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Kennen Wir Uns Nicht?

Kennen Wir Uns Nicht?

Titel: Kennen Wir Uns Nicht? Kostenlos Bücher Online Lesen
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hartes Match. Du liegst zwei Spiele in Führung, aber ich glaube, du lässt nach.«
    »Ich lasse garantiert nicht nach!«, erwidere ich unweigerlich.
    »Oh, doch, das tust du.«
    »Niemals!« Unwillkürlich muss ich grinsen.
    »Du hast meine Mum kennengelernt. Die wusste sofort Bescheid. Sie kennt mich viel zu gut, als dass ich ihr was vormachen könnte. Aber das ist okay, sie ist cool, sie würde nie was sagen.« Jon wechselt auf eine andere Spur. »Du schläfst immer auf der linken Seite. Wir hatten fünf komplette Nächte in acht Monaten.« Er schweigt einen Moment. »Eric hatte zweihundertfünfunddreißig.«
    Ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll. Jon blickt nach vorn, mit konzentrierter Miene. »Soll ich weitermachen?«, sagt er schließlich.
    »Ja.« Ich muss mich räuspern. »Weiter.«
    Während unserer Fahrt durch das ländliche Kent hat Jon alles preisgegeben, was er mir über unsere Beziehung berichten kann. Ich selbst konnte logischerweise nichts dazu beitragen, also schweigen wir irgendwann und lassen die Scheunen und Hopfenfelder an uns vorüberziehen. Nicht dass ich ein Auge dafür hätte. Ich bin in Kent aufgewachsen, und deshalb fällt mir die malerische Landschaft gar nicht so auf. Stattdessen starre ich wie in Trance auf den Bildschirm des Navigationsgerätes und verfolge den kleinen Pfeil.
    Plötzlich muss ich an mein Gespräch mit Loser Dave denken, und ich seufze schwer.
    »Was ist?«
    »Ach, nichts. Ich wundere mich immer noch, wie alles so gekommen ist. Was hat mich dazu getrieben, Karriere zu machen, mir die Zähne richten zu lassen, diese ... andere Frau zu werden?« Ich deute auf mich selbst.
    »Na ja«, sagt Jon, während er versucht, einen Wegweiser zu entziffern. »Ich schätze, es hat alles damit angefangen, was bei der Beerdigung passiert ist.«
    »Was meinst du?«
    »Du weißt schon. Die Sache mit deinem Dad.«
    »Was war mit meinem Dad?«, sage ich verdutzt. »Ich weiß nicht, was du meinst.«
    Mit quietschenden Reifen hält Jon den Mercedes an, direkt neben einer Kuhweide, und wendet sich zu mir um. »Hat dir deine Mutter nichts von der Beerdigung erzählt?«
    »Doch, natürlich!«, sage ich. »Sie hat stattgefunden. Dad wurde ... verbrannt oder irgendwas.«
    »Mehr nicht?«
    Ich zermartere mir das Hirn. Ich bin mir sicher, dass Mum sonst nichts von der Beerdigung erzählt hat. Plötzlich fällt mir wieder ein, dass sie schnell das Thema gewechselt hat, als ich davon anfing. Aber das ist bei meiner Mum ganz normal.
    Ungläubig schüttelt Jon den Kopf und legt den ersten Gang ein. »Das ist doch völlig absurd. Weißt du eigentlich irgendwas über dein Leben?«
    »Offensichtlich nicht«, sage ich erschüttert. »Na, dann erzähl es mir! Wenn es so wichtig ist.«
    »Mh-mh.« Jon schüttelt den Kopf, als der Wagen wieder anrollt. »Das ist nicht meine Aufgabe. Das soll dir deine Mutter sagen.« Er biegt von der Straße ab und fährt einen Kiesweg entlang. »Da sind wir.«
    Es stimmt. Es ist mir nicht mal aufgefallen. Das Haus sieht hübscher aus, als ich es in Erinnerung hatte. Ein roter Klinkerbau aus dem letzten Jahrhundert, mit einem Wintergarten auf der einen Seite und Mums altem Volvo vor der Tür. In Wahrheit hat sich das Haus nicht verändert, seit wir vor gut zwanzig Jahren eingezogen sind. Es ist nur etwas baufälliger geworden. Ein Stück Regenrinne hängt vom Dach, und der Efeu ist weiter an den Mauern hochgewachsen. Unter einer dreckigen Plane neben der Auffahrt stapeln sich Gehwegplatten, die Dad dort abgeladen hat. Ich glaube, er wollte damit handeln. Das ist lange her ... acht Jahre? Zehn?
    Hinter der Pforte sehe ich den Garten, der einmal ganz hübsch war, mit Blumen- und Kräuterbeeten. Bevor die Hunde kamen.
    »Du willst mir also sagen ... meine Mum hat mich belogen?«
    Jon schüttelt den Kopf. »Sie hat nicht gelogen. Nur zusammengefasst.« Er drückt die Fahrertür auf. »Komm.«
    Mit Whippets ist es so eine Sache. Sie sehen zierlich aus, aber wenn sie auf den Hinterbeinen stehen, sind sie riesig. Und wenn zehn davon versuchen, an einem hochzuspringen, fühlt man sich, als sei man unter die Räuber gefallen.
    »Ophelia! Raphael!« Bei all dem Gerempel und Gebell ist Mums Stimme kaum zu hören. »Runter da! Lexi, Liebes! Du bist ja wirklich schnell gekommen. Was hat das alles zu bedeuten?« Sie trägt einen Cordrock und eine blau gestreifte, an den Ärmeln abgewetzte Bluse. In der Hand hält sie ein uraltes »Charles & Diana«-Küchentuch.
    »Hi, Mum!«,

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