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Keraban Der Starrkopf

Keraban Der Starrkopf

Titel: Keraban Der Starrkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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wußte man nun, und das war zufällig derselbe Saffar, an dem der Seigneur Keraban so wie so die schrecklichste Wiedervergeltung zu üben beschlossen hatte.
    Wenn nun auch die Falle, in welche die kleine Karawane gelockt worden war, offen vor Augen lag, so war die Gefahr deswegen nicht minder groß, da dieselbe ja jeden Augenblick einem ernsthaften Angriffe ausgesetzt sein konnte.
    Ahmet mit seinem entschlossenen Charakter trat denn auch sogleich mit dem einzig annehmbaren Vorschlag hervor.
    »Liebe Freunde, sagte er, wir müssen die Schlucht von Nerissa augenblicklich verlassen. Wenn man uns in diesem engen, von hohen Felsen überragten Engpaß überfiele, würden wir nicht lebend davonkommen.
    – Vorwärts also! antwortete Keraban. Bruno, Nizib und Sie, Seigneur Yanar, halten Sie darauf, daß alle Waffen jeden Augenblick in Bereitschaft sind!
    – Zählen Sie auf uns, Seigneur Keraban, versicherte Yanar, und Sie werden sehen, daß wir unseren Mann stellen, meine Schwester ebenso wie ich.
    – Gewiß, bestätigte die muthige Kurdin, während sie kampfeslustig den Yatagan schwenkte. Ich werde keinen Augenblick vergessen, daß ich jetzt noch einen Verlobten zu vertheidigen habe.«
    Wenn Van Mitten jemals eine tiefe Erniedrigung empfand, so war es in dieser Minute, wo er das unerschrockene Weib so reden hörte. Doch ergriff auch er einen Revolver, um im Nothfalle seine Pflicht zu thun.
    Alle klommen also den Engpaß hinauf, um nach den umgebenden Hochebenen zu gelangen, als Bruno, dem die Magenfrage stets am nächsten am Herzen lag, noch die Bemerkung machte:
    »Aber den Esel können wir doch hier nicht zurücklassen!
    – Wahrhaftig, erwiderte Ahmet, vielleicht hat uns Scarpante in einen entfernten Theil Anatoliens gelockt! Vielleicht befinden wir uns gar nicht so nahe bei Scutari, als wir glauben! Und auf diesem Karren befinden sich die einzigen, uns noch verbliebenen Nahrungsmittel.«
     

    Ahmet las… (S. 374.)
     
    Alle diese Voraussetzungen hatten ja viele Wahrscheinlichkeit für sich. Man mußte wohl fürchten, daß die Absicht des Verräthers dahin gegangen sei, die Ankunft des Seigneur Keraban und der Seinigen an den Ufern des Bosporus zu verzögern, indem er die Gesellschaft von ihrem Ziel mehr entfernte.
     

    Der Saum des Felsens bedeckte sich mit Feinden. (S. 379.)
     
    Freilich war jetzt keine Zeit, das eingehend zu überlegen; es galt zu handeln, ohne einen Augenblick zu verlieren.
    »Nun also, sagte Keraban, der Esel wird uns folgen; ich sehe auch gar nicht ein, warum er nicht mit fliehen sollte?«
    Damit packte er das Thier an der Halfter und versuchte, es zu sich heranzuziehen.
    »Vorwärts!« rief er.
    Der Esel rührte sich nicht.
    »Wirst du gutmüthig kommen?« fuhr Keraban fort, indem er tüchtig an der Leine ruckte.
    Der von Natur offenbar sehr starrsinnige Esel rührte sich nicht von der Stelle.
    »Schiebe ihn, Nizib!« sagte Keraban.
    Mit Hilfe Brunos suchte Nizib den Esel von rückwärts zu schieben… Der Esel drängte eher mehr rückwärts als vorwärts.
    »Aha, du setzest wohl den Kopf auf! rief Keraban, der schon ernstlich bös zu werden anfing.
    – Sehr schön! murmelte Bruno. Ein Dickkopf gegen den anderen!
    – Du willst mir widerstehen… mir? fuhr Keraban fort.
    – Ihr Herr hat seinen Meister gefunden! sagte Bruno zu Nizib, freilich mit der nöthigen Vorsicht, nicht gehört zu werden.
    – Das sollte mich wundern!« antwortete Nizib im nämlichen Tone.
    Inzwischen wiederholte Ahmet immer ungeduldiger:
    »Aber wir müssen fort!… Wir dürfen keine Minute zaudern… lassen wir doch den Esel laufen!
    – Ich!… Ihm nachgeben!… Niemals!« rief Keraban. Dabei faßte er den Esel an den langen Ohren und schüttelte dessen Kopf, als wolle er jene abreißen.
    »Wirst du wohl gehen?« schrie er jenen an.
    Derselbe wich und wankte nicht.
    »Ah, du willst mir nicht gehorchen!… sagte Keraban. Nun, ich werde dich schon zu zwingen wissen!«
    Keraban lief nach dem Eingange der Höhle, riß daselbst einige Hände voll Gras heraus und machte daraus ein Bündelchen, das er dem Esel hinhielt. Dieser that einen Schritt vorwärts.
    »Aha, rief Keraban, dessen bedarf es, um dich in Trab zu bringen!… Nun, bei Mohammed, du wirst schon laufen lernen!«
    Gleich darauf band er das Grasbündel an die äußerste Spitze der Karrendeichsel, aber in hinreichender Entfernung, daß der Esel, selbst wenn er den Kopf vorstreckte, es nicht erreichen konnte Der Erfolg war der, daß das durch die Lockspeise,

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