Kennen Wir Uns Nicht?
sein, denn ich besitze keins.«
»Du hast kein Auto?«, sage ich ungläubig.
»Im Moment nicht.« Er zuckt mit den Schultern. »Ich fahre Fahrrad oder Taxi. Aber ich weiß, wie man mit einem protzigen Mercedes Cabrio umgeht.« Und wieder sieht er mich an, als hätte er schon oft mit jemandem darüber gelacht.
Mit mir, wird mir plötzlich bewusst. Dem Mädchen, das ich einmal war.
Ich mache meinen Mund auf, um etwas zu sagen - aber ich bin zu verwirrt. In meinem Kopf taumeln die Gedanken.
»Okay«, sage ich schließlich. »Okay. Danke.«
Wir haben unsere Geschichte voll durchdacht. Ich zumindest. Falls jemand fragen sollte, gibt Jon mir Fahrunterricht. Er kam gerade zufällig vorbei, als ich in den Wagen stieg, und bot mir seine Hilfe an.
Aber niemand fragt.
Es ist ein sonniger Tag, und als Jon den Wagen rückwärts aus der Parklücke setzt, öffnet er das Dach. Dann langt er in seine Tasche und gibt mir ein schwarzes Haargummi. »Das wirst du brauchen. Es zieht.«
Überrascht nehme ich das Haargummi. »Wie kommt es, dass du so was in der Tasche hast?«
»Ich hab überall welche. Gehören alle dir.« Er blinkt links. »Ich weiß nicht, was du immer damit machst.«
Schweigend binde ich mir einen Pferdeschwanz, bevor der Wind mein Haar zerzaust. Jon biegt auf die Straße ein und hält auf die erste Kreuzung zu. »Es ist in Kent«, sage ich, als wir an der Ampel halten. »Du musst raus aus London auf dem ...«
»Ich weiß, wo es ist.«
»Du weißt, wo meine Mutter wohnt?«, sage ich etwas ungläubig.
»Ich war schon mal da.«
Die Ampel wird grün, und wir fahren los. Ich sehe die prächtigen, weißen Häuser rechts und links vorüberfliegen, aber ich nehme sie kaum wahr. Er war bei meiner Mum zu Hause. Er weiß über Fi Bescheid. Er hat mein Haargummi in der Tasche. Er hatte recht mit dem blauen Ordner. Entweder hat er seine Recherchen wirklich, wirklich gut gemacht oder ...
»Also ... nur mal so hypothetisch«, sage ich schließlich. »Falls wir tatsächlich ein Liebespaar waren.«
»Rein hypothetisch.« Jon nickt, ohne mich anzusehen.
»Was genau ist passiert? Wie sind wir ...?«
»Wie gesagt, wir haben uns auf einer Einweihungsparty kennengelernt. Dann sind wir uns durch die Firma immer wieder über den Weg gelaufen. Ich war öfter bei euch zu Besuch. Ich kam manchmal früher, wenn Eric noch zu tun hatte. Wir haben geplaudert, auf der Terrasse gesessen ... es war harmlos.« Er macht eine Pause, um die Spur zu wechseln. »Irgendwann war Eric übers Wochenende unterwegs. Und ich kam vorbei. Danach war es ... nicht mehr so harmlos.«
Langsam glaube ich ihm. Meine Welt kommt ins Wanken. Ein Schleier lüftet sich. Farben werden klarer, deutlicher.
»Und was ist noch passiert?«, frage ich.
»Wir haben uns so oft getroffen, wie es ging.«
»Ich weiß.« Ich sehe mich um. »Ich meine ... wie war das so? Worüber haben wir geredet, was haben wir gemacht? Erzähl mir einfach ... irgendwiewas.«
»Ich könnte mich wegschmeißen!« Jon schüttelt den Kopf, die Augen von Lachfaltchen umrahmt. »Das hast du im Bett immer zu mir gesagt: >Erzähl mir irgendwiewas.<«
»Ich hör eben gern irgendwiewas.« Störrisch zucke ich mit den Schultern. »Egal was.«
»Das weiß ich doch. Okay. Irgendwiewas.« Eine Weile fährt er schweigend, und ich sehe, wie ein Lächeln in seinen Mundwinkeln zuckt, während er überlegt. »Überall wo wir waren, haben wir am Ende Socken für dich gekauft. Jedes Mal ziehst du dir die Schuhe aus, um barfuß im Sand oder im Gras oder sonst wo zu laufen, und dann wird dir kalt, und wir müssen dir Socken besorgen.« Er hält an einem Zebrastreifen. »Was noch? Du hast mich auf Pommes mit Senf gebracht.«
»Französischem Senf?«
»Genau. Als ich es das erste Mal gesehen habe, fand ich es einfach nur pervers. Jetzt bin ich süchtig.« Er fährt an und biegt auf eine breite Schnellstraße ein. Der Wagen nimmt Geschwindigkeit auf, und Jon ist im Fahrtwind schwerer zu verstehen. »An einem Wochenende hat es geregnet. Eric war zum Golfspielen unterwegs, und wir haben alle Folgen von Doctor Who hintereinander gesehen.« Er wirft mir einen Blick zu. »Soll ich weitermachen?«
Alles, was er da erzählt, sagt mir was. Mein Hirn schwingt sich darauf ein. Ich erinnere mich nicht an das, was er erzählt, aber ich spüre, wie sich die Erinnerung in mir rührt. Es klingt nach mir. Es fühlt sich an wie mein Leben.
»Red weiter.« Ich nicke.
»Okay. Also ... wir spielen Tischtennis. Ziemlich
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