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Kerzenlicht Für Eine Leiche

Kerzenlicht Für Eine Leiche

Titel: Kerzenlicht Für Eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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er mit ihr im Bett gewesen war. Sie hat es lange genug auf diese Weise getrieben. Man sollte wirklich meinen, dass es bei ihr geklingelt hätte!«
    »Sie war gerade erst achtzehn, als sie starb«, sagte Meredith verärgert.
    »Wie viel Erfahrung kann ein Mensch mit achtzehn haben?« French stand wieder auf und musterte Meredith mit weltklugem Blick.
    »Sie wissen ja nicht, was in Kleinstädten so alles geschieht, Mrs. Mitchell.« Er ging, um eine Gruppe neuer Gäste zu begrüßen. Eine Schande, dachte Meredith, denn wie es aussieht, ist unser Mr. French jemand, der gerne schwatzt. Und seine letzten Worte hatten geklungen wie ein Echo von Mrs. Etheridge:
    »Hier geht mehr vor, als es auf den ersten Blick scheinen mag!« Aber was ging vor? Das war das Frustrierende daran. Alle ergingen sich in Andeutungen, doch keiner redete im Klartext. Meredith erinnerte sich an etwas, das Alan ihr einst gesagt hatte, vor langer Zeit und bei einem ganz anderen Fall.
    »Irgendjemand weiß immer irgendetwas«, hatte er gesagt. Aber niemand redete mit der Polizei, das war das Problem. Es gab dutzende von Gründen dafür. Manche Menschen erkannten einfach nicht die Bedeutung ihrer Beobachtungen. Oder es handelte sich um falsch verstandene Loyalität. Manchmal war es sogar die Macht über einen anderen Menschen, die ein kleines Geheimnis erzeugte, dazu, dass die Betreffenden schwiegen. Die Rechnung für Pastete, Salat, Bier, Käsekuchen und Kaffee war unerwartet hoch. Reumütig überlegte Meredith, dass sie für das Geld wahrscheinlich genauso gut ein Mittagsmenü hätte bestellen können.
    Sie stieg in den Wagen und fuhr davon. Der frühe Nachmittag war mild und sonnig. Der Regen hatte aufgehört, und die Straße war bis auf vereinzelte Pfützen trocken. Meredith folgte einem Gewirr gewundener Wege und kam schließlich auf der Straße heraus, die an der Old Farm und den beiden Cottages vorbeiführte. Vor Bullens Haus hielt sie an und stieg aus, um den alten Mann zu suchen.
    Sie fand ihn im Garten, wo er sich mit einer Rolle Kaninchenzaun abmühte und unablässig fluchte, weil der störrische Draht nicht gerade bleiben wollte. Er stand mit seinen schweren Stiefeln auf einem Ende. Oscar war in der Nähe an eine rostige Schubkarre angebunden und beobachtete ihn sorgenvoll, während er in regelmäßigen Abständen ein lautes Bellen von sich gab, dem ein Unterton von Hysterie beigemischt war.

    »Wie geht es Ihnen, Mr. Bullen?«, rief Meredith über den allgemeinen Tumult hinweg. Als Oscar sie bemerkte, begann er zu jaulen und zerrte an der fesselnden Leine.

    »Was glauben Sie denn?«, fauchte Bullen.
    »Sie haben doch wohl Augen im Kopf, oder? Ich komme nicht zurecht, wie Sie sehen!«
    »Vielleicht kann ich Ihnen helfen?«
    Bullen richtete sich auf und musterte Meredith von oben bis unten.
    »Also schön. Sie scheinen ein kräftiges Mädchen zu sein. Aber passen Sie auf! Dieses Zeug peitscht zurück und kann ganz schön kratzen.«
    Gemeinsam entrollten sie den Draht, und Bullen schnitt ein passendes Stück mit einer Zange ab.
    »Hier herüber!«, befahl er. Sie folgte ihm zu einem Beet mit Kohl, das von einem frischen, tiefen Graben umgeben war. Ringsum waren in gleichmäßigen Abständen Stangen in den Boden gerammt.
    »Jetzt möchte ich«, sagte Bullen ernst, »dass Sie diese Stange festhalten, während ich den Zaun mit diesen Krampen hier befestige. Diesen hier, sehen Sie?« Er hielt eine der U-förmigen Klammern hoch. Sein Benehmen war das eines Handwerksmeisters, der einem Lehrling etwas erklärt.
    »Sie halten die Stange ruhig, und ich schlage die Biester mit dem Hammer ein.« In der anderen knotigen Hand hielt er einen antiken Hammer, dessen Kopf aussah, als könne er jeden Augenblick vom altersschwachen Stiel abfallen.
    »Mr. Bullen«, entgegnete Meredith nervös, »was halten Sie davon, wenn Sie die Stange nehmen und ich den Draht befestige?«
    »Hab noch nie ’ne Frau erlebt, die ’nen Nagel gerade einschlagen konnte«, sagte Bullen.
    »Immer schlagen sie ihn schief. Sie müssen keine Angst haben, ich treffe schon nicht Ihr Knie. Ich bin schließlich nicht blind!« Meredith hielt die Stange am oberen Ende mit ausgestreckten Armen fest, so weit von dem hämmernden Alten entfernt, wie es ihr nur möglich war. Bullen, der zum Schlag ausgeholt hatte, senkte den Hammer wieder und musterte Meredith geringschätzig.
    »Was machen Sie denn da drüben? Wie können Sie die Stange halten, wenn Sie so schief stehen? Kommen Sie näher ran!«

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