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Kennedy-Syndrom - Klausner, U: Kennedy-Syndrom

Kennedy-Syndrom - Klausner, U: Kennedy-Syndrom

Titel: Kennedy-Syndrom - Klausner, U: Kennedy-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Ihrem Gatten sprechen.«
    Versöhnlicher gestimmt, milderte Lea Sydow ihren Ton und sah den Mann, über den sie bereits so viele Geschichten gehört hatte, mit in die Höhe gezogenen Brauen an. »Tom ist nicht da, Herr Kuragin. Kann ich ihm etwas ausrichten?«
    »Schade.« Kuragin nahm sein Zigarillo aus dem Mund und warf es achtlos in den See. »Darf ich Sie trotzdem um einen Gefallen bitten?«
    »Wenn Sie sich anschließend nicht wieder in Luft auflösen – gern.«
    Kuragin lachte aus vollem Hals und strich über seinen gepflegten Oberlippenbart. »Genau das ist der Punkt«, fuhr er fort, schnippte eine Staubfaser von seinem Jackett und entnahm ihm einen braunen DIN-A4-Umschlag, den er seiner verdutzten Gesprächspartnerin in die Hand drückte. »Sei’s drum – wenn Sie erlauben, möchte ich Sie – beziehungsweise Tom – um einen Gefallen bitten. Wenn es ihm nichts ausmacht, soll er bitte so gut sein und das für mich ausbewahren.«
    »Für wie lange?«
    »So lange, bis ich mich wieder melde«, entgegnete Kuragin, sprang in das Boot, das neben ihm vertäut war, und ließ den 150-PS-Motor an. »Falls dies überhaupt der Fall sein wird.« Bevor er aufs Gas drückte, hob der ehemalige CIA-Agent die Hand zum Gruß. »Bitte entschuldigen Sie die Störung, gnädige Frau. Und grüßen Sie mir Tom!«
     
     
     
     
     
     
     

17
    Berlin-Schöneberg, Dienstgebäude der Kripo in der Gothaer Straße | 19.45 h
     
    »Jetzt hören Sie mir mal gut zu, Fräulein, ich rufe bestimmt nicht zum Privatvergnügen an. Das können Sie mir getrost glauben. Mein Name, Gnädigste? Sydow. Siegfried – Ypsilon – Dora – Otto – Wilhelm. Kriminalhauptkommissar. Hätten Sie gern, dass ich Ihnen meinen Dienstgrad buchsta… Nicht nötig? Na, wenigstens etwas. So, und jetzt wäre ich Ihnen wirklich verbunden, wenn Sie mir endlich Auskunft geben würden.« Es fehlte nicht viel und Sydow wäre vollends aus den Latschen gekippt. Zickiger, hochnäsiger und lahmarschiger ging es nicht, auch wenn man wie die Dame in der Verwaltung des Notaufnahmelagers Marienfelde offenbar alle Hände voll zu tun hatte. Schließlich ging es hier um Mord. Um einen Fall, der ihm mehr Rätsel aufgab, als ihm lieb sein konnte. »Ernst Blaschkowitz – genau.« Sydow schüttelte entnervt den Kopf. Dass ausgerechnet er immer das Glück hatte, solche Leute an der Strippe zu haben. Kaum zum Aushalten. »Jahrgang 1909, könnte hinkommen.« Stille, und das mehrere Sekunden lang. Naujocks, der die Szene beobachtete, amüsierte sich königlich. »Vor drei Jahren, genau. Aus Frankfurt an der Oder, aha.« Sydow nahm einen Stenoblock zur Hand und machte sich Notizen. »Wann? Am 28. Mai 1958? Nur zwei Wochen, aha. Und dann? Arbeit gefunden, wie schön. Als was denn? Buchhalter, auch das noch. Klingt verdammt aufregend, wenn Sie mich … Ob ich etwas gegen Verwaltungsfachkräfte habe? Wo denken Sie hin, gnädige Frau. Ganz bestimmt nicht. Soll ich Ihnen was sagen? Dank Ihres unermüdlichen Einsatzes sind wir einen Riesenschritt weiter gekommen! Ironisch – ich? Keine Ahnung, was das überhaupt ist. Schönen Tag noch – auf Wiederhören!«
    Zum Leidwesen von Naujocks, der sich kaum noch beherrschen konnte, schleuderte Sydow den Hörer auf die Gabel und schluckte den Fluch, der ihm auf der Zunge lag, im letzten Moment hinunter. Dann ließ er sich in seinen Schreibtischsessel plumpsen, legte die Füße auf den Tisch und überflog die Notizen, die er sich gemacht hatte. »Ich frage mich wirklich, was es hier zu lachen gibt.«
    »Respekt, Tom.« Da er wusste, wie er ihn zu nehmen hatte, ließ sich Naujocks die Laune nicht verderben und ging einfach über Sydows Rüffel hinweg. »Gegen deinen Charme ist wirklich kein Kraut gewachsen. Die Damenwelt liegt dir zu Füßen, von Lea gar nicht zu reden. Wie machst du das bloß?«
    Entgegen seinen sonstigen Gepflogenheiten nahm Sydow den Ball jedoch nicht auf und wandte sich wieder seinen Aufzeichnungen zu. »Sieht so aus, als hätte dieser … wie heißt dieser Kleiderschrank doch gleich?«
    »Juskowiak, Alfred Juskowiak.«
    »Sieht so aus, als hätte er die Wahrheit gesagt.«
    »Warum auch nicht«, gab Naujocks achselzuckend zurück, enttäuscht über die geringe Resonanz, auf die seine Frotzeleien gestoßen waren. »Darf man erfahren, was du rausgekriegt hast?«
    »Dass unser Möchtegern-Gigolo 52 ist, aus dem Osten stammt und sich vor gut drei Jahren in den Westen abgesetzt hat. Durchgangsstation Marienfelde, wie bei so vielen.

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