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Kelwitts Stern

Kelwitts Stern

Titel: Kelwitts Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Tik.
    »Muss ich nicht beschleunigen?«
    »Im Prinzip schon. Aber da die Antriebseinheit beschädigt wurde, ist dies nicht mehr möglich.«
    Kelwitt hatte das Gefühl, als setzten seine drei Herzen gleichzeitig eine Pumpwelle lang aus, als er begriff, was das bedeutete. »Wir stürzen ab!«, entfuhr es seinen bebenden Stimmritzen. »Stimmt das, Tik?«
    »Das ist korrekt«, erklärte der Schulterspangencomputer tonlos.

4
    Die weitaus meisten der Bewohner des dritten Planeten von Kelwitts Stern bekamen natürlich nichts von dem Vorfall mit, in den im Wesentlichen nur der entnervte Pilot eines hochgeheimen Hochgeschwindigkeitsjets und die misstrauische Besatzung eines nicht ganz so geheimen Radarstützpunktes verwickelt waren. Der Pilot war entnervt, weil er bei der Verfolgung des lächerlich kleinen, sich mit lächerlich großer Geschwindigkeit durch die Stratosphäre bewegenden Objekts in eine Wolke winziger scharfkantiger Partikelchen geriet, die ihm mit Überschallgeschwindigkeit sämtliche Sichtfenster zerkratzten, worauf er kurzzeitig die Kontrolle über sein Flugzeug verlor und die Verfolgung des Eindringlings abbrechen musste. Die Besatzung des Radarstützpunktes war misstrauisch, weil sie auf ihren Schirmen nichts von all dem hatte beobachten können, was der Pilot des Jets zu sehen behauptet hatte.
    Nachdem das Flugzeug gelandet war, wurden die Schleifspuren mit erstauntem Interesse untersucht. Irgendetwas musste sich dort oben ereignet haben, so viel stand fest. Aus einigen Ritzen, Vertiefungen, Auskerbungen von Luftansaugstutzen und dergleichen kratzte man insgesamt etwa einen Esslöffel voll kleiner harter brauner Körnchen, über deren Herkunft und Bedeutung die Wissenschaftler sehr unterschiedlicher Auffassung waren.
    Entsprechende Berichte machten die Runde, mit dem Ergebnis, dass sich zunehmend weitere Planetenbewohner in die Diskussion einmischten, die eine gleichfalls zunehmende Anzahl von metallenen Sternen auf den Schulterklappen ihrer Körperbekleidung trugen. Die kleinen harten braunen Körnchen wanderten im Verlauf dieser Diskussion über viele Besprechungstische von zunehmend größeren Abmessungen. Schließlich transportierte man sie mit beträchtlichem Aufwand in ein nicht besonders großes, nahe des Zentrums einer ebenfalls nicht besonders großen Ansiedlung gelegenes Gebäude, das bei den Bewohnern des Planeten »das Weiße Haus« genannt wurde, wo die Samen vom vierten Planeten von Telekis Stern jedoch durch eine Reihe unglücklicher Zufälle mit einer Tüte Radieschensamen verwechselt wurden, die eine Sekretärin mitgebracht hatte, um in einer Tonschale auf dem Fensterbrett hinter ihrem Schreibtisch frische Keimlinge für das Frühstücksbrot zu ziehen.
    Das hatte zur Folge, dass ein streng geheimer militärischer Ausschuss wenig später beträchtliche Mittel bewilligte, um die Einwirkungen von überschallschnellem Radieschensamen auf Titanlegierungen untersuchen zu lassen.
    Aber wir greifen den Ereignissen vor.
    Um an einer passenden Stelle zu diesen zurückzukehren, müssen wir unseren Blick ein wenig schweifen lassen, um schließlich zu landen in …
    …in …
    … in Schloss Tiefenwart.
    Dieses altehrwürdige graue Gemäuer ragt unweit des kleinen Weilers Kirchlöhnen aus einem kleinen Birkenwäldchen. Kirchlöhnen wiederum gehört verwaltungstechnisch zu Duffendorf, das unweit des nordöstlichen Traufs der Schwäbischen Alb liegt und von dem kein normaler Mensch jemals gehört haben sollte, es sei denn, er wohnt zufällig dort. Das Schloss war im zwölften Jahrhundert erbaut worden, hatte kriegerische Auseinandersetzungen, Zerstörungen und Umbaumaßnahmen überstanden, bis man es schließlich, nach dem endgültigen Aussterben des Geschlechts derer von Tiefenwart, in ein privates Internat für die missratenen Nachkommen steinreicher Leute umwandelte. Es gab Stimmen, die behaupteten, dass damit der endgültige Untergang der altehrwürdigen Mauern besiegelt sei.
    Den Zöglingen des Internats Tiefenwart war der Besitz von Fortbewegungsmitteln jeder Art untersagt. Die einzige Zerstreuung, die man vom Schloss aus zu Fuß erreichen konnte, war das Schützenfest von Stutzenhausen, das nur einmal im Jahr stattfand und zudem in den Sommerferien. Ansonsten musste man sich damit begnügen, den Füchsen und Hasen dabei zuzusehen, wie sie einander gute Nacht sagten.
    Mit anderen Worten: Die Lehrkräfte, die weniger aufgrund ihres fachlichen Könnens als vielmehr im Hinblick auf ihre

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