Kennwort: Schwarzer Ritter
musste sich um ihre Sicherheit kümmern und sie an einen Ort schicken, wo die Reporter sie nicht finden würden, wo sie umsorgt oder noch besser verhätschelt wurden.
Er kannte einen solchen Ort.
Er wartete, bis das Schluchzen aufgehört hatte, ehe er sagte: „Komm. Setzen wir uns erst einmal hin.“ Er führte sie zu dem kleinen Sofa, auf dem sie noch vor kurzem gesessen hatten. Dann holte er ihr ein Glas Wasser und nahm erst neben ihr Platz, nachdem sie ein paar Schlucke getrunken hatte.
So ruhig wie möglich zählte er ihr die Möglichkeiten auf, die sie hatten. Aber keine war akzeptabel. „Die Wahrheit ist“, sagte er, „dass ich nicht länger auf der Flucht sein möchte, Jess. Besonders jetzt nicht, wo wir ein Baby bekommen. Unser Kind hat etwas Besseres verdient als so ein Leben.“
„Aber was dann?“ Ein Schluchzen ließ ihre Schultern erbeben. „Was können wir denn tun? Du hast doch gehört, was Sardoux gesagt hat. Wir haben achtundvierzig Stunden, vielleicht weniger. Was können wir in dieser kurzen Zeit schon machen?“
„Wir könnten zurückgehen.“
Mit offenem Mund ließ Jess sich in die Kissen fallen. „Zurück?“ wiederholte sie. „Nach Amerika?“
„Nur so weiß ich, dass ihr sicher seid, du und das Baby.“
„Und was ist mit dir?“ fragte sie weinend.
„Ich stelle mich.“
„Nein!“ Der Schrei schien direkt aus ihrer Seele zu kommen. Sie wäre vom Sofa gesprungen, wenn Todd sie nicht festgehalten hätte. „Das lasse ich nicht zu. Sie werden dich ins Gefängnis stecken.“
„Eine Zeit lang. Hoffentlich nur eine kurze Zeit lang.“
„Und wenn du dich irrst? Wenn sie dich für Monate einsperren? Jahre?“
Noch immer hielt er sie im Arm. „Du hast immer Vertrauen in Kate gehabt“, erinnerte er sie. „Hör jetzt bloß nicht damit auf.“
„Sie ist nur eine Anwältin, Will. Nicht Gott. Und wenn du festgenommen wirst …“
Sie brauchte den Satz nicht zu Ende zu bringen. Er wusste, was sie dachte – dass das Baby geboren wurde, wenn er im Gefängnis war. Der Gedanke war ihm auch schon gekommen. Er gefiel ihm nicht, aber er hatte keine Wahl. Er musste zurückgehen. Für Jessica. Für seine Familie.
„Ich rufe meine Eltern an“, sagte er, „und frage sie, ob du bei ihnen wohnen kannst.“
„Oh nein, Todd.“ Sie schüttelte den Kopf. „Sie kennen mich doch gar nicht. Wir können auf keinen Fall von ihnen erwarten, dass sie eine Fremde in ihrem Haus aufnehmen.“
„Du bist keine Fremde. Du bist meine Verlobte. Die Mutter meines Kindes.“
„Aber sie kennen mich nicht“, wiederholte sie eigensinnig. Sie trocknete ihre Tränen. „Vielleicht kann ich nach San Diego gehen – in das Haus meiner Eltern.“
„Sie werden dich nie so vor den Reportern beschützen können wie mein Vater. Und du bist dreitausend Meilen von mir entfernt. Willst du das wirklich?“
„Nein.“ Aber sie wehrte sich immer noch und suchte nach einer anderen Möglichkeit.
Todd brauchte weitere fünf Minuten, bis er sie so weit hatte, dass er den Anruf tätigen konnte. Als sie schließlich zustimmte, wählte er schnell die Nummer und war überrascht, dass er sich noch an die Zahlen erinnerte. Er hatte Lizzy erwartet, das Hausmädchen, oder seine Mutter. Zu seiner Überraschung hob sein Vater ab. Der Schock, ihn zu hören, war so groß, dass Todd einen Moment lang die Worte fehlten.
Die Stimme am anderen Ende wurde ungeduldig. „Hallo? Ist da jemand?“
Todd schluckte den Kloß in seiner Kehle hinunter. „Ich bin’s, Vater.“
In der Leitung herrschte Schweigen, und Todd konnte nur ahnen, welche Gefühle seinen Vater in diesem Moment überkamen. Als Lyle Buchanan endlich wieder sprach, klang seine Stimme leise und heiser. „Bist du das wirklich, Todd?“
„Ja.“ Todd blinzelte die Tränen weg, aber eine rollte seine Wange hinunter. Er wischte sie fort. „Es tut gut, deine Stimme zu hören, Vater.“
„Und deine.“ Die Sekunden tickten vorbei. „Geht es dir gut, mein Sohn?“
Todd wünschte, er hätte die Frage bejahen können. „Nicht wirklich.“
„Was ist denn los?“ Die Stimme seines Vaters war voller Sorge.
„Ich muss dich um einen Gefallen bitten, Vater.“
„Nenne ihn mir.“
Todd lachte. „Ist es nicht gefährlich, so einem Geflohenen zu antworten?“ Es war wohl kaum der rechte Zeitpunkt für einen Witz, aber er war so nervös, dass die Worte einfach aus ihm heraussprudelten.
„Du bist mein Sohn“, sagte Lyle nur. „Ich hätte dir auch früher schon
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