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Kennen Wir Uns Nicht?

Kennen Wir Uns Nicht?

Titel: Kennen Wir Uns Nicht? Kostenlos Bücher Online Lesen
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adoptiert, vor einem halben Jahr in Vietnam. War echt ´ne harte Nummer. Du musstest ihn im Rucksack außer Landes schmuggeln. Fast wärst du verhaftet worden!«
    Ich habe ein Baby adoptiert?
    Mir wird ganz anders. Ich kann doch keine Mutter sein! Ich bin noch nicht so weit. Ich verstehe nichts von Babys.
    »Sag deinem Sohn hallo!« Sie trägt ihn zum Bett herüber, klackt mit ihren Absätzen über den Boden. »Übrigens nennt er dich Muh-ma.«
    Muh-ma?
    »Hi, Lennon«, sage ich schließlich, steif und unsicher. »Ich bin‘s ... deine Muh-ma!« Ich gebe mir Mühe, eine tröstende, mütterliche Stimme anzunehmen. »Komm zu Muh-ma!«
    Ich blicke auf und sehe, dass Amys Lippen so seltsam zittern. Plötzlich schnaubt sie vor Lachen und hält sich den Mund zu. »Tut mir leid!«
    »Amy, was ist los?« Ich starre sie an, und mir kommt ein Verdacht. »Ist das wirklich mein Kind?«
    »Ich habe ihn draußen auf dem Flur gesehen«, prustet sie. »Ich konnte nicht widerstehen. Du hättest dein Gesicht sehen sollen!« Sie bekommt einen Lachkrampf. »Komm zu Muh-ma!«
    Ich höre gedämpfte Stimmen und Schreie vor der Tür.
    »Das müssen seine Eltern sein!«, fauche ich. »Du verdammtes, kleines ... Bring ihn sofort zurück!«
    Erleichtert lasse ich mich auf meine Kissen fallen. Früher war sie so süß und unschuldig. Immer und immer wieder hat sie sich Barbie als Dornröschen auf DVD angesehen und dabei Daumen gelutscht. Was ist passiert?
    »Mich hätte fast der Schlag getroffen«, fahre ich sie an, als sie wieder hereinkommt. »Und du wärst schuld gewesen.«
    »Vielleicht solltest du mal ein bisschen deinen Grips anstrengen«, erwidert sie ohne jede Reue. »Die Leute könnten dir jeden Quatsch erzählen.«
    Sie holt einen Kaugummi hervor und wickelt ihn aus. Dann beugt sie sich vor.
    »Hey, Lexi«, sagt sie mit leiser Stimme. »Hast du wirklich dein Gedächtnis verloren, oder denkst du dir das nur aus? Ich sag es auch nicht weiter.«
    »Was? Warum sollte ich mir so was ausdenken?«
    »Ich dachte, vielleicht willst du dich vor irgendwas drücken. Vielleicht vorm Zahnarzt.«
    »Nein! Es ist echt!«
    »Okay. Auch gut.« Sie zuckt mit den Achseln und bietet mir ein Kaugummi an.
    »Nein, danke.« Ich schlinge meine Arme um die Knie, plötzlich entmutigt. Amy hat recht. Die Leute können mich total ausnutzen. Ich muss noch so viel herausfinden und weiß gar nicht, was ich zuerst fragen soll.
    Nun, ich könnte mit dem Naheliegendsten anfangen.
    »Okay.« Ich versuche, beiläufig zu klingen. »Wie ist mein Mann denn so? Wie ... sieht er aus?«
    »Wow.« Amys Augen werden groß. »Natürlich! Du hast ja keine Ahnung, wie er ist!«
    »Mum sagt, er ist ein Prachtkerl.« Ich versuche, meine Anspannung zu unterdrücken.
    »Er ist total liebenswert.« Sie nickt ernst. »Er hat einen tollen Sinn für Humor. Und sein Buckel wird bald wegoperiert.«
    »Klar. Netter Versuch, Amy.« Ich verdrehe die Augen.
    »Lexi! Er wäre echt verletzt, wenn er dich hören könnte!« Amy sieht aus, als könnte sie es nicht fassen. »Wir haben 2007. Niemand wird heutzutage noch wegen Äußerlichkeiten diskriminiert. Und Eric ist so ein liebevoller Mann. Es ist schließlich nicht seine Schuld, dass sein Rücken verletzt wurde, als er noch ganz klein war. Und er hat so viel erreicht. Er ist echt ein klasse Typ.«
    Mir wird ganz heiß vor Scham. Vielleicht hat mein Mann tatsächlich einen Buckel. Ich sollte nicht buckelistisch sein. Egal wie er aussieht - sicher hatte ich gute Gründe, ihn mir auszusuchen.
    »Kann er laufen?«, frage ich unruhig.
    »Bei eurer Hochzeit ist er zum ersten Mal aufgestanden«, sagt Amy mit abwesendem Blick. »Er kam aus seinem Rollstuhl hoch, um dir das Ja-Wort zu geben. Alle hatten Tränen in den Augen ... der Pastor konnte kaum sprechen ...« Wieder zuckt ihr Mund.
    »Du kleines Biest!«, zische ich. »Er hat überhaupt keinen Buckel, oder?«
    »Tut mir leid.« Sie kichert hilflos. »Aber es ist so ein tolles Spiel.«
    »Das ist kein Spiel!« Ich raufe mir die Haare, habe aber nicht an meine Kopfwunde gedacht und zucke zusammen. »Das ist mein Leben! Ich habe keine Ahnung, mit wem ich verheiratet bin, oder wie ich ihn kennengelernt habe und überhaupt ...«
    »Okay.« Sie scheint nachzugeben. »Es war folgendermaßen: Du kamst mit diesem fusselbärtigen Penner auf der Straße ins Gespräch. Und er hieß Eric ...«
    »Halt den Mund! Wenn du es mir nicht erzählst, frag ich Mum!«
    »Also gut!« Sie hebt die Hände wie zur

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