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Kennedy-Syndrom - Klausner, U: Kennedy-Syndrom

Kennedy-Syndrom - Klausner, U: Kennedy-Syndrom

Titel: Kennedy-Syndrom - Klausner, U: Kennedy-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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genau, glaubst du, schleicht er …«
    »Er schleicht nicht, mein Kind, sondern steht wie ein Ölgötze in der Gegend herum.« Um ihren Worten den nötigen Nachdruck zu verleihen, ließ die Reinkarnation von Adele Sandrock 32 den Parkettboden von Sydows guter Stube durch einen Hieb ihres Gehstocks erzittern, ging auf Distanz zu ihrer Gastgeberin und wies mit ausgestreckter Hand auf den See hinaus, in dem sich das wie eine Feuersbrunst auflodernde Abendrot spiegelte. »Genau da!«
    »Wo denn?« Aufgrund einer Birke, die ihr die Sicht versperrte, blieb Lea Sydow der Blick auf den vermeintlichen Eindringling zunächst verwehrt, und so ging sie hinaus auf die Terrasse, trat auf ihre Schmalseite und folgte der Richtung, in die Tante Lus Hand zeigte.
    Und wurde fündig.
    Am Ende des Bootsstegs, mit dem Rücken zum Haus, stand tatsächlich ein Mann. Lea Sydow blieb wie angewurzelt stehen. Da war etwas an ihm, das ihr bekannt vorkam. Etwas, das an ihr Erinnerungsvermögen appellierte, das sie bewog, die aufkeimende Verärgerung in ihr zu unterdrücken.
    Sekunden später, ohne groß darüber nachzudenken, befand sich Sydows Frau auf dem Weg zur Anlegestelle. Der Kies knirschte unter ihren Füßen, doch der Fremde, auf den sie zusteuerte, rührte sich nicht vom Fleck. Aus dem Ufergestrüpp, an dem der hufeisenförmige Weg vorbeiführte, krochen die ersten Dunstschwaden empor, und eine merkwürdige, sämtliche Geräusche erstickende Stille senkte sich über den weitläufigen und von einem Birkenwäldchen begrenzten Garten herab. Alles, aber auch rein alles kam Lea in diesem Moment so unwirklich vor, dass ihr der Gedanke kam, sie befinde sich in einem Traum.
    Nur noch knapp zehn Meter von ihrem Ziel entfernt, blieb Sydows Frau stehen. Nicht etwa, weil sie Angst hatte. Die hatte sie in den seltensten Fällen. Sondern weil sie immer noch herumrätselte, wo sie die hoch aufragende, schwarz gekleidete und mysteriös anmutende Gestalt schon einmal gesehen hatte. Auf alles gefasst, setzte sich Lea Sydow wieder in Bewegung, um die Distanz, die sie von dem Mann trennte, so schnell wie möglich hinter sich zu bringen.
    Unmut stieg in ihr auf. Unmut über die Tatsache, dass er sich auf ihrem Grundstück herumtrieb, und über die Art und Weise, wie er hier sein Spiel mit ihr trieb. Was der Fremde damit bezweckte, wusste sie zwar nicht, doch darauf kam es im Moment nicht an. Sie konnte es auf den Tod nicht ausstehen, wenn sie zum Narren gehalten wurde, das würde sie diesem Burschen jetzt ins Gesicht sagen. »Können Sie mir verraten, was Sie hier zu suchen haben? Antworten Sie – oder sind Sie taub?«
    »Das ganz gewiss nicht«, antwortete der Fremde und knöpfte sein Jackett zu, gerade so, als stünde er vor einem Spiegel. »Ich bin auf der Suche nach jemandem, weiter nichts.«
    »Und nach wem, wenn man fragen darf?«
    »Nach einem Freund«, antwortete Kuragin, vollzog eine Drehung um 180 Grad und nickte Lea Sydow, deren Mienenspiel zwischen Verblüffung und Ärger schwankte, freundlich lächelnd zu. »Ein Freund, den ich seit einer halben Ewigkeit nicht mehr gesehen habe. Oder ist Tom etwa nicht hier?«
    »Und selbst wenn – finden Sie nicht, Sie sollten sich erst einmal vorstellen?«
    Kuragin tat, wie ihm geheißen, deutete ein Kopfnicken an und fragte mit samtweicher Stimme: »Frau von Sydow, nehme ich an?«
    »Sydow, ganz einfach Sydow. Was kann ich für Sie tun?«
    »Der gute alte Tom – hat es ihn also doch noch erwischt.« Nachdenklich geworden, atmete Kuragin tief durch und ließ den Blick über die mit roten Geranien bepflanzten Schmuckbeete am Rand der ausladenden Terrasse schweifen. »Schön haben Sie’s hier, wirklich schön.« Als habe er eine alte Bekannte vor sich, zündete er sich einen Zigarillo an und ging über die Frage der Hausherrin einfach hinweg. »Hat er denn nie von mir erzählt?«
    »Falls es sich bei Ihnen um den Mann handelt, mit dem er sich vor acht Jahren angefreundet hat und von dem nur ein einziges Erinnerungsfoto existiert – ja.«
    Kuragin schlug die Augen nieder und gab ein verlegenes Räuspern von sich. »Freut mich jedenfalls, Sie kennenzulernen, gnädige Frau«, flüsterte er, offenbar unschlüssig, was er als Nächstes sagen sollte. »Ich muss schon sagen, mein Freund Tom ist wirklich zu beneiden.«
    »Wenn Sie tatsächlich sein Freund sind – weshalb haben Sie dann nichts mehr von sich hören lassen?«
    »Nehmen Sie es mir nicht übel, gnädige Frau – aber darüber möchte ich lieber mit

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