Keraban Der Starrkopf
ziemlich schwierige, aber doch nicht unbedingt hinderlich für das Fortkommen zu Lande. Auf den Landstraßen findet man Postrelais, und ebenso kann man zu Pferde reisen, wenn man Proviant, Lagerzelt und Kocheinrichtungen mitnimmt, wozu gewöhnlich ein Führer gemiethet wird, wenn man es nicht vorzieht, sich einem Tataren anzuschließen, das heißt einem mit dem Postdienst betrauten Courier; da dieser jedoch nur eine im voraus bestimmte Zeit darauf verwenden darf, von einem Orte zum andern zu gelangen, ist es sehr anstrengend, wenn nicht gar für den, der an das Zurücklegen längerer Wegstrecken nicht gewöhnt ist, fast unmöglich, ihm zu folgen.
Es versteht sich von selbst, daß der Seigneur Keraban nicht daran dachte, auf diese Weise um das Schwarze Meer zu reisen. Er wollte schnell, doch jedenfalls ohne Unbequemlichkeit fortkommen. Das war nur eine Geldfrage, und eine solche Frage war nicht dazu angethan, den reichen Kaufmann aus der Vorstadt Galata überhaupt zu berühren.
»Nun gut, sagte Van Mitten ganz resignirt, da wir nun nicht mit der Eisenbahn und auch mit keinem Schiffe reisen werden, wie sollen wir überhaupt fortkommen, Keraban?
– In meinem Postwagen.
– Mit Ihren Pferden?
– Mit Relaispferden.
– Und werden wir solche auf der ganzen Wegstrecke immer zur Hand haben?
– Ohne Zweifel.
– Das wird Ihnen ein schönes Stück Geld kosten!
– Das wird kosten, was es eben kostet! antwortete Seigneur Keraban, der wieder warm zu werden anfing.
– Nun, unter tausend Pfund Türkisch 1 werden Sie nicht davon kommen, und vielleicht werden’s gar fünfzehnhundert!
– Meinetwegen! Tausend oder Millionen! rief Keraban. Ja, Millionen, wenn’s sein muß. Sind Sie mit Ihren Einreden zu Ende?
– Ja, antwortete der Holländer.
– Es war auch Zeit!«
Die letzten Worte stieß er in einem Tone heraus, daß Van Mitten es für gerathen hielt, zu schweigen.
Er bemerkte seinem rechthaberischen Wirthe nur noch schüchtern, daß eine solche Reise beträchtliche Ausgaben verursache, daß er von Rotterdam eine größere Summe erwarte, welche er als Depot in die Bank von Constantinopel einzahlen wollte, und daß er gegenwärtig nicht mehr Geld übrig habe, als…
Da schloß ihm Seigneur Keraban aber den Mund mit den Worten, daß alle Reisekosten ihn allein angingen, daß Van Mitten von ihm eingeladen sei und daß der reiche Kaufmann aus Galata nicht die Gewohnheit habe, seine Gäste bezahlen zu lassen; ferner daß… »
et caetera!
«
Auf dieses
et caetera
schwieg der Holländer und that sehr wohl daran Wenn Seigneur Keraban nicht im Besitze eines alten Wagens englischen-Fabrikats gewesen wäre, den er schon früher erprobt hatte, so wäre er für diese lange und beschwerliche Reise auf eine türkische Araba beschränkt gewesen, die gewöhnlich mit Ochsen bespannt wird. Der alte Reisewagen aber, mit dem er schon die Fahrt nach Rotterdam gemacht, befand sich noch immer in seiner Remise, und zwar in bestem Zustande.
Für drei bis vier Reisende war die Chaise vortrefflich eingerichtet. Vorn zwischen den Schwanenhalsfedern trug die eigentliche Kutsche einen gewaltigen Kutschkasten für Proviant und Gepäck; hinter demselben hing ein Behälter, über dem ein Cabriolet angebracht war, auf dem zwei Diener bequem Platz hatten. Der Wagen bot freilich keinen Sitz für den Führer, der hier meist auf einem Pferde reitet.
Das Ganze erschien etwas altmodisch und hätte wohl Kennern des modernen Wagenbaues ein Lächeln abnöthigen müssen; das Gefährt war jedoch solid, hatte tüchtige Achsen, Räder mit breiten Felgen und dicht stehenden Speichen, und hing in Stahlfedern bester Sorte, welche weder zu weich noch zu hart waren, um den Stößen, wie sie auf den kaum gebahnten Landstraßen unvermeidlich sind, gut Widerstand zu leisten.
In diesem Beförderungsmittel, in welchem Van Mitten und Keraban das eigentliche Coupé einnahmen, welches Glasfenster mit Schutzgardinen hatte, während Bruno und Nizib hoch auf dem Cabriolet thronten, vor dem sich noch ein kleines Schiebfenster befand, hätten sie bequem bis China fahren können. Glücklicherweise erstreckte sich das Schwarze Meer nicht bis zur Küste des Stillen Oceans, sonst hätte Van Mitten jetzt gar noch die Bekanntschaft des Himmlischen Reiches machen müssen.
Die nöthigen Vorbereitungen wurden unverzüglich getroffen. Wenn Seigneur Keraban auch noch nicht am nämlichen Abend abreisen konnte, wie er es vorher in der Hitze des Gefechtes gesagt, so wollte er sich
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