Kennen Wir Uns Nicht?
dieser Musterwohnung«, sagt Eric. »Wir haben uns streng an die Prinzipien des Feng Shui gehalten, stimmt‘s Ava? Sehr wichtig für einige unserer Ultra-Nettos.«
»Ultra-was?«, sage ich verdutzt.
»Die besonders Reichen«, übersetzt Eric. »Unsere Zielgruppe.«
»Feng Shui ist für die Ultras von entscheidender Bedeutung«, sagt Ava und nickt ernst. »Eric, die Fische für die Master Suite sind gerade gekommen. Sie sind sensationell! Jeder Einzelne ist seine dreihundert Pfund wert«, sagt sie zu mir zugewandt. »Wir haben sie extra gemietet.«
Ultra-Netto-was-weiß-ich. Gemietete Fische. Das ist eine völlig andere Welt. Mir fehlen die Worte. Ich sehe mich in dieser gewaltigen Wohnung um: die geschwungene Cocktailbar und der in den Boden eingelassene Sitzbereich und die gläserne Skulptur, die von der Decke hängt. Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wie viel diese Wohnung wohl kosten mag. Und ich will es auch gar nicht wissen.
»Hier ist es.« Ava reicht mir ein detailliertes, maßstabgetreues Modell aus Papier und kleinen Holzstäbchen. »Das ist das ganze Gebäude. Wie Sie sehen, finden sich die geschwungenen Balkone in den abgerundeten Ecken der Kissen wieder«, fugt sie hinzu. »Art Deco trifft Gaultier.«
»Ah ... fantastisch!« Ich zermartere mir das Hirn nach einem passenden Kommentar zu Art Deco trifft Gaultier, scheitere aber kläglich. »Und wie kommen Sie auf so was alles?« Ich deute auf den Wasserfall, der inzwischen Orange leuchtet. »Das zum Beispiel: Wie kommt man darauf?«
»Ach, das ist gar nicht von mir.« Ava schüttelt energisch den Kopf. »Mein Bereich sind Raumtextilien, Stoffe, sinnliche Finessen. Das große Konzept stammt allein von Jon.«
Etwas in mir tut einen Ruck.
»Jon?« Ich neige meinen Kopf und setze die undurchsichtigste Miene auf, die ich zustande bringen kann, als wäre »Jon« irgendein mir unbekanntes Wort aus einer obskuren Fremdsprache.
»Jon Blythe«, wirft Eric hilfreich ein. »Der Architekt. Du kennst ihn von der Dinnerparty, weißt du noch? Hast du dich nicht erst vorhin nach ihm erkundigt?«
»Ach, ja?«, sage ich nach einer winzigen Pause. »Ich ... kann mich gar nicht mehr so recht erinnern.« Ich drehe das Modell zwischen meinen Fingern herum und ignoriere die leichte Rötung, die an meinem Hals hinaufkriecht.
Es ist lächerlich. Jetzt verhalte ich mich sogar schon wie eine untreue Ehefrau.
»Jon, da bist du ja!«, ruft Ava. »Gerade haben wir von dir gesprochen!«
Er ist hier? Unwillkürlich klammere ich mich an das Modell. Ich will ihn nicht sehen. Ich will nicht, dass er mich sieht. Ich muss eine Ausrede finden und gehen ...
Zu spät. Da ist er, nähert sich mit großen Schritten, in Jeans und dunkelblauem Pullover, und liest in irgendwelchen Unterlagen.
Okay. Bleib ruhig. Alles in Ordnung. Du bist glücklich verheiratet, und es gibt keinen Beweis für einen Seitensprung, eine Liebelei oder eine heimliche Affäre mit diesem Mann.
»Hi, Eric. Lexi.« Er nickt höflich ... dann starrt er meine Hände an. Ich sehe hin und erstarre. Das Modell ist total zerdrückt. Das Dach ist eingebrochen, und einer der Balkone hat sich gelöst.
»Lexil« Jetzt hat Eric es auch bemerkt. »Wie konnte das passieren?«
»Jon.« Bekümmert runzelt Ava die Stirn. »Dein Modell!«
»Es tut mir so leid!«, sage ich verwirrt. »Ich weiß nicht, wie das passieren konnte. Ich habe es nur festgehalten, und irgendwie ...«
»Macht doch nichts.« Jon zuckt mit den Schultern. »Ich habe ja nur fast einen Monat daran gebastelt.«
»Einen Monat?«, wiederhole ich entgeistert. »Gib mir eine Rolle Tesa, und ich mach‘s dir wieder heil ...« Verzweifelt versuche ich, das zerquetschte Dach in Form zu drücken.
»Vielleicht nicht ganz einen Monat«, sagt Jon und sieht mich an. »Vielleicht auch nur ein paar Stunden.«
»Oh.« Ich höre auf, herumzudrücken. »Naja, jedenfalls ... Es tut mir leid.«
Jon wirft mir einen kurzen Blick zu. »Du kannst es wiedergutmachen.«
Es wiedergutmachen? Was soll das denn heißen? Ohne es eigentlich wirklich zu wollen, hake ich mich bei Eric unter. Ich brauche Bestätigung. Ich brauche Halt. Ich brauche einen starken Ehemann an meiner Seite.
»Dieses Apartment ist wirklich beeindruckend, Jon.« Ich spiele die höfliche, farblose Ehefrau eines Geschäftsfreundes und deute in die Runde. »Herzlichen Glückwunsch.«
»Danke, mir gefällt es auch«, antwortet er ebenso unverbindlich. »Was macht dein Gedächtnis?«
»Unverändert.«
»Dir
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