Kennwort: Schwarzer Ritter
irgendwo?“
Alison suchte die Menge ab und schüttelte den Kopf.
„Kannst du ihn beschreiben?“
„Ich weiß nicht. Wir standen alle so dicht beieinander und wurden hin- und hergestoßen. Ich habe ihn nicht genau ansehen können, aber …“ Sie runzelte die Stirn, um sich zu konzentrieren. „Ich erinnere mich, dass da irgendwas mit seinem Ohr war.“
„Was meinst du damit, Alison?“
„Ein Ohr fehlte, oder ein Teil seines Ohrs.“
„Du hast doch eben gesagt, er trug eine Strickmütze?“
„Er hatte sie in die Stirn gezogen, aber ich konnte sehen, dass ein Teil seines Ohres fehlte.“
„Rechtes oder linkes Ohr?“
Alison überlegte eine Weile. „Rechts, glaube ich. Nein, links.“ Sie seufzte. „Ich bin mir nicht sicher.“
„Ich habe ihn auch gesehen“, sagte eine Frau aufgeregt, die in der Nähe stand. Aber weil er ihr den Rücken zuwandte, hatte sie nicht mehr bemerkt als den schwarzen Anorak, die Strickmütze und die Hast, mit der er verschwunden war. Alisons Aussage über ein verstümmeltes Ohr konnte sie nicht bestätigen.
„Officer“, schaltete Kate sich ein, „meine Tochter hat einen traumatischen Schock erlitten. Wenn Sie mit Ihren Fragen fertig sind, würde ich sie gern nach Hause bringen.“
„Noch einen Moment, Mrs. Logan. Ich habe noch ein paar Fragen an Ihre Tochter. Ich muss erst mit ein paar anderen Leuten sprechen, dann komme ich noch einmal zu Ihnen. Bis dahin verlässt niemand den Bahnsteig. Erst einmal fahren jetzt sowieso keine Züge. Die Strecke ist gesperrt worden.“
„Mitch, komm mal bitte her.“
Mitch folgte der Aufforderung seines Freundes, stand vom Schreibtisch auf und lief ins Nebenzimmer, in dem Tom Spivak und zwei weitere Detectives eine Sondersendung im Fernsehen verfolgten. „Was ist denn los?“
„In der Union Station ist gerade eine Frau von einem Zug überfahren worden.“ Tom deutete auf den Bildschirm. „Kate und Alison waren Zeuginnen.“
Als die Kamera über eine verstört blickende Menschenmenge fuhr, bemerkte Mitch sie – zwei Gestalten, blass und zusammengekauert.
„Sie wollten den Zug nach Cleveland Park nehmen“, erklärte Tom.
Mitch dankte ihm und lief hinaus.
Maria und Frankie waren schon im Haus, als Mitch mit Kate und Alison ankam. Er war gerade rechtzeitig an der Union Station angekommen, um sie nach Hause bringen zu können.
„Mein Gott, Boss, was muss das ein schrecklicher Anblick für Sie gewesen sein.“ Frankie schloss Kate fest in die Arme. „Und für dich, Kleines.“ Sie umarmte Alison ebenfalls. „Geht’s dir gut? Brauchst du irgendetwas?“
„Ich habe heißen Kakao gemacht“, sagte Maria.
„Ich glaube, ihr Magen ist ein bisschen durcheinander“, meinte Kate. „Aber trotzdem vielen Dank, Maria. Vielleicht später.“
„Was ist mit Ihnen, Detective Calhoon? Möchten Sie einen Saft? Oder vielleicht lieber etwas Stärkeres?“
Mitch lächelte. „Im Moment nicht, Maria. Aber ich komme auf Ihr Angebot zurück.“
„Ich habe von dem Unglück in den Sechs-Uhr-Nachrichten erfahren.“ Frankie nahm Kates und Alisons Mäntel und warf sie aufs Sofa. „Ich konnte nicht glauben, was ich sah. Es war schlimm genug zu hören, wie diese arme Frau ums Leben gekommen ist. Aber als ich dann erfahren habe, dass Sie und Alison das Ganze aus nächster Nähe gesehen haben …“ Sie schauderte und blickte zu Mitch. „Waren Sie auch dabei?“
Mitch schüttelte den Kopf. „Ich hab’s genauso erfahren wie Sie – im Fernsehen.“
Das Telefon klingelte. Maria nahm den Hörer ab und reichte den schnurlosen Apparat an Kate weiter. „Es ist Mrs. Fairchild.“
„Kate, meine Güte!“ rief Rose. „Ich habe die Nachrichten gesehen. Geht es dir und Alison gut? Soll ich zu euch kommen?“
„Es geht uns gut, Rose. Ein bisschen zittrig, aber sonst in Ordnung. Maria und Frankie sind hier, und Mitch auch.“
„Übernachtet einer von ihnen bei euch? Ich möchte nicht, dass ihr allein seid. Vielleicht solltet ihr lieber zu mir kommen. Mitch könnte euch doch bringen?“
Obwohl Kate die Besorgnis ihrer ehemaligen Schwiegermutter zu schätzen wusste, lehnte sie ihr Angebot freundlich ab. Sie und Alison brauchten jetzt etwas Zeit für sich. „Das ist wirklich nicht nötig, Rose. Dr. Blackstone, ein Freund von Mitch, kommt gleich und schaut nach Alison. Danach geht sie sofort ins Bett, und ich bleibe auch nicht mehr lange auf. Ich bin erledigt.“
„Nun gut.“ Rose klang enttäuscht. „Wenn du meinst.“
„Ja, Rose, ich
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