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Kerrion 3 - Traumwelt

Kerrion 3 - Traumwelt

Titel: Kerrion 3 - Traumwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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gegenwärtig keinen Pfennig, nicht einen einzigen Pfennig besitze.
    Ob sie ihm mit fünfzig Büro aushelfen dürfe, fragte Ina. Die Verblüffung hatte ihr diesen Vorschlag eingegeben. Herr Sieger drehte einen Augenblick die Augen weg, bekam sie aber wieder in die Gewalt, faßte Ina würdevoll wie noch an keinem Augenblick des Abends, ja geradezu streng ins Auge und sagte: »Ich würde dies Angebot gerne annehmen.«
    Es war etwas geschehen, mit dem weder Hans noch Ina hatten rechnen können. Ein gesunder, junger Mensch stellt sich Veränderungen des Lebens stets als äußeres Ereignis vor: ein neuer Beruf, eine neue Liebe, ein großer Erfolg, neue Menschen, eine neue Stadt, ein neues Land. Wer klug ist, mag hier auch allfälliges Unglück in Rechnung ziehen, denn wir bewegen uns auf dünnem Eis, unsere Schritte erzeugen ein Knistern, das der Lebenserfahrene hören kann, der Bruch der Eisdecke eines Tages ist das zu Erwartende. Im Kleinen war das selbst dem glücksbegabten Hans so geschehen. Man zog sich sorgfältig an, um zu einer wichtigen Verabredung zu eilen, setzte sich aufs Fahrrad, sauste davon auf gewohnten Wegen, auf denen jeder Stein einem vertraut war, geriet bei dem Versuch, einem entgegenkommenden Auto auszuweichen, mit dem Vorderrad zu nah an den Bordstein, schlidderte die Kante entlang und flog schließlich über das Lenkrad hinweg auf den Asphalt. Die Hosen waren zerrissen, die Hände, die sich aufgestützt hatten, blutig verschrammt, das Knie tat weh, mußte durchleuchtet werden und war angebrochen. Die Verabredung fiel aus, die nächsten Tage verliefen völlig anders als geplant, das alles hatte sich in einer einzigen Sekunde entschieden. Ein philosophischer Augenblick war das, wenn man es recht bedachte und seine Schlüsse daraus zog. Solche Einbrüche hinzunehmen und gar anzunehmen und zu überwinden, wurde vom erwachsenen Menschen erwartet. Das Scheitern aller Pläne war immer mit einzurechnen.
    Was aber geschah, wenn gar nichts Schlimmes geschah: niemand gestorben, kein Haus abgebrannt, keine Schulden und keine Krankheit, und das Leben, das weiterhin nicht aufhörte, sich wie vorgesehen und erhofft und angestrebt zu entwickeln, dabei unversehens eine neue Farbe annahm, einen unerwarteten Geruch, eine Eintrübung des Lichtes hinnehmen mußte, wenn die Luft dicker wurde und das Atmen zur Arbeit?
    Ina dachte an Herrn Siegers Worte über sein Haus, das einem anderen Jahrhundert entstammte und sich nun in einer Welt befand, für die man es nicht geplant hatte. Ohne sich selbst verändert zu haben, war es plötzlich etwas Minderwertiges, Schäbiges geworden. Was ihr eigenes Befinden anging, das ließ sich gewiß nicht mit einem solchen Haus vergleichen, aber sie war durch Siegers Worte auf eine Spur gesetzt wor-den. Wie gut es ihr ging. Wie froh sie war, Hans geheiratet zu haben und mit ihm als seine Frau zu leben, was sie beide jahrelang angestrebt hatten - die Verlobungszeit zog sich auch deshalb so lange dahin, weil Ina ihre Mutter zunächst unbedingt im Guten bewegen wollte, die Zustimmung zu dieser Ehe zu geben, erst als das aussichtslos war, erklärte sie, Hans dennoch zu heiraten. Von diesem Tag an hatte Frau von Klein sofort alle Bedenken fallenlassen und sogar behauptet, sie sei von Anfang an für diese Ehe gewesen, aber die jungen Leute wüßten eben nie, was sie wollten. Wie sehr dieses Leben, das Ina jetzt führte, ihren Hoffnungen und Absichten entsprach, gerade auch, was die Zurückgezogenheit anging, die sich aus der Fremdheit der Stadt ergab; beide hatten sich vielfach versichert, wie sie sich danach sehnten, die Vielzahl der Leute loszuwerden, die Ansprüche an sie erheben durften. Wie zufrieden sie sein konnte mit dem Renovieren und dem Einkaufen für die Wohnung - all dies stand als unbestreitbares Glück vor ihren Augen.
    Alles war, wie es sein sollte - und doch, alles war zugleich ungreifbar anders als erhofft und erwartet. Das Freudenfeuer-chen, das immerfort gebrannt hatte, wenn sie zusammen waren, war erloschen. Aber wann genau? Erst bei der Rückkehr von der Italien-Reise mit Frau von Klein? Während dieser Reise? In den Tagen danach? Hatte dieses Erlöschen mit der Reise zu tun? Ina machte sich insgeheim Vorwürfe gereist zu sein. Sie sah jetzt, was ihre Mutter ihr da zugemutet hatte: Den jungen Ehemann allein zu lassen bei neuer Stelle und ohne Wohnung und sich dann bei der Rückkehr ins gemachte Nest zu setzen. Und wenn sie sich auch nicht in regelrechte Selbstanklagen

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