Kerstin Gier 2
nicht grundsätzlich ablehnen würde.
Sabine, die immer das Haus verlässt, wenn der Ehemann mal wieder »Der Herr der Ringe« anschaut. Grauenhaft, diese kleinen Männchen mit den behaarten Füßen!
Montag
Ich habe die Geschichte weniger als Fantasy gesehen, sondern mehr als Metapher, die spielerisch mit den Klischees vom »Schwiegermuttermonster« aufräumt − dahinter steckt meines Erachtens eine sehr tiefgehende, psychologische Botschaft. Ich erwäge ernsthaft, mir von dieser Autorin ein weiteres Buch zu besorgen.
Frauke
Montag
Das ist die bisher realistischste Geschichte im ganzen Buch. Echt jetzt.
Liebe Grüße von Sonja
Montag
Stimme dir zu, Sonja, die Geschichte enthält verdammt viel Wahrheit, und ich fand es erfrischend, dass es zur Abwechslung mal nicht um Kinder ging. Fühlte mich sehr an meine Schwiegermutter erinnert. Vor allem der Satz: »Sie war fast achtzig, behauptete aber, dass sie als meine ältere Schwester durchgehen könne, rein vom Frischegefühl her« . Im Ernst: Meine Schwiegermutter hat neulich auf meinen Hals gezeigt und gesagt: Du hast da ja mehr Runzeln als ein Elefant am Hintern.
Sybille
Heide John
Zelten
»Was ist das denn für eine schräge Idee?«, fragte Franziska, ließ das Gemüsemesser sinken und drehte sich um.
»Ach Schatz, weißt du nicht mehr, wie schön das früher war?«, schwärmte Michael und setzte das Lächeln auf, mit dem er sie immer überzeugen konnte. Fast immer zumindest.
»Früher«, sagte Franziska unbeeindruckt, »waren wir Studenten, frisch verliebt, hatten so gut wie kein Geld und …« – sie betonte jedes Wort – »was das Allerwichtigste ist: Wir hatten keine Kinder!«
Michael erhob sich von einem der quietschgelb gestrichenen Küchenstühle. Er brauchte drei Schritte, bis er seiner Frau die Hände auf die Schultern legen konnte. »Für die Kinder wäre das eine tolle Erfahrung: Natur pur, Spontanität, ein flexibles Dach über dem Kopf …«
»Oh ja, Natur pur! Bei Regen dampft man im Zeltinneren dicht aneinandergedrängt vor sich hin; wenn es heiß ist, schwitzt man sich die Seele aus dem Leib, und die Naturerfahrung besteht darin, dass man ein winziges Stückchen Erde zur Verfügung hat und rundum Nachbarn, die ihre Wäsche direkt vor einem aufhängen. Um gar nicht erst von brüllenden Kids, Jugendlichen mit laut aufgedrehten Ghettoblastern und dem ganzen kleinen Getier zu reden, das auf solchen Plätzen fleucht und kreucht. Und die ganze Arbeit: Zelt fegen, kochen, spülen. Da kann ich ja gleich zu Hause bleiben. Nein danke, Micha! Ohne mich.«
Franziska zog die Schultern auf Kinnhöhe. Michael nahm automatisch seine Hände herunter. »Hier, du kannst Möhren schnippeln, das ist eine sinnvolle Beschäftigung«, schob sie noch nach und drückte ihrem Mann das Gemüsemesser in die Hand.
Michael nahm sich ein Schneidebrett und schnitt die restlichen Karotten in ungleichmäßig dicke Stücke. Franziska rührte in einem Topf, in dem eine große Portion Goldhirse leise vor sich hin köchelte.
»Heute ist das alles ganz anders«, fuhr Michael fort. »Die Zelte sind qualitativ hochwertig und sogar die sanitären Anlagen auf Zeltplätzen sind in einem tadellosen Zustand.«
»Woher weißt du das eigentlich alles?«, fragte Franziska ein wenig spöttisch. »Wenn ich mich nicht irre, hast du in den letzten sechzehn Jahren keinen Campingplatz aus der Nähe gesehen.«
»Man hört und liest eben einiges …«
»Über sanitäre Anlagen auf Campingplätzen?«
Michael ließ sich nicht aus der Fassung bringen. »Auch«, gab er zurück und beförderte die geschnittenen Möhren in eine Pfanne.
»Erinnerst du dich denn gar nicht mehr daran, wie toll unser letzter gemeinsamer Zelturlaub war? Wir haben stundenlang vor dem Zelt gesessen und fast jede Nacht bis zum Morgengrauen gekuschelt …«
Franziska fiel ihrem Mann ins Wort. »Jede Nacht, Liebling«, sagte sie lächelnd.
»Siehst du! Und das war doch toll – oder?«
»Toll und wildromantisch«, antwortete Franziska. »Aber mit den Kindern im Gepäck lässt sich das garantiert nicht wiederholen.« Sie hielt kurz inne. »Dafür wird es genau wie damals mindestens zwei heftige Gewitter geben; Josha wird zitternd zwischen uns liegen und Alma wird uns die halbe Nacht lang erklären, wie Blitze entstehen.«
Michael nahm seine Frau, mit der er seit fünfzehn Jahren glücklich verheiratet war, in die Arme. »Und wenn ich das Aufräumen, Fegen, Spülen und« – Michael zögerte kurz – »das
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