Kerzenlicht Für Eine Leiche
verdanken – immerhin zahlten wir fast keine Miete für das Cottage, und er war mein ältester und bester Freund. Es schien ein geringer Preis, um ihn und seine Familie vor Skandalen und Kummer zu schützen. Der Verband hatte für die kommende Woche eine Dinnerparty arrangiert. Ich ging davon aus, dass das Mädchen dort sein würde, um zu kellnern, und so war es auch. Ich nahm sie beiseite und hielt ihr eine gehörige Standpauke. Ich habe ihr Gottesfurcht beigebracht, glauben Sie mir! Ihr deutlich gemacht, was geschehen würde, falls diese Geschichte ans Licht kam, und dass sie in der Stadt unten durch wäre und ihre Familie ebenfalls leiden würde. Ich hatte mir die Mühe gemacht herauszufinden, wo sie wohnte, und ich wusste, dass sie bei ihrer alten Großmutter lebte, einer respektablen Frau. Das Mädchen sah verängstigt aus, als ich fertig war. Dann gab ich ihr das Geld unter der strikten Voraussetzung, dass sie es nehmen und aus der Stadt verschwinden würde. Sie sollte weggehen und irgendwo neu anfangen. Sie versprach, es zu tun. Kurze Zeit später verschwand sie. Deshalb dachte ich all die Jahre, sie hätte ihr Versprechen eingehalten.« Major Walcott hielt inne.
»Das ist alles.«
»Nicht ganz. Was war mit Richard Holden? Als das Mädchen verschwand – haben Sie ihm etwas angemerkt?« Walcott schien auf seinem Stuhl zu schrumpfen.
»Richard … er war sehr krank. Danach ging es immer schneller bergab mit ihm. Er hatte starke Schmerzen und … und musste immer stärkere Medikamente nehmen. Er … er hat seinen Qualen selbst ein Ende gemacht.«
»Mit einer Überdosis?«
»So hat es die Feststellungsverhandlung ergeben. Er hat sehr gelitten. Ich hoffe … ich hoffe, es war nicht, weil das Mädchen ihn verlassen hatte. Aber das glaube ich nicht. Und es wäre nur noch schlimmer geworden, falls etwas davon bekannt geworden wäre. Das Geld war gut angelegt, meiner Meinung nach. Ich verstehe, dass Richard eine Überdosis genommen hat. In seiner Situation hätte ich sehr wahrscheinlich das Gleiche getan.«
»Ich brauche das alles in einer schriftlichen Aussage«, sagte Markby.
»Meinetwegen. Ich verlasse mich auf Ihr Wort, Superintendent, dass nur das Notwendigste an die Öffentlichkeit gerät. Falls überhaupt etwas davon notwendig sein sollte. Die Affäre zwischen Richard und diesem Mädchen gehört bestimmt nicht dazu.« Walcott beugte sich vor.
»Der Junge und seine Mutter dürfen das niemals erfahren! Weder Margaret noch Lars dürfen es wissen! Es würde die beiden zerstören! Die Familie war immer das Wichtigste in Margarets Leben!« Er lehnte sich wieder zurück.
»Aber ich musste Ihnen sagen, woher das Geld kam und wer es gezahlt hat, damit Sie Margaret nicht wieder unter Druck setzen.«
»Sie ist nicht weggegangen«, sagte Markby.
»Das wusste ich damals nicht!« Walcott hielt seinem Blick stand.
»Ich dachte, sie wäre gegangen. Als man ihre Knochen in diesem Grab fand, konnte ich es zuerst gar nicht glauben! Ich war überzeugt, es müsse sich um einen Fehler handeln!«
»Es war kein Fehler, Major. Sie haben keine Vorstellung, was mit dem Geld geschehen ist? Dem Geld, das Sie Kimberley gezahlt haben?« Er blickte Markby überrascht an.
»Selbstverständlich nicht! Ich dachte, sie wäre weggegangen und hätte alles mitgenommen!« Oh, welch wirrer kleiner Liebesreigen!, dachte Markby, als er aufstand, um nach dem Wirt zu suchen. Und was für eine lange Liste von Motiven für einen Mord! Meredith war ebenfalls zum Mittagessen eingekehrt. Sie war im Old Coaching Inn. An diesem Tag herrschte weniger Betrieb. Simon French stand hinter der Theke; wahrscheinlich machte er sich Gedanken über die fehlende Kundschaft. Er erkannte Meredith wieder.
»Miss Mitchell! Kommt der Superintendent auch noch?«
»Nein, ich bin heute ganz allein. Ich fuhr gerade vorbei und dachte, ich könnte eine Kleinigkeit zu Mittag vertragen. Nur etwas Kleines.«
»Aber selbstverständlich!« Er führte sie zu einem Tisch.
»Wir servieren sämtliche Vorspeisen der Karte auch als leichte Hauptmahlzeit, zusammen mit einem kleinen Salat. Wie wäre es mit der Pastete à la chef? Oder vielleicht Wonton-Krabben? Pilze mit Knoblauch?« Meredith entschied sich für die Pastete zusammen mit Graubrot, Butter und einem Salat, und weil sie noch fahren musste, nahm sie ein Leichtbier dazu. Sah das Lokal heute besser aus, oder lag es daran, dass sie sich inzwischen an das pseudo-historische Ambiente gewöhnt hatte? Die Pastete war
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