Kennwort: Schwarzer Ritter
Dokumente zurücklegte.
Als Nächstes war das Badezimmer an der Reihe und dann der Geschirrschrank in der Küche. Er glaubte nicht, dort etwas anderes als Teller, Töpfe und Pfannen zu finden, aber er hatte sich getäuscht. Zwischen Messern und Gabeln, Korkenziehern und Käsereiben, Kerzen und Streichhölzern fand er etwas, das ihm ein triumphierendes Lächeln entlockte – ein Stück Papier aus einem Hotel in Washington, D. C., auf das ein Name und eine Adresse notiert waren: Kate Logan, Rechtsanwältin, Michigan Avenue 300, Washington, D. C. Außerdem standen zwei Telefonnummern und eine Faxnummer auf dem Zettel.
Kate Logan war die Anwältin, die Todd Buchanans Fall wieder aufgerollt hatte. Was soll Mr. Adler mit ihrem Namen und ihrer Telefonnummer anfangen? dachte er, als er ein weiteres Foto machte. Es sei denn, er war gar nicht Mr. Adler, sondern Todd Buchanan?
Nachdenklich klopfte Emile sich mit dem kleinen Stück Papier ans Kinn. Wie war noch der Ausdruck, den Amerikaner immer benutzten, wenn sie etwas gefunden hatten. Ach ja. Er lächelte. „Bingo.“
Ein feiner Nieselregen hatte eingesetzt. Der kleine Trauerzug machte sich durch den Schleier von Feuchtigkeit auf den Weg zu dem katholischen Friedhof in Laurel, Maryland, auf dem Charlene Meyers Eltern begraben waren.
Die Autopsie hatte ergeben, dass jemand sechs Mal auf Charlene eingestochen hatte und sie vermutlich einen langsamen, entsetzlichen Tod gestorben war. Detective DiLuca sprach von einem kaltblütigen, brutalen Mord, und Kate zweifelte nicht daran, dass derjenige, der ihn begangen hatte, allen Mädchen von der Straße eine deutliche Botschaft schicken wollte: wer redet, stirbt.
„Was hofft ihr eigentlich hier zu finden?“ fragte Kate, als sie, Mitch und LuAnn neben dem frisch geschaufelten Grab standen.
„Hast du das in deinen Seminaren nicht gelernt?“ antwortete Mitch. „Mörder lieben Beerdigungen. Einige kommen nur wegen des Hochgefühls, während andere sich vergewissern wollen, ob ihr Opfer auch tatsächlich tot ist. Polizisten gehen zu Beerdigungen, weil sie hoffen, dass der Mörder auftaucht und sich verrät.“
„Stimmt.“ Kate machte eine Kopfbewegung zu einem großen, schlaksigen Mann in einem Regenmantel, der ein wenig weiter weg stand und die Umgebung beobachtete. „Ist das nicht Detective Di-Luca?“
„Ja. Und genau rechtzeitig.“
Neben Kate wisperte LuAnn: „Das kommt mir alles verdammt bekannt vor.“
Kate nickte. Sie und LuAnn hatten sich auf der Beerdigung von Gina Lamont kennen gelernt. Eric war verdächtigt worden, das Callgirl getötet zu haben. Nur drei Leute waren dabei gewesen – Mitch, LuAnn, die Gina kannte, und Kate. „Es tut mir so Leid wegen Charlene, LuAnn.“
„Es war nicht deine Schuld. Ich hatte sie davor gewarnt, zu weit zu gehen, aber Charlene war eigensinnig.“
Und sie hatte teuer dafür bezahlen müssen. Genau wie Molly.
Kate unterdrückte einen Seufzer und betrachtete die wenigen Menschen an, die sich am Grab versammelt hatten – ein Pastor, der aus der Bibel las, ein Mann, der, wie LuAnn Kate erzählt hatte, Charlenes Zuhälter war, und neben ihm zwei junge Asiatinnen mit niedergeschlagenen Augen, beides Prostituierte. Etwas zur Seite saß eine Frau in einem Rollstuhl, um die sich eine uniformierte Krankenschwester kümmerte. Kate nahm an, dass es Charlenes Tante war. Sie sah verwirrt aus, als wüsste sie nicht, warum sie überhaupt hier war.
Falls der Mörder auch irgendwo sein sollte, so hielt er sich gut versteckt.
Nach der Beerdigung setzten Kate und Mitch LuAnn bei ihrer Arbeitsstelle ab und waren um zwei Uhr zurück im Haus in Cleveland Park. „Ich glaube, ich rufe Alison an“, sagte Kate. „Nach einem solchen Morgen habe ich Sehnsucht nach der Stimme meines kleinen Mädchens.“
Doch ehe sie wählte, drückte sie auf die Wiedergabetaste ihres Anrufbeantworters, um die einzige Nachricht abzuhören. Sie merkte zu spät, dass sie von Jim Faber kam.
„Ich fürchte, Colorado war ein Schlag ins Wasser, Kate“, sagte der Detektiv.
Kate fühlte einen Kloß in ihrem Magen. Sie wollte das Gerät ausschalten, aber ihre Hand hielt mitten in der Bewegung inne. Mitch hatte bereits genug gehört. Sie spürte seine Blicke auf ihr, während sie Jim zuhörte, der ihr mitteilte, dass niemand in Singleton von Molly Buchanan oder Molly Calhoon gehört hatte.
„Sie muss unter einem falschen Namen hier gelebt haben“, fuhr Jim fort. „Sagen Sie mir Bescheid, ob ich dranbleiben oder
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