Kennwort: Schwarzer Ritter
gerechnet, dass Molly mit ihr gehen würde. Aber sie war gerade achtzehn geworden und wollte ihre eigenen Entscheidungen treffen. Sie hatte nur eins im Kopf: Sie wollte zusammen mit ihren Freunden auf die Georgetown Universität.“
„Hat sich deine Mutter Sorgen gemacht?“
Er lachte. „Sie war außer sich vor Angst, zumal ich in dieser Zeit bei Vargas Worldwide gearbeitet hatte und nur selten in Washington war.“ Er löste den Blick vom Feuer, griff nach der Videokassette und drehte sie in seinen Händen. „Ich habe sie erst öfter gesehen, als ich vor drei Jahren bei Worldwide gekündigt habe und zur Polizei gegangen bin. Da war sie aber schon mit Todd verheiratet und tat überhaupt nur das, was sie für richtig hielt.“
„Du hast Todd nie gemocht, stimmt’s?“
„Kein bisschen. Er war so ein Klugscheißer, der mit dem Geld und der Macht seines Vaters angab und sich mit den Berühmtheiten aus dem Sport brüstete, mit denen er verkehrte, und er verteilte Freikarten für den Super Bowl und die Weltmeisterschaften, als wären es Bonbons.“ Er schwieg ein paar Sekunden, dann hielt er die Kassette hoch. „Ich glaube, ich bin jetzt bereit, mir das mal anzusehen.“
Ohne ein Wort zu sagen, ging Kate zum Videorecorder, legte die Kassette ein und setzte sich wieder aufs Sofa. Sie drückte einen Knopf auf der Fernbedienung und beobachtete Mitchs Gesicht, als Todd auf dem Bildschirm erschien. Mitch zeigte keine Gefühlsregung und machte auch keine Bemerkungen. Hin und wieder ging er zum Kamin und stocherte im Feuer herum, während Todd weiterredete, oder er goss sich noch eine Tasse Kaffee ein. Aber Kate wusste, dass ihm kein Wort entging, auch wenn er nicht auf den Bildschirm schaute.
Genau wie Kate in ihrem Büro blieb auch er lange Zeit bewegungslos sitzen, nachdem das Band zu Ende war. Sie unterbrach seine Gedanken nicht. Gelassen griff sie zur Fernbedienung und spulte das Band zurück. Sie holte die Kassette allerdings nicht aus dem Gerät, obwohl sie bezweifelte, dass Mitch das Video noch einmal sehen wollte.
Als sie das Schweigen nicht länger ertragen konnte, blickte sie ihm ins Gesicht. „Nun? Wie lautet das Urteil?“
Mitch setzte seine Tasse ab. „Ich bin immer noch der Meinung, dass er diese kleine Rede ein Dutzend Mal geprobt haben kann, ehe er diese makellose Aufnahme gemacht hat.“
„Das ist schon möglich, aber ich glaube nicht, dass er es getan hat. Und ich glaube auch nicht, dass du das glaubst.“
„Ich habe ihn nie leiden können“, sagte er statt einer direkten Antwort. „Er war verantwortungslos, arrogant und ein unverbesserlicher Schürzenjäger.“
„Molly muss noch etwas anderes in ihm gesehen haben.“
„Ich nehme an, sie war geblendet von seinem Charme. Aber tief in ihrem Innern wusste sie, dass er nicht der Richtige für sie war. Sie hat ihn nur geheiratet, um …“
Kate streckte die Beine aus, die sie im Schneidersitz an sich gezogen hatte. „Um was …?“
„Nichts. Ist schon egal.“ Er ging zum Kamin und warf noch ein Holzscheit auf die verlöschende Glut. Orangefarbene Flammen schossen empor und tauchten den ganzen Raum in ein goldenes Licht. Er erzählt mir nicht alles, dachte sie, während sie auf seinen unbeweglichen Rücken sah. Etwas war ihm herausgerutscht, dann hatte er sich wieder unter Kontrolle. Warum? Was wusste er, das er nicht mit ihr teilen konnte?
„Du verschweigst mir etwas“, sagte sie.
„Es ist nicht wichtig.“
„Wenn es etwas mit dem Fall zu tun hat …“
„Kate, bitte!“ Er drehte sich zu ihr um. „Vergiss es, ja?“
Sein harscher Ton erschreckte sie. Fast hätte sie zurückgegiftet, aber sie ließ es bleiben. In den vergangenen achtundvierzig Stunden hatte er eine Menge Zugeständnisse gemacht. Warum sollte sie ihn jetzt bedrängen? Versöhnlich breitete sie die Hände aus. „Schon vergessen.“ Sie ließ ihn nicht aus den Augen, als er zum Sofa zurückkam. „Gibt es irgendetwas anderes, über das wir reden können? Etwas in diesem Fall, wo wir beide auf sicherem Grund stehen?“
Er holte tief Luft. „Todd hat sich verändert.“
„Das habe ich auch bemerkt. Ich meine, ich habe ihn nie persönlich kennen gelernt, aber ich habe ihn im Fernsehen erlebt. Er scheint … reifer geworden zu sein. Ja, ich glaube, das ist es.“
Mitch schwieg eine weitere halbe Minute. Dann fragte er: „Wie ist Jessica denn so?“
„Hübsch, zurückhaltend, gute Manieren. Überhaupt nicht die Frau, von der ich gedacht hätte, dass sie
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