von Antiochia, jawohl. Und sie hat in der Grange Abbey gewohnt. Sie erinnert uns täglich an diese Tatsachen.«
»Ist sie … bei sich?«
»Nicht mehr und nicht weniger plemplem als unsere anderen lieben Alten.«
»Aber man möchte doch meinen, dass sich ein Pflegeorden selbst um seine eigenen Leute kümmert?«
»Ein paar von ihnen sind von Bord gegangen, und unsere Schwester Gabriel ist gestrandet. Kein Mutterschiff, auf das sie sich zurückbeamen lassen könnte. Genau wie E. T.«
»Bekommt sie Besuch von den Nonnen der Grange Abbey?«
»Nein. Ich glaube, sie haben vor ein paar Jahren, als Schwester Gabriel gerade auszog, einen Zufluss von ihren Missionsstationen erhalten. Hauptsächlich jüngere Nonnen, die für sie wohl Fremde sind.«
»Aber die Äbtissin …?«
»Ich glaube, Schwester Gabriel hat sich mit ihrer Chefin nicht verstanden. Pass auf, warum kommst du nicht einfach und fragst sie selbst? Ich arrangiere einen Besuch für dich.«
»Gute Idee. Wann?«
»Am besten, wenn ich da bin. Nächsten Montag vielleicht? Dann habe ich noch Zeit, mit ihr zu reden, sie vorzubereiten. Besucher sind ein seltenes Ereignis für sie.«
Bis Montag war noch eine ganze Woche. So hatte ich mir das eigentlich nicht vorgestellt.
»Ich würde es sehr begrüßen, wenn ich schon früher mit ihr reden könnte.«
»Falls sie zurechnungsfähig ist, wenn ich am Samstagabend zurückkomme, kann ich versuchen, für den Tag darauf etwas zu vereinbaren.«
Zweiter Weihnachtsfeiertag. Nur einen Tag früher. Immer noch nicht ideal, aber ich wollte Fran nicht weiter bedrängen, wenn sie dienstfrei hatte.
»Jetzt zu dir und Finian …«
Ich blickte auf die Uhr. »Tut mir Leid, Fran. Es ist schon nach zwei, und ich muss noch meine Garderobe für das Fest heute Abend aussuchen. Ein andermal, ja?«
Die Plastiktüte, die Keelan abgeliefert hatte, lag auf meinem Schreibtisch. Peggy war früher gegangen, um Weihnachtseinkäufe zu machen. Um diese Jahreszeit ging es in der
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