Kerzenlicht Für Eine Leiche
schrillte, und er zuckte zusammen. Er griff nach dem Hörer.
»Mrs. Pritchard ist in der Leitung, Mr. Holden«, sagte Ruth.
»Soll ich sie zu Ihnen durchstellen?«
»Selbstverständlich.« Instinktiv fuhr er sich mit der freien Hand durch das Haar. Eine andere weibliche Stimme drang an sein Ohr.
»Liebling!«, sagte Lars.
»Ja, natürlich«, fügte er einen Augenblick später hinzu.
»Bist du sicher?«, eine Spur weniger zuversichtlich. Schließlich sagte er:
»Dieses Wochenende? Nun ja, wenn du meinst, Angie. Ja, du hast Recht, natürlich, mein Liebling … Ich bin ganz deiner Meinung, das weißt du.« Inzwischen hatte seine Stimme einen gereizten Unterton angenommen.
»Unglücklicherweise hat sie zu einer Dinnerparty eingeladen …« Die Stimme am anderen Ende der Leitung schnatterte erregt. Er hielt den Hörer ein wenig weiter vom Ohr weg und kapitulierte.
»Was immer du für richtig hältst.« Er beendete das Gespräch und legte den Hörer auf die Gabel zurück, dann sah er zum Fenster hinaus. Die Sonne, so schwach sie an diesem Tag gewesen sein mochte, war inzwischen ganz verschwunden. Einfach so, genau wie seine gute Laune. Doch dann redete er sich zu, dass er das gegenwärtige kleine Problem schon lösen würde, genau wie er in der Vergangenheit andere Probleme gelöst hatte. Er war ein Mann, dessen Stern im Aufgehen begriffen war. Nichts durfte daran etwas ändern. Überhaupt nichts.
»Zahlreiche nicht von einem Unfall herrührende Verletzungen, hervorgerufen durch ein großes Messer oder eine Machete.« Markby blickte vom Bericht auf.
»Dr. Fuller scheint sich ganz sicher zu sein.«
»Die Knochen sind an mehreren Stellen gesplittert oder zeigen Einschnitte«, sagte Louise Bryce.
»Starke Hiebe, die dem Opfer mit beträchtlicher Gewalt zugefügt wurden.«
»Könnte der Mörder versucht haben, den Leichnam zu zerlegen, und schließlich von seinem Vorhaben abgelassen haben, als es sich als zu schwierig erwies? Um sie so zu begraben, wie sie war?«
»Dr. Fuller meint, es habe sich um eine mehr zufällige Serie von Hieben gehandelt. Wie Raserei.« Er blickte mürrisch drein.
»Keine Chance, die Waffe nach so langer Zeit noch zu finden.«
»Wir suchen den gesamten Friedhof ab. Ringsum wurde seit Jahren nichts mehr angerührt. Das Gras wächst zwei Fuß hoch, und Brombeersträucher haben viel überwuchert. Wir schneiden sie herunter, und wenn irgendetwas hineingeworfen wurde, selbst wenn es vor zwölf Jahren war, dann is es immer noch dort.« Er deutete auf einen zweiten Stapel Blätter.
»Was ist das?«
»Der Bericht der Gerichtsmedizin.« Bryce blätterte ihn durch.
»Sie hatten den Stoff unter dem Mikroskop, zusammen mit Plastikknöpfen, wahrscheinlich von einem Sommerkleid, sowie Überreste von Sandalen. Die handgemachten Sohlen haben die Zeit besser überdauert als das Obermaterial aus Leder. Kleine Schuhgröße. Massenherstellung, wahrscheinlich aus einem Supermarkt. Zusammen mit den Resten von menschlichem Gewebe und den Bodenproben fanden sie eine ungewöhnlich große Zahl von Insekten, oder besser Teilen von Insekten. Sie haben das Material an die Biologen weitergegeben. Ich habe eine Liste, die bestimmt eine Meile lang ist.« Bryce überflog die Liste.
»… Wollläuse, Teile von Ohrwürmern, Wespen sowie Eier von Calliphora vomitoria.« Sie hielt inne.
»Das sind gewöhnliche Schmeißfliegen. Die Biologen waren ebenfalls überrascht wegen der großen Zahl von Schmeißfliegeneiern. Der Leichnam muss übersät gewesen sein von Schmeißfliegen. Die Schlussfolgerung lautet, dass die Tote viele Stunden lang ungeschützt und unbegraben dagelegen haben muss, vielleicht von einem dünnen Tuch bedeckt. Mehr als genug Zeit für jedes Insekt in der Umgebung, um die Leiche zu inspizieren,« Frische Regentropfen prasselten gegen die Fensterscheibe. Markby sah hinaus. Selbst Meredith würde zugeben müssen, dass das kein Wetter für einen Urlaub auf einem Kanalboot war. Es sei denn, man war Angler. Markby war kein Angler, doch er hatte gehört, dass Angler – oder besser gesagt Fische – dieses Wetter liebten. Fische mochten Fliegen. Und auf dem Leichnam hatte es ungewöhnlich viele Fliegen gegeben.
»Wollläuse, Wespen und Ohrwürmer. Sind Sie Gärtnerin, Louise?« Sie schüttelte den Kopf und schnitt eine Grimasse.
»Ich wohne in einer Mietwohnung. Ich habe ein paar Geranien auf dem Balkon. Worauf wollen Sie hinaus?«
»Ich denke«, murmelte Markby.
»Ich denke an ein
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