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Keltenzauber

Keltenzauber

Titel: Keltenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela O. Tietsch
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sah ich sie an, doch sie hatten keine Augen für mich. Sie waren in Wahrheit nicht wie wir. Die Enttäuschung legte sich wie ein Knoten in meinen Bauch. Und mit einem Mal spürte ich die Schmerzen wieder stärker. Ich bemühte mich meine Gedanken auf die beiden vermeintlichen Landsmänner zu sammeln.
    Der hagere Jüngling im großen Tuch, das mindestens um die Hälfte zu klein wirkte, trug die schwarzen Haare zu einem eigenwilligen Halbglatzenschnitt, die obere Hälfte zu einem Schwanz am Hinterkopf zusammengebunden. Er stand im auffälligen Gegensatz zu seinem Begleiter, einem eher massigen Kerl, dessen Haut viel Fett überspannte und keinen Blick auf irgendwelche Muskeln zuließ. Auch er trug ein zu kleines, großes Tuch um seine Hüften und seltsam schwere, schwarze Stiefel. Ihre Breitschwerter schienen bestenfalls zur Zierde einer Hallenwand zu taugen als für einen echten Kampf. Sie trugen schwarze Lederriemen, die mit silbernen Nieten besetzt und um ihre Körper geschlungen waren. Ich sah erneut auf die Erde, als die beiden an uns vorbeigingen, denn ich wollte sie mit meinem wahrscheinlich spöttischen Gesichtsausdruck nicht auffordern.
    Gavin sog scharf die Luft ein und ließ sie pfeifend wieder heraus. „Ich dachte sie wären…“
    „Aye, ich auch“, antwortete ich betreten.
    „Sie spielen Scoten?“ sagte Eithne verständnislos. „Aber eben dachte ich, ich hätte in der Menge die Farben der MacBochras gesehen?“
    Ich schluckte. Ich hatte mich demnach nicht getäuscht. Ich sah über die Köpfe hinweg, doch ich entdeckte niemanden, der die Farben der MacBochras trug. Auch nicht die Füchsin. Hatte Gemmán uns einen Bewacher nachgeschickt? Oder einen Spitzel, der auf einen Fehler unsererseits wartete, um den Stein zu finden? Oder war es die Füchsin, die uns die Sinne verwirrte? Ich schaute Eithne an und nickte.
    Mein Herz war schwer vor Heimweh. Ich schaute wieder zu den Kämpfern, die nach einem tosenden Beifall der umstehenden Zuschauer wichtig vom Platz schritten. Ich beobachtete die Menschen, die mir so fremd waren.
    Gavin zog mich weiter. „Komm, wir werden Essen suchen.“
    Während ich Gavin und Calum folgte, stützte Eithne mich. Wahrscheinlich auch, um sich selber Halt zu geben, überlegte ich traurig. Wo wollten wir Essen finden? Und wo jemanden, der uns davon überließ, ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten? Der Nase nach waren wir allerdings auf dem richtigen Weg.
    Ein riesiger Stand, umlagert von Menschenmassen, die Tonbecher und seltsame weiße Tücher in der Hand hielten, zeigte uns, daß wir zumindest den Ort gefunden hatten, an dem es Essen gab. Eine Weile lungerten wir herum, beobachteten mit knurrenden Mägen die Leute. Viele, stellte ich fest, warfen mehr als die Hälfte ihres Essens fort, in graue Tonnen oder auf den Boden. Schmeckte es so scheußlich, oder warfen sie es für die Bedürftigen weg? Deshalb die Tonnen? Ich wartete eine Weile, doch die Leute kamen nicht wieder, um sich ihr Essen zurückzuholen.
    „Sollen wir?“ fragte Calum mit hungrigen Augen. „Anscheinend haben sie es weggeworfen. Vermutlich für Bedürftige?“
    „Solche wie uns?“ warf Eithne abfällig ein. Sie mußte schwer mit ihrem Stolz kämpfen.
    Waren wir wirklich so weit heruntergekommen, daß wir die Abfälle anderer essen mußten? Was hatten wir für eine Wahl? Die Natur hier war uns nicht nur fremd, sie war zudem ertraglos und unsere Barschaft war an diesem Ort wertlos. Oder sollten wir stehlen? Das widerstrebte mir. Ich ging auf einen der Eimer zu und starrte angewidert hinein. Calum erschien neben mir. Ein Mann und eine Frau kamen, Arm in Arm, geradewegs auf den Behälter zu. Ich schluckte. Zwischen ihren Lippen steckten wieder weiße Stäbe, die an der Spitze glühten. Sie zogen kräftig den Rauch durch diese Stäbe ein, so daß die Glut aufleuchtete und Rauch in ihre Lungen wanderte, ehe beide die Stäbe in den Behälter warfen und weitergingen. Wie vom Donner gerührt starrte ich in die Tonne. Sie warfen brennende, stinkende Stäbe auf das Essen?! Konnte es möglich sein, daß sie alles derart im Überfluß besaßen und in einer mir unbegreiflich achtlosen Weise Nahrung wegwarfen? Ich tauschte ungläubige Blicke mit Calum und Gavin und starrte in die Tonne, in der das Essen, inzwischen ungenießbarer als zuvor, unter den glühenden Stabresten lag. Ich schüttelte mich angewidert. Als ich mich wieder umschaute, entdeckte ich weitere Leute mit glühenden, rauchenden Stäben zwischen den

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