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Kerzenlicht Für Eine Leiche

Kerzenlicht Für Eine Leiche

Titel: Kerzenlicht Für Eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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Die Tote war das Opfer einer Gewalttat. Sie würden abwarten müssen, bis sie das gesamte Puzzle zusammengesetzt hatten – falls es je gelang. Wie auch immer, die Identität der Toten war ein Anfang, auch wenn der Weg von dort aus bis zur gesamten Geschichte lang und schmerzhaft war. Zu Holland gewandt sagte er:
    »Wenn wir fertig sind, können Sie ihr ein anständiges Begräbnis geben, Pater.«
    »Begräbnis? Oh. Begraben, ja …« Der Pfarrer war schon wieder geistesabwesend.
    »Ich bin an den Tod gewöhnt, genau wie Sie sicherlich auch.« Sein Blick streifte Markby.
    »Allerdings nicht an einen so grausamen Tod. Dinge wie Autopsien und verstümmelte Leichen in Plastiksäcken und all das Grässliche, von dem man in den Zeitungen lesen kann, bleiben mir erspart. Aber dieser Schädel … wie er mich aus dem Grab heraus angestarrt hat, als schien er ein eigenes Leben zu besitzen, wenn Sie verstehen, was ich meine.« Er blickte sein Gegenüber ein wenig verlegen an. Markby nickte.
    »Ich verstehe ganz genau, was Sie meinen.«
    »Hinterher habe ich Shakespeare vor mich hingemurmelt. ›Alas! Der arme Yorick. Ich kannte ihn, Horatio.‹ Seltsam, finden Sie nicht auch? Es muss eines der berühmtesten Zitate aus der gesamten englischen Literatur sein, und die meisten Menschen geben es falsch wieder. Sie sagen meistens: ›Ich kannte ihn gut.‹ Jedenfalls, worauf ich hinauswill – für Hamlet blieb der Schädel immer noch Yorick, die Person, die er gekannt hatte. Genau wie der Schädel, den Denny und Gordon entdeckt haben, für mich eine Person war. Es kam mir fast vor, als wollte sie mir etwas sagen. Später, als Inspector Bryce mir berichtete, dass es sich um eine junge Frau handelt, habe ich mich gefragt, ob sie wohl hübsch gewesen sei. Und als der Verdacht aufkam, es könnte sich um ein Mordopfer handeln, dachte ich zuerst an ein Verbrechen aus Leidenschaft, und es schien nicht mehr so grausig, dass es unmöglich war. Das war natürlich viel zu romantisch. Und jetzt, nachdem Sie mir von dem ungeborenen Kind erzählt haben, erscheint es mir nur noch schäbig und grausam und selbstsüchtig.« Der Vikar breitete die mächtigen Hände aus.
    »Was für ein Mensch ist zu so einer Tat im Stande? Der Mörder ist immer noch unter uns, oder nicht? Zwölf Jahre sind nicht über die Maßen lang. Wenn er damals ein junger Mann war, dann ist er heute nicht viel älter als dreißig. Verzeihen Sie, ich schweife ab. Das ist der Schock.«
    »Ich verstehe das. Sie schweifen nicht ab; Sie durchleuchten das Problem von allen Seiten, genau wie wir das machen. Wir dürfen nie vergessen, dass wir es hier mit Menschen zu tun haben. Irgendwo gibt es ganz gewiss Verwandte der jungen Frau, die heute noch leben.« Und ein wenig munterer fuhr er fort:
    »Ich nehme an, das Begräbnis von Mrs. Gresham ist fürs Erste auf unbestimmte Zeit verschoben?«
    »O ja, selbstverständlich. Der Friedhof ist ganz in den Händen der Polizei. Nun ja, das wissen Sie sicherlich selbst. Es ist einer der Gründe, aus denen ich hergekommen bin – ich wollte fragen, wie lange noch …« Pater Holland blickte verlegen drein.
    »Ich möchte Sie wirklich nicht drängen, Alan, aber die Aktivitäten der Polizei und das ganze Drum und Dran, die Abschirmungen und so weiter – das zieht Neugierige an. Die Beamten steigen über andere Gräber und zerstören Hecken und Büsche. Sie richten eine Menge Schäden an und verhindern, dass Verwandte ihre Toten besuchen können. Es hat bereits Beschwerden gegeben.«
    »Ich kann mir gut vorstellen, dass die polizeiliche Suche Chaos und Unordnung bringt«, sagte Markby reumütig.
    »Es tut mir wirklich Leid, doch wir müssen diesen Friedhof durchkämmen. Wir beeilen uns, sosehr wir können, aber wir dürfen nicht nachlässig sein.«
    »Das verstehe ich, Alan.« Der Vikar hob die Hand.
    »Ich möchte mich auch gewiss nicht in Ihre Arbeit einmischen. Ich mache mir nur Gedanken über meine eigene. Ich muss Eunice Gresham beerdigen. Außerdem steht die Frage im Raum, ob ihrem letzten Wunsch überhaupt Folge geleistet werden kann. Vielleicht ist es besser, sie irgendwo anders beizusetzen, möglicherweise auf dem neuen Friedhof. Vielleicht hätten wir von Anfang an darüber nachdenken sollen. Andererseits – hätten wir uns nicht bemüht, Eunices Wunsch zu entsprechen, hätten wir den Leichnam gar nicht erst gefunden …« Er brach ab und blickte sich suchend nach seinem Sturzhelm um.
    »Ich muss jetzt los. Ich nehme an, es wird eine

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