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Kerker und Ketten

Kerker und Ketten

Titel: Kerker und Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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der Händler in gebeugter Stellung vor dem Ankömmling und begrüßte ihn mit überschwenglicher Höflichkeit.
    »Es salam alejkum, Aisad Effendim, was verschafft mir die große Ehre deines Besuches, großer Kapudan?«
    Der Ankömmling blickte über die gebeugte Gestalt des Händlers hinweg. Seine stechenden Augen bohrten sich in Michel und Ojo, die endlich Gelegenheit gefunden hatten, ihre Ölkuchen zu essen.
    »Was sind das für Männer?« fragte Aisad den Händler mit scharfer, leiser, aber fast zischender Stimme.
    »Ich weiß nicht, Effendim«, richtete sich der Gefragte auf. »Sie müssen Fremde sein, die noch nicht lange in Ifrikija weilen. Sie kamen herein, und der eine bestellte lumpige Ölkuchen, obwohl er einen wohlgefüllten Beutel unter dem Burnus trägt.«
    Die Lider Aisads zogen sich zu einem Schlitz zusammen.
    »Sag ihnen, wer ich bin, damit sie mir Respekt erweisen«, zischte er.
    Der Händler wandte sich mit serviler Schnelligkeit um und schnauzte seine Kunden an:
    »Könnt ihr euch nicht verbeugen, ihr Bettler, ihr Halunken, ihr Habenichtse, wenn einer der höchsten Würdenträger des erhabenen Bej vor euch steht?«
    Statt einer Antwort schob Michel gemächlich den letzten Bissen in den Mund und wischte sich die öligen Finger am Burnus des nur zwei Schritte entfernt stehenden Händlers ab. Noch immer kauend meinte er:
    »Woher sollen wir wissen, wer dieser Unbekannte ist? Er sieht aus wie jeder von uns, wie du und ich, nur daß er nicht so fett ist wie du, was ihn mir sympathischer macht.«
    Dem Händler blieb vor Schreck der Mund offen stehen. Er rang nach Luft. Er fürchtete für seinen Kopf und sämtliche Köpfe seiner Familie und seiner ganzen Verwandtschaft; denn Aisad war allgemein gefürchtet. Er war der Polizeichef des Bej und als solcher wie alle Polizeichefs unter selbstherrlichen Herrschern grausam, brutal, unmenschlich und voller Haß gegen alle Fremden.
    Michel wollte den Gewaltigen von Tunis nicht unnötig herausfordern. So führte er mit kurzer Geste die Hand an die Stirn, nickte leicht und sagte kurz:
    »Sal.«
    Aisad stand mit unbeweglicher Miene an der Tür. Er schien offensichtlich nicht zu wissen, wie er sich seiner Würde und seinem Ruf entsprechend in diesem Augenblick zu verhalten habe. Der Händler hatte indessen seine Sprache wieder gefunden. Seine Worte überschlugen sich fast, als er die beiden Freunde zurechtwies. Michel hörte sich das Gerede eine Weile an, zuckte dann aber gelangweilt mit den Schultern, wandte sich an Ojo und bedeutete ihm durch seine Gebärde, daß sie nun gehen wollten.
    »Halt! — Bleibt!« kam die unangenehme Stimme Aisads. Michel und Ojo blieben stehen.
    »Willst du etwas Besonderes? Dann sag es schnell. Wir haben keine Zeit zu verlieren.« Der Polizeichef betrachtete die beiden kritisch vom Kopf bis zu den Zehenspitzen. »Du hast viel Geld bei dir, wie ich hörte«, sagte Aisad in einem Ton, der niemanden sonst zum Widerspruch gereizt hätte. »Zeig mir, wieviel es ist!«
    Michel gab seinem Gesicht einen verwunderten Ausdruck, schüttelte den Kopf und antwortete: »Kümmere dich um deine Angelegenheiten und laß uns in Frieden ziehen. Wir haben dich nicht belästigt, so belästige auch uns nicht. Salam alejkum.« Damit trat er an Aisad vorbei ins Freie, und Ojo folgte ihm.

49
    Langsam, fast gemächlich, banden sie die Pferde los und stiegen mit geruhsamer Würde in den Sattel. Die Pferde zockelten dahin, und ihr gleichmäßiger Huf schlag hallte von den Wänden der engen Gasse wider.
    »Ja«, nahm Michel das Gespräch auf, »nun werden wir uns einmal darum kümmern müssen, Marina oder wenigstens eine Spur von ihr zu finden.«
    »Vielleicht ist sie gar nicht nach Konstantinopel gebracht worden«, meinte Ojo hoffnungsfreudig. »Vielleicht hat sie so ein tunesischer Pascha gekauft.« »Möglich ist alles, amigo. Ist sie hier, so wird sie sicherlich irgendwo an sichtbarer Stelle ihr Zeichen angebracht haben. Bueno, reiten wir durch alle Straßen von Tunis und vergewissern wir uns, ob irgendwo ein mit den Seeräuberinsignien der »Trueno«besticktes Fahnentuch am Fenster flattert. In erster Linie kämen dafür wohl die Fensterfronten der Kasbah in Frage. Der Bej wird sicher manche schöne Frau von Sklavenhändlern gekauft haben.«
    »Schon richtig, Senor Doktor, aber was machen wir, wenn dieser Mustapha die Gräfin weder hier noch in Konstantinopel verkauft hat? Ich muß Euch ehrlich sagen, daß ich daran zweifle, sie je zu finden.«
    »Das wäre

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