Kennen Wir Uns Nicht?
habe angeboten, dich zur Beerdigung von deinem Dad zu begleiten, aber du wolltest nicht. Du hast gesagt, du könntest meinen Anblick nicht ertragen.« Er trinkt von seinem Wein. »Aber ich war dir nicht böse. Ich habe gesagt: >Lexi, du wirst immer in meinem Herzen sein. Was du willst, das will ich auch.< Ich habe dir eine Rose und einen letzten Kuss gegeben. Dann bin ich gegangen. Es war wunderschön.«
Ich stelle mein Glas ab und mustere ihn. Sein Blick ist so offen und unschuldig wie damals, wenn er Kunden dazu bewegen wollte, eine total nutzlose Zusatzversicherung abzuschließen.
»So ist es also gewesen ...«, sage ich.
»Genau so.« Er nimmt die Speisekarte. »Möchtest du ein bisschen Knoblauchbrot?«
Bilde ich es mir nur ein, oder hat er tatsächlich bessere Laune, seit er weiß, dass ich mein Gedächtnis verloren habe?
»Loser Dave ... war es auch wirklich so?« Ich sehe ihn mit meinem durchdringendsten Blick an.
»Selbstverständlich!«, knurrt er gekränkt. »Und sag nicht immer Loser Dave zu mir.«
»Entschuldige.« Ich seufze und wickle eine Grissini-Stange aus. Vielleicht ist es doch die Wahrheit. Oder zumindest eine Loser-Dave-Version davon. Vielleicht habe ich mich von ihm getrennt. Schließlich war ich wirklich sauer auf ihn.
»Und ... ist damals noch irgendwas passiert?« Ich breche den Grissini durch und knuspere daran herum. »Fällt dir irgendwas ein? Zum Beispiel, wieso ich plötzlich so karrieregeil geworden bin? Warum habe ich meine Freundinnen links liegen lassen? Was ging in mir vor?«
»Was weiß ich denn?« Loser Dave studiert die Tageskarte. »Hättest du Lust auf eine Lasagne für zwei?«
»Es ist alles so ... verwirrend.« Ich reibe mir die Stirn. »Ich komme mir vor, als hätte man mich mitten auf einer Landkarte abgesetzt, und so ein großer Pfeil zeigt auf mich - >Sie sind hier.< Und ich will wissen: Wie bin ich hergekommen?«
Endlich blickt Loser Dave von seiner Tageskarte auf.
»Was du brauchst, ist ein Navi«, sagt er wie der Dalai Lama, der von einem Berggipfel herab etwas verkündet.
»Das ist es! Genau!« Eifrig beuge ich mich vor. »Ich habe mich verirrt. Und wenn ich die Route nachvollziehen könnte, wäre ich vielleicht in der Lage, mich irgendwie zurückzunavigieren ...«
Loser Dave nickt weise. »Ich könnte dir einen guten Preis machen.«
»Was?«, sage ich, verstehe nicht.
»Ich kann dir einen guten Preis für ein Navi machen.« Er tippt sich an die Nase. »Wir erweitern bei Auto Repair gerade unsere Angebotspalette.«
Einen Moment lang denke ich, gleich platze ich - aus reinem Frust.
»Ich brauche kein Navigationsgerät!«, schreie ich fast. »Es ist nur eine Metapher! Me-ta-pher!«
»Gut, okay. Natürlich.« Loser Dave nickt und legt die Stirn in Falten, als müsste er meine Worte verdauen und sich erst mal durch den Kopf gehen lassen. »Ist das ein integriertes System?«
Ich kann es nicht fassen. War ich mit diesem Typen wirklich mal zusammen?
»Ja, genau«, sage ich schließlich. »Es ist von Honda. Nehmen wir das Knoblauchbrot.«
Als ich nach Hause komme, nehme ich mir vor, Eric zu fragen, was er über meine Trennung von Loser Dave weiß. Wir haben uns doch bestimmt von unseren früheren Beziehungen erzählt. Doch als ich ins Loft komme, spüre ich sofort, dass es nicht der richtige Moment ist. Er läuft herum, ist am Telefon, sieht gestresst aus.
»Beeil dich, Lexi!« Er hält kurz den Hörer zu. »Wir kommen zu spät.«
»Wohin?«
»Wohin?«, wiederholt er und sieht aus, als hätte ich ihn gefragt, was Schwerkraft eigentlich ist. »Zu unserer Premiere!«
Scheiße. Heute Abend ist die Eröffnungsparty für Blue 42. Ich wusste es. Es war mir nur entfallen.
»Natürlich«, sage ich hastig. »Ich mach mich schnell fertig.«
»Willst du nicht dein Haar hochstecken?« Eric mustert mich mit kritischem Blick. »Es sieht unprofessionell aus.«
»Oh. Ah ... ja. Stimmt.«
In aller Hektik ziehe ich ein schwarzes Seidenkostüm an, steige in meine höchsten Pumps und raffe meine Haar im Nacken zusammen. Ich dekoriere mich mit Brillanten, dann drehe ich mich um und betrachte mich.
Aaaah! Ich sehe so was von langweilig aus. Wie eine Gerichtsschreiberin. Ich brauch noch ... irgendwas anderes. Habe ich denn keine Broschen mehr? Oder Seidenblumen oder Tücher oder Strasshaarklemmen? Irgendwas Lustiges! Ich wühle in meinen Schubladen herum, kann aber nichts finden, nur ein dickes, beigefarbenes Haarband. Toll. Ein echtes Fashion Statement.
»Fertig?«
Weitere Kostenlose Bücher