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Kennedy-Syndrom - Klausner, U: Kennedy-Syndrom

Kennedy-Syndrom - Klausner, U: Kennedy-Syndrom

Titel: Kennedy-Syndrom - Klausner, U: Kennedy-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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nuschelnden und wie eine missglückte Hans-Moser-Attrappe anmutenden Lokführer bedrohlich gestiegen war. Sydow war lange genug im Dienst, um zu wissen, dass die höchstens 1,70 Meter große Jammergestalt etwas zu verbergen hatte. Andernfalls wäre Klimowitz seinem Blick nicht permanent ausgewichen und ängstlich darauf bedacht gewesen, kein falsches Wort zu sagen. Sein Pech, dass er mit seiner Hinhaltetaktik an den Falschen geraten war. An jemanden, der es auf den Tod nicht ausstehen konnte, wenn man ihn an der Nase herumführte. »Auf die Art kommen wir nämlich nicht weiter!«
    »Ich wüsste nicht, wozu das gut sein soll, Herr Kommissar«, ließ Paul Klimowitz, 53, wohnhaft in Berlin-Schöneberg, mit dem Ausdruck größten Bedauerns im eingefallenen und von tiefen Furchen und auffallend großen Tränensäcken geprägten Allerweltsgesicht verlauten. Anschließend nippte er an seinem Kaffee, machte ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter und stellte den Becher wieder auf den Tisch. Bei all dem vermittelte er den Eindruck, er habe soeben Gift genommen, was, wie Sydow vermutete, allerdings nur eine Masche war. »Ehrlich.«
    »Währt bekanntlich am längsten«, gab er barsch zurück, zur Verwunderung seines Gesprächspartners, der offenbar auf korrekte Kleidung hielt, immer noch mit Jeans, Hawaiihemd und Sandalen bekleidet. »Weshalb ich Sie dringend auffordern muss, mir endlich die Wahrheit zu sagen. Also: Wann genau haben Sie den Leichnam, um den es hier geht, entdeckt?«
    »Bei Dienstschluss, Herr Kommissar.«
    »Hauptkommissar, wenn schon, denn schon.« Kurz davor, aus der Haut zu fahren, baute sich Sydow vor Klimowitz auf, stemmte die Fäuste in die Hüften und knurrte: »Das können Sie Ihrer Großmutter erzählen, nicht mir. Mit einem Toten durch halb Berlin kutschieren und nichts davon mitkriegen – den Bären können Sie jemand anderem aufbinden, Sie Märchenonkel.«
    »Nicht nötig.«
    »Auf gut Deutsch – Sie behaupten weiterhin steif und fest, nicht das Geringste mitbekommen zu haben.«
    »Ja.«
    »Und die Fahrgäste?«
    »Die auch nicht.«
    »Das kaufe ich Ihnen nicht ab, Klimowitz.« Sydow musste sämtliche Register der Selbstbeherrschung ziehen, um nicht aus den Latschen zu kippen. Dass ihm Klimowitz etwas verheimlichte, merkte sogar ein Blinder. Die Frage war nur, vor wem oder was er so viel Angst hatte, dass er jetzt, nach fast einer Stunde, immer noch nicht mit der Wahrheit herausrückte. »Hören Sie endlich auf, einen auf ahnungslos zu machen. Das kann ich auf den Tod nicht ausstehen. Wie die Dinge nun mal liegen, waren Sie es, der den Toten gefunden hat. Wann genau, wäre noch zu klären.« Sydow ließ sich auf der Tischkante nieder, stellte den Fuß auf einen Stuhl und war gerade dabei, sich eine anzuzünden, als Naujocks auf einmal den Raum betrat, ihm etwas ins Ohr flüsterte und sich anschließend wieder entfernte. »Gut zu wissen«, stellte Sydow befriedigt fest, bevor er sich wieder seinem Gesprächspartner zuwandte. »Endlich mal wieder eine gute Nachricht, Herr Klimowitz.«
    »Heißt das, Sie haben ihn?«
    »Sehen Sie, so kommen wir der Sache schon näher.« Sydow lächelte zufrieden in sich hinein. Einer der ältesten Tricks, seit es Verhöre gab, und sein Gegenüber war prompt darauf hereingefallen. »Apropos – woher wollen Sie eigentlich wissen, dass es sich um einen Einzeltäter gehandelt hat?«
    Knallrot im Gesicht, schlug Klimowitz die Augen nieder und rutschte wie ein beim Spicken ertappter Erstklässler auf seinem Stuhl hin und her. »So habe ich das nicht gemeint«, wimmerte er, die Hände krampfhaft ineinander verschränkt. »Da müssen Sie mich falsch ver …«
    »Raus mit der Sprache!«, setzte Sydow unbarmherzig nach. »Was genau haben Sie gesehen? Oder stecken Sie mit dem Täter unter einer Decke?«
    Klimowitz ließ den Kopf hängen und schwieg sich aus.
    »Um Sie nicht weiter im Unklaren zu lassen, Herr Zugführer: Wie mir mein Kollege von der Spurensicherung soeben mitgeteilt hat, besteht Grund zu der Vermutung, dass die Tür im hintersten Waggon Ihres Zuges während der Fahrt hierher von Hand geöffnet worden ist.«
    »Von Hand?«
    »Jetzt tun Sie doch nicht so, Klimowitz. Mir können Sie nichts vormachen. Je länger Sie den Ahnungslosen spielen, desto verdächtiger machen Sie sich.« Sydow zog die Brauen hoch, rieb sich genüsslich die Hände und taxierte sein Gegenpart mit einem Blick, der Humphrey Bogart alle Ehre gemacht hätte. Der obligatorische Glimmstängel, gegen

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