Kerzenlicht Für Eine Leiche
eigentlichen Grund der Verhandlung, doch auch triviale Angelegenheiten müssen irgendwann geregelt werden. Sie hatte bereits den Bootseigner angerufen und ihn informiert, dass es möglicherweise ein Problem geben könnte. Spätestens heute musste sie sich melden und die Buchung entweder bestätigen oder stornieren. Sie sah, wie Alan von einem Journalisten bedrängt wurde. Der Vikar drückte sich auch in seiner Nähe herum. Der Geruch nach Toilettenreiniger wurde stärker. Meredith beschloss, draußen an der frischen Luft zu warten. Sie war nicht die Einzige, die auf den Stufen wartete. Im Schutz des Vorbaus stand ein junger Mann und beschäftigte sich mit seiner auffälligen goldenen Armbanduhr. Meredith drückte sich wegen des kalten Windes in eine Nische und beobachtete ihn, weil sie nichts Besseres zu tun hatte. Der Mann sah aus wie Anfang dreißig und war offensichtlich bemüht, selbstbewusst zu erscheinen, doch es gelang ihm nicht, seine Nervosität zu verbergen. Er trug einen modischen Anzug und hatte die Haare kurz geschnitten, und er war leicht übergewichtig und sah erfolgreich aus. Ganz und gar nicht wie ein Journalist. Er wirkte so fehl am Platz und schien sich so unwohl zu fühlen, dass sie sich ernsthaft fragte, was er hier zu suchen hatte. Als hätte er ihre Gedanken gelesen, sah er auf und begegnete ihrem Blick. Nach einer Sekunde des Zögerns näherte er sich ihr.
»Sind Sie zufällig eine Gerichtsbeamtin?« Er sprudelte die Worte hervor und wartete hoffnungsvoll auf eine positive Antwort. Meredith dachte verdrossen, dass Jahre einer Beamtenlaufbahn einen Menschen in ein solches Wesen verwandeln, selbst wenn er nicht im Dienst ist. Sie schien auszusehen wie jemand, der wusste, was hinter den grauen Mauern des Verwaltungsgebäudes vor sich ging, obwohl sie nicht die leiseste Ahnung hatte.
»Nein, tut mir Leid«, sagte sie entschuldigend.
»Oh.« Er schien ihr nicht glauben zu wollen.
»Sie haben nichts mit der Polizei zu tun?«
»Nein.« Allmählich erwachte ihre Neugier.
»Aber ich warte auf Superintendent Alan Markby.«
»Ist er der verantwortliche Beamte?« Als Meredith nickte, fuhr er fort:
»Dann ist er vielleicht derjenige, mit dem ich reden muss.«
»Worüber?« Es ging sie nichts an – andererseits hatte er mit der Unterhaltung angefangen, nicht sie. Außerdem hatte sie das Gefühl, als wollte er mit jemandem reden.
»Diese Knochen.« Er grinste zaghaft.
»Ich, äh … ich … vielleicht kann ich die … die Frau identifizieren.«
»Dann sollten Sie wirklich dringend mit Superintendent Markby reden, Mr. …?«
»French«, sagte er.
»Simon French.«
»Meredith Mitchell.« Sie gaben sich die Hand.
»Alan … ich meine Superintendent Markby wird bestimmt bald kommen.« Wie zur Bestätigung tauchte Markby in diesem Augenblick im Eingang auf. Er verabschiedete sich von James Holland und kam zu ihr. Der Vikar ging zu seinem Motorrad und winkte der Gruppe zum Abschied zu.
»Alan, das hier ist Simon French.« Meredith stellte ihren Schützling vor. Markby hob die Augenbrauen.
»Habe ich Sie nicht schon drinnen gesehen, im hinteren Teil des Verhandlungszimmers?« Ein wenig schärfer fügte er hinzu:
»Sind Sie von der Presse?« Der junge Mann wirkte verblüfft.
»Ich? Nein, Gott bewahre! Ich arbeite im Gaststättengewerbe.« Markby bemerkte Merediths Blick. Was will er von mir?, drückte seine Mimik aus.
»Er will über das Skelett reden«, beantwortete sie die unausgesprochene Frage.
»Ich gehe jetzt nach Hause. Rufst du mich später an, Alan?« French sah aus, als wollte er nicht, dass sie ging. Er blickte sie an, als könnte sie seine nächsten Worte bestätigen, und sprudelte hervor:
»Wenn ich recht verstanden habe, dann leiten Sie die … diese Untersuchung, Superintendent Markby. Wie soll ich es erklären … ich habe die Nachrichten im Fernsehen gesehen, im Regionalprogramm, wegen des Skeletts, das auf dem Friedhof gefunden wurde. Ich habe gehört, dass es eine gerichtliche Untersuchung geben würde, und ich bin hergekommen, weil ich gehofft hatte, mehr zu erfahren. Aber der Coroner hat die Verhandlung vertagt. Es war reine Zeitverschwendung herzukommen, wirklich.« Unzufriedenheit klang aus seinen Worten.
»Ich habe nur wenig Zeit.« Markbys Tonfall ließ erkennen, dass er French für einen jener Freaks hielt, die makabre Mordfälle sammelten. French verstand den Hinweis.
»Möglicherweise besitze ich Informationen für Sie. Ich wollte erst die Verhandlung abwarten
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