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Kerstin Gier 2

Kerstin Gier 2

Titel: Kerstin Gier 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mutter-Mafia und Friends
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landet er in der Wanne, auch wenn » Lillifee-Schaum total Kacke ist!«.
    Wie sich herausstellt, hat er den Badezusatz von Großtante Erna, die wohl dachte, Joris sei ein Mädchenname.
    Nachdem ich Joris davon überzeugt habe, dass jede Form von Widerstand zwecklos ist, weil ich im Zweifelsfall stärker bin, hockt er auf einmal selig lächelnd im warmen Wasser und beginnt zu summen. Vielleicht hat so ein Schaumbad ja eine ähnlich beruhigende Wirkung auf ihn wie auf mich?
    Plötzlich beginnt es seltsam zu riechen.
    Der Geruch überdeckt sogar den des Badezusatzes.
    Ich ziehe meine Nase kraus und dann dämmert es mir: »Hast du etwa gerade Pipi in die Wanne gemacht?«, frage ich entsetzt. Entsetzt, weil ich die Vorstellung des Vorgangs an sich eklig finde, und entsetzt, weil ich anstatt »in die Wanne zu urinieren« (wahlweise auch pinkeln) Pipi machen gesagt habe. Unfassbar!
    Am Ende dieses Tages hat sich mein Sprachschatz bestimmt um ein Drittel reduziert. Ich sollte wirklich KEINE Kinderbücher schreiben, das ist nicht gut für mich.
    Joris grinst und legt dabei eine Zahnlücke frei. »Ja, hab ich. Gut, oder?«
    »Ja, ganz toll!«, antworte ich, dass es vor Ironie nur so trieft. Allerdings: Verstehen Kinder überhaupt, was Ironie ist? Ich beschließe, mit der Beantwortung dieser Frage zu warten, bis Jo wieder daheim ist, und stattdessen Moppel zu suchen. Doch Moppel bleibt verschwunden. Ich suche und suche und kenne nach einer Weile die Wohnung garantiert besser als Jo selbst. Während ich auf allen vieren hinter jedes Möbelstück krabble und grenzdebil »Moppel, wo bist du?« rufe, verfange ich mich erneut in einer Kindheitserinnerung: Die beliebte TV -Serie Ich heirate eine Familie mit der unsäglich spießigen Thekla Carola Wied und dem ewig gut gelaunten Peter Weck. Darin entfleucht eines Tages der Familienhase mit Namen Bommel, und ich erinnere mich wie heute daran, dass der blond gelockte Sprössling, den ich lange Zeit irrtümlich für ein Mädchen hielt, mit kindlichem Lispeln und todtrauriger Miene klagte: »Bommeliswech!« (Kleine Übersetzungshilfe: Bommel ist weg.)
    Ich überlege fieberhaft: Wohin hatte sich das blöde Kaninchen damals geflüchtet? Vielleicht würde mir die Erinnerung daran ein bisschen auf die Sprünge helfen?
    Doch bevor ich eine Antwort darauf finde, steht auf einmal Jo (der Vater) vor mir, den ich gar nicht habe kommen hören. »Violetta, alles klar? Was machst du denn auf dem Fußboden?«
    Ich sage reflexartig »Moppeliswech!« und richte mich wieder zur vollen Größe einer Erwachsenen auf. Jo lacht. »Der ist garantiert hinter dem Küchenbord, mach dir keine Sorgen. Aber kannst du mir verraten, wo Joris steckt?«
    Als ich ihn zuletzt gesehen habe, hat er in die Wanne gepinkelt … »Ist er nicht im Bad?«, frage ich mit gespielter Unschuldsmine und bis zum Hals klopfendem Herzen.
    Oh Gott, ich habe ein dreijähriges Kind alleine in einer mit Wasser gefüllten Wanne sitzen lassen. Da hätte ich ihn genauso gut gleich eigenhändig ertränken können.
    »Klasse!«, freut Jo sich. »Dann wäre das doch auch schon mal erledigt. Jo müsste übrigens auch jeden Moment da sein. Hast du Lust auf ein Glas Wein?«
    »Klar gern, bin gleich wieder da«, antworte ich und sprinte Richtung Badezimmer. Ich wage es kaum, um die Ecke zu schauen.
    Doch ich habe Glück.
    Mehr Glück als Verstand, würde ich sagen.
    Joris hat zwar das halbe Badezimmer unter Wasser gesetzt, aber er sieht happy aus – und das Allerwichtigste: Er lebt!
    »Na, dann wollen wir dich mal abtrocknen, mein Kleiner«, tiriliere ich und hülle Joris in ein Badelaken. Ich bin so erleichtert, dass ich ihn nicht umgebracht habe, dass ich Joris spontan einen Schmatzer auf die Wange drücke. Der Kleine sieht mich erst ungläubig an (hoffentlich haut er mir nicht gleich eine runter!) und schmiegt sich dann an mich. »Hab dich lieb, Tante Vio«, flüstert er kaum hörbar.
    Gleich fange ich an zu weinen.
    Wir sitzen noch eine ganze Weile regungslos auf dem Badezimmerhocker, und ich bekomme allmählich eine Ahnung davon, was Eltern meinen, wenn sie sagen »Aber wenn er/sie/es mich anlächelt, dann ist alles andere unwichtig!«
    Als ich nach einem gemeinsamen Abendessen mit Jo, Jo, Joris und Moppel wieder zu Hause bin, werde ich nachdenklich.
    Was für ein Tag!
    Trotz allem, was ich heute gelernt habe, gilt es noch zwei wichtige Fragen zu klären: »Kannst du mir bitte verraten, weshalb dein Sohn Benny sich mit zehn schon Pornovideos im

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