Kerstin Gier 2
in der Art jedenfalls.
Annika war erstaunt, Tobias an der Strippe zu haben, und sie staunte noch mehr, als er ihr erzählte, dass er soeben eine schwarze Katze im Garten gesehen habe, die ausgesehen habe wie Rosine. Es sei schon dämmrig gewesen, und natürlich sei es nicht Rosine gewesen, aber er habe an Annika denken müssen, und es seien ein paar Fragen aufgetaucht, die ihm keine Ruhe gelassen hätten, und da habe er spontan zum Telefonhörer gegriffen, trotz der verhältnismäßig späten Stunde. Ob er sie gestört habe?
»Nein, du störst nicht … Fragen? Welche Fragen denn?«, wollte Annika wissen.
»Was sind deine Lieblingsblumen?«
Sie lachte. »Oh, das ist schwierig zu beantworten. Ich habe so viele. Ich liebe Blumen! Besonders gern mag ich Rosen, Flieder, Maiglöckchen, Margeriten, Klatschmohn, Schlüsselblumen. Pfingstrosen! Am liebsten die dunkelroten! Wicken, Tulpen. Soll ich noch mehr aufzählen?«
»Danke, das reicht für den Anfang«, sagte Tobias ein bisschen atemlos, denn sein Herz hatte soeben einen Purzelbaum geschlagen. Sie liebte Margeriten und Klatschmohn! Er hatte also Recht gehabt mit seiner Vermutung, dass diese Wiesenblumen zu ihr passten.
»Ich würde gerne noch etwas anderes wissen …«
»Nur zu«, antwortete Annika. »Allerdings hätte ich auch mal eine Frage. Warum willst du denn auf einmal wissen, was immer du von mir wissen willst?«
Tobias sagte:
»Na ja, es ist so, dass im Zusammenhang mit dir seltsame Gedanken in meinem Kopf aufgetaucht sind, begleitet von seltsamen Impulsen. Ich würde gern wissen, woran das liegt. Es ist übrigens das erste Mal, dass ich spontan eine Frau anrufe, die ich kaum kenne, weil ich das unwiderstehliche Bedürfnis verspüre, ihr seltsame Fragen zu stellen. Ich bin Softwareentwickler und ein sehr sachlicher Mensch, der normalerweise gründlich nachdenkt, bevor er handelt. Es ist mir ein Bedürfnis, Dinge logisch zu erfassen. Es hat nichts mit Logik zu tun, wenn ich an Pfirsiche und azurblauen Himmel denke, wenn ich dich sehe.«
»Und das ist der Fall?«, erkundigte sich Annika nach einer kleinen Pause leise.
»Es ist vorgekommen, ja«, gab Tobias zu. »Es interessiert mich übrigens brennend, was du beruflich machst. Das ist meine nächste Frage.«
»Gut, dass es nicht meine BH -Größe ist, die dich brennend interessiert, diese Antwort hätte ich verweigert. Ich bin Apothekerin.«
»Das hätte ich jetzt nicht vermutet. Du siehst nicht aus wie eine Apothekerin. Die Apothekerinnen, die ich kenne, haben kurze Haare, eine Brille und einen strengen Blick.«
Sie lachte. »Und nach welchem Beruf sehe ich aus?«
»Für mich siehst du wie jemand aus, der sich mit den schönen Dingen des Lebens befasst. Mit Kunst oder mit Natur zum Beispiel.«
»Das tue ich tatsächlich. In meiner Freizeit. Ich male und zeichne viel, am liebsten draußen. Übrigens hat mein Beruf auch viele schöne Seiten! Aber möchtest du mir nicht mehr über dein Problem mit Pfirsichen und azurblauem Himmel im Zusammenhang mit meiner Person erzählen? Ich würde auch gerne etwas über die beunruhigenden Impulse erfahren. Darunter kann ich mir so gar nichts vorstellen.« Sie klang amüsiert.
»Na ja, zum Beispiel hatte ich den Impuls, dich zu einem Eisbecher einzuladen. Und vorhin hätte ich dich beinahe umarmt.«
»Hmmm …«, machte Annika, und es klang in Tobias’ Ohren wie ein Schnurren. Aber dann seufzte sie, so wie jemand seufzt, dem gerade alles zu viel ist. Und das war ja auch kein Wunder. Sie hatte sich gerade von ihrem Freund getrennt und grübelte wahrscheinlich über ihr Pech in der Liebe nach. Und dann klingelte das Telefon, und der Mann von nebenan verzapfte kompletten Unsinn, für den sie keinen Nerv hatte, und wer wollte es ihr verdenken? Was er von sich gegeben hatte, war einfach nur peinlich, megapeinlich!
Sein Gesicht brannte, er fing an zu schwitzen, so heiß war ihm auf einmal. Warum hatte er sie angerufen und Unsinn geredet? Warum? WARUM ? Er wäre besser dreimal um den Block gelaufen, bis der Impuls vorüber gewesen wäre, anstatt sich so zum Affen zu machen wie noch nie in seinem Leben.
»Ich hätte nicht anrufen sollen«, sagte er. »Ich habe kompletten Unsinn geredet. Vergiss einfach alles, was ich gesagt habe. Sorry.«
»Schon okay«, sagte sie, und ihre Stimme klang auf einmal kühl. »War der Wein denn gut?«
»Welcher Wein? … Ach so! Du denkst, dass ich einen in der Krone habe.«
»Und ist es nicht so?«, kam es zurück, und die Stimme
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