Kennwort: Schwarzer Ritter
ihn um einen freien Tag gebeten.
Jetzt saß er am Küchentisch mit einer Tasse
café au lait
, der allmählich kalt wurde, und nickte bedächtig. Jess hatte Recht. Er musste es Kate sagen. Vielleicht wusste sie, was zu tun war, denn er wusste es ganz sicher nicht.
Ehe er sich entscheiden konnte, ob er in die Stadt fahren oder es riskieren sollte, von zu Hause aus zu telefonieren, klopfte es an die Tür. Er und Jess zuckten zusammen. Todd legte den Finger an die Lippen und ging zu dem kleinen Fenster, von dem aus man die Einfahrt überblicken konnte. Er lugte durch die blau-weißen Baumwollvorhänge. Ein Mann, den er nie zuvor gesehen hatte, stand vor der Tür. Den Kopf hatte er gesenkt und die Hände hinter dem Rücken versteckt.
Jessica stockte der Atem.
„Kennst du ihn?“ fragte Todd flüsternd.
„Ja. Ich meine, nein. Ich glaube, das ist Emile Sardoux. So hat Yvette ihn jedenfalls beschrieben.“
„Was macht er hier? Woher weiß er, wo wir wohnen?“
„Ich weiß es nicht.“ Sie packte ihn am Arm. „Wenn wir nicht aufmachen, glaubt er vielleicht, dass wir nicht zu Hause sind und verschwindet wieder.“
Aber der Renault vor der Tür war ein unmissverständlicher Hinweis auf ihre Anwesenheit. „Er hat den Wagen gesehen, Jess. Wir müssen ihn hereinlassen. Wenn ich es nicht tue, wird er nur noch misstrauischer.“ Er nahm Jessicas kalte Hand in seine. „Hab keine Angst“, sagte er, während er versuchte, seine eigene Panik zu unterdrücken, was ihm nicht besonders gut gelang. „Es wird schon alles gut.“
„Woher willst du das wissen?“
„Überleg doch mal. Wenn er ein Kopfgeldjäger wäre oder jemand, der auf eine Belohnung scharf ist, dann wäre er nicht hier. Sondern auf dem Polizeirevier, um mich anzuzeigen.“
„Vielleicht hofft er, dass du mehr bezahlst, als die Belohnung bringt.“
Todd schwieg ein paar Sekunden und dachte über diese Möglichkeit nach. Wenn der Mann hinter Geld her war, dann gab es kein Problem. Die dreihunderttausend Dollar, die er vor zwei Jahren in einer Schweizer Bank deponiert hatte, waren zu einem beträchtlichen Vermögen angewachsen. Selbst nachdem er Kate ihren Vorschuss bezahlt hatte, lag noch genug Geld für Notfälle auf dem Konto.
Was immer also der Mann – zumindest innerhalb eines vernünftigen Rahmens – wollte, konnte er ihm geben.
Ehe die Nerven mit ihm durchgingen, öffnete Todd die Tür. „
Oui?“
fragte er und hoffte, dass sein Französisch für ein Gespräch ausreichte.
Zu seiner Überraschung antwortete der Mann auf Englisch. „Guten Morgen“, sagte er mit einem leichten Kopfnicken. „Mein Name ist Emile Sardoux. Es tut mir Leid, dass ich Sie so früh störe, aber der Kapitän der
Ainara
sagte mir, dass Sie heute freigenommen haben. Deshalb habe ich mir gedacht, dass Sie vielleicht zu Hause sind, und bin auf gut Glück vorbeigekommen. Ich muss dringend mit Ihnen …“, er blickte über Todds Schulter, „… und der jungen Dame sprechen.“
Sein Hals war so trocken, dass Todd kaum schlucken konnte. Er ließ den Mann eintreten, nicht ohne sich zu vergewissern, dass er alleine gekommen war, obwohl er nicht wusste, was er hätte tun können, wenn plötzlich ein ganzes Kontingent von
gendarmes
aus dem Gebüsch gesprungen wäre.
„Sie sprechen sehr gut Englisch“, sagte er, während er versuchte, den Mann einzuschätzen. Er war so, wie Yvette ihn beschrieben hatte – durchschnittlich in jeder Beziehung, und stellte offenbar keine Bedrohung dar.
Sardoux’ braune Augen sahen ihn an, ohne zu blinzeln. „Ich habe ein Jahr lang an der Columbia Universität studiert.“ Er wandte sich an Jessica. „Ich hoffe, es geht Ihnen wieder besser, Mademoiselle.“
„Warum sollte es das nicht tun?“
„Ich habe Sie gestern Abend in der Bäckerei gesehen, als Ihnen übel war.“
Todd legte Jessica schützend den Arm um die Schultern. Er war sich bewusst, dass sie ein seltsames Bild abgaben: Drei Menschen, von denen sich zwei vor dem Gesetz versteckten und der dritte sie anzeigen wollte.
„Ich habe erfahren, dass Sie sich nach mir erkundigt haben“, sagte Todd und suchte das Gesicht des Mannes nach einer Reaktion ab.
„Ah. Dann haben Sie es also gehört.“
„Was wollen Sie?“
Sardoux sah ihn ruhig an. „Ich weiß, wer Sie sind, Mr. Buchanan.“
34.
KAPITEL
O bwohl ihn diese Worte nicht überraschten, trafen sie Todd bis ins Mark. Er blickte zu Jessica, die weiß wie die Wand geworden war. „Ich weiß nicht, wovon Sie reden“,
Weitere Kostenlose Bücher