Kennwort: Schwarzer Ritter
wieder amüsant, wenn Klienten versuchten, das Recht zu interpretieren. Die meisten hatten überhaupt keine Ahnung, wovon sie redeten. Aber Jessica Van Dyke gehörte nicht zu ihnen. Diese Frau hatte ihre Hausaufgaben gemacht, und im Großen und Ganzen hatte sie auch Recht. Die Polizei hatte den Motelangestellten mehrfach verhört, ihn jedoch nicht dazu bringen können, seine Aussagen zu ändern.
Jessica beobachtete sie aufmerksam, während sie mit ihrem Kreuz spielte. „Stimmen Sie mir zu?“
„Bis zu einem gewissen Punkt.“
Hoffnung flackerte in den hübschen haselnussbraunen Augen auf. „Dann werden Sie also Todds Fall übernehmen?“
„Miss Van Dyke, ohne mit Ihrem Verlobten persönlich gesprochen zu haben, fürchte ich …“
„Darum kümmere ich mich schon.“ Sie griff in die Ledertasche, die sie zwischen sich und Kate auf die Bank gelegt hatte, und holte eine Videokassette hervor. „Ich habe dieses Video von Todd gemacht, kurz bevor ich hierher gekommen bin“, sagte sie, während sie es Kate reichte. „Bitte schauen Sie es sich an. Hören Sie, was er zu sagen hat. Und dann treffen Sie Ihre Entscheidung.“
„Bitte“, wiederholte sie, als Kate keine Anstalten machte, das Band zu nehmen. „Das Einzige, was ich von Ihnen möchte, sind zwanzig Minuten von Ihrer Zeit. Wenn Sie das Band angeschaut haben und immer noch der Meinung sind, dass Sie Todd nicht verteidigen können, nehme ich das nächste Flugzeug, und Sie werden mich nie wiedersehen. Wenn Sie aber glauben, dass Todd unschuldig ist, und seinen Fall übernehmen, erhalten Sie sofort einen Vorschuss von hunderttausend Dollar auf Ihr Konto. Wenn das nicht genug ist, dann nennen Sie mir Ihr Honorar, und wir zahlen es. Geld ist kein Problem.“
Kate hatte vier lange Monate gewartet, um diese Worte zu hören. Und nun, als sie endlich jemand aussprach, zögerte sie plötzlich, hin- und hergerissen zwischen der Notwendigkeit, diesen Fall zu übernehmen, und ihrer Sorge um Mitch. Wie konnte sie die Verteidigung eines Mannes übernehmen, den er für den Mörder seiner Schwester hielt? Einen Mann, den er lange Zeit selber verfolgt hatte?
„Wenn es Ihnen so wichtig ist, den Namen Ihres Verlobten vom Mordverdacht zu befreien, warum haben Sie dann so lange gewartet, ehe Sie sich an einen Anwalt gewendet haben? Offensichtlich wissen Sie doch schon seit einiger Zeit über Todds Situation Bescheid.“
„Nachdem Todd mir von Molly erzählt hatte, war mein erster Gedanke, einen Anwalt zu engagieren. Aber Todd wollte davon nichts wissen. Er war sicher, dass niemand ihm glauben würde. Dann haben wir das Interview auf CNN gesehen, das Sie vor kurzem gegeben haben, und wussten sofort, dass Sie anders sind.“ Ihre Augen leuchteten plötzlich auf. „Man könnte sagen, dass der Zeitpunkt, zu dem das Interview kam, ein Zeichen von oben war.“
„Ein Zeichen?“
Die junge Frau lächelte sie unbefangen an. „An dem Tag, als ich Sie im Fernsehen gesehen habe, habe ich erfahren, dass ich ein Baby bekomme. Todd und ich werden Eltern.“
Sprachlos schaute Kate sie an. Kein Wunder, dass Jessica den Namen ihres Verlobten reinwaschen wollte. Welche Frau würde schon ein Kind auf die Welt bringen wollen, über dessen Schicksal eine dunkle Wolke schwebte?
Jessica beendete das Gespräch, indem sie die Kassette auf die Bank legte und sich erhob. „Ich wohne im Mayflower Hotel“, sagte sie. „Und das ist meine Handy-Nummer.“ Sie gab Kate einen Zettel, auf dem das Hotel-Logo stand. „Mein Flugzeug geht um halb zehn heute Abend. Ich hoffe, dass ich bis dahin etwas von Ihnen gehört haben werde.“
Kate nahm die Kassette, steckte sie in ihre Aktentasche und stand ebenfalls auf. „Aber ich verspreche nichts“, sagte sie.
„Selbstverständlich.“ Bevor sie ging, lächelte Jessica ihr noch einmal zu.
„Dieser verdammte, dreckige, hinterlistige Hund.“
Kate stand vor der Tür zu ihrem Büro im obersten Stock des Bellevue-Gebäudes und zuckte zusammen, als sie hörte, dass auf die Worte ihrer Sekretärin das Klirren von Glas folgte. Noch ein Freund, der abserviert worden war, dachte Kate und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
Francine Morgano, besser bekannt als Frankie, war eine der besten Rechtsanwaltsgehilfinnen, die Kate jemals gehabt hatte. Sie war intelligent, tüchtig, ging ganz in ihrem Job auf und für ihre Chefin durchs Feuer. Sie hatte nur einen Fehler: Ihr Geschmack, was Männer anging, war schrecklich.
Weil Kate solche Ausbrüche
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