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Keraban Der Starrkopf

Keraban Der Starrkopf

Titel: Keraban Der Starrkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Umkreise mit großer Aufmerksamkeit. Sollte wohl heute Abend wieder ein Feuer auf den Hügeln der Umgebung erscheinen? Sollte ein Signal gegeben werden, welches der Führer später aufzusuchen kommen würde?
    Kein Feuerschein zeigte sich am Rande der Wiese, kein Signal leuchtete in größerer Ferne auf.
    Ahmet empfahl Nizib, mit größter Sorgfalt zu wachen; er band ihm auf die Seele, im ersten Augenblick nach der Lagerstelle zu kommen, wenn sich irgend etwas Auffälliges ereignete, ehe die Pferde nicht dahin zurückgebracht waren. Dann begab er sich eiligst nach der Schlucht von Nerissa.
Zwölftes Capitel.
Worin ein Gespräch zwischen der edlen Sarabul und ihrem Verlobten mitgetheilt wird.
    Als Ahmet sich seinen Gefährten wieder anschloß, waren die letzten Vorbereitungen zum Nachtessen und zum Schlafen wie gewöhnlich getroffen. Das Schlafzimmer oder vielmehr den allgemeinen Schlafraum bildete die hohe, geräumige, mit Winkeln und kleinen Einschnitten reichlich versehene Höhle, wo Jeder die Möglichkeit fand, sich nach Belieben bequem auszustrecken. Als Speisesaal diente ein ebener Theil des Lagerplatzes, wo herabgestürzte Felsen, Bruchstücke von Steinen u. s. w. als Sitze und Tische benützt werden konnten.
    Aus dem Karren, den der kleine Esel zog, hatte man den nöthigen Mundvorrath entnommen – und jener gehörte gewissermaßen selbst zu den Tischgästen, da ihn sein Freund Keraban speciell eingeladen hatte. Etwas Futter, welches hier leicht zu beschaffen war, sicherte ihm genügenden Antheil an dem Mahle und er gab auch seiner Zufriedenheit lauten Ausdruck.
    »Zum Essen, rief Keraban, zum Essen, liebe Freunde! Essen und trinken wir nach Gefallen! Desto weniger wird dieser brave Langohr bis Scutari zu schleppen haben.«
    Natürlich hatte sich bei dieser Tafel unter freiem Himmel, inmitten des von einigen Harzfackeln erleuchteten Lagerplatzes, Jedes nach Belieben niedergelassen. Im Hintergrunde thronte der Seigneur Keraban auf einem Felsstück, dem richtigen Ehrenplatze dieser kauenden Gesellschaft. Amasia und Nedjeb saßen neben einander, gleich zwei Freundinnen – denn hier gab es weder Herrin noch Dienerin – auf niedrigen Steinen und hatten einen Platz Ahmet aufbewahrt, der sich denn auch bald zu ihnen gesellte.
    Neben dem Seigneur Van Mitten hielten sich selbstverständlich zur Rechten der unvermeidliche Yanar, zur Linken die unzertrennliche Sarabul, und alle Drei hatten es sich vor einem großen Felsstück bequem gemacht, das die Seufzer des neuen Verlobten hätten erweichen können.
    Kauend und stöhnend lief Bruno, jetzt magerer als je, zur Herbeischaffung aller Bedürfnisse hin und her.
    Der Seigneur Keraban war nicht allein bei bester Laune, wie Einer, dem Alles nach Wunsch geht, sondern seine Freude machte sich auch seiner Gewohnheit gemäß in Scherzreden Luft, die der Mehrzahl nach seinen Freund Van Mitten zur Zielscheibe hatten. Das Eheabenteuer, das dem armen Mann zugestoßen – und nur aus Ergebung für ihn und die Seinigen zugestoßen war – reizte ihn immer zu beißenden Witzeleien. Binnen zwölf Stunden mußte ja die Sache ein Ende haben, und Van Mitten würde dann nichts mehr von dem kurdischen Geschwisterpaare hören. Gerade das verleitete Keraban aber desto mehr, so lange es ging, seinen Reisegefährten aufzuziehen.
    »Nun, Freund Van Mitten, es macht sich, nicht wahr? sagte er, sich die Hände reibend. Nun sind Sie am Ziel Ihrer Wünsche!… Gute Freunde geben Ihnen das Geleite. Eine liebenswürdige Frau, die Sie so glücklich unterwegs trafen, ist in Ihrer Gesellschaft!… Wahrlich, Allah hätte nicht mehr für Sie thun können, selbst wenn Sie einer seiner getreuesten Gläubigen wären!«
    Die Lippen etwas verziehend, sah der Holländer seinen Freund an, antwortete aber nichts.
    »Nun, was ist das, Sie schweigen? sagte Yanar.
    – Nein, ich rede… ich rede innerlich!
    – Mit wem? fragte eifrig die edle Kurdin, die ihn unsanft am Arme ergriff.
    – Mit Dir, theure Sarabul… mit Dir!« versicherte gegen seine Ueberzeugung der gedrängte Van Mitten.
    Dann stand er auf.
    »Uf«! machte er.
    Der Seigneur Yanar und seine Schwester erhoben sich in demselben Augenblicke und folgten ihm auf Schritt und Tritt.
    »Wenn es Ihnen recht ist, nahm die edle Sarabul das Wort in einem Tone, der jeden Widerspruch ausschloß, so verweilen wir in Scutari nicht länger als einige Stunden?
    – Wenn es mir recht ist?…
    – Sind Sie nicht mein Herr und Gebieter, Seigneur Van Mitten? setzte die Frau

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