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Kerzenlicht Für Eine Leiche

Kerzenlicht Für Eine Leiche

Titel: Kerzenlicht Für Eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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1940–41), um die Beisetzung seiner Tochter vorzubereiten, wurde dicht unter der Oberfläche das Skelett einer unidentifizierten jungen Frau entdeckt. Die Behörden glauben, dass das ungenehmigte Begräbnis während der Amtszeit des verstorbenen Reverends Maurice Appleton stattgefunden hat. Eine Sprecherin der Polizei sagte:
    »Wir behandeln diese Untersuchung als Mordfall.« Pater James Holland, der Vikar von All Saints, sagte unserem Reporter:
    »Diese Angelegenheit ist sehr schlimm. Viele Menschen in Bamford werden sich an Mrs. Eunice Gresham erinnern, die vor kurzem achtundachtzigjährig verstarb. Sie war viele Jahre lang eine unermüdliche Helferin bei Wohltätigkeitsveranstaltungen und Mitglied im Stadtrat. Ältere Mitbürger werden sich außerdem an Reverend Appleton erinnern, einen beliebten Gemeindepriester, begabten Hobbygärtner und Preisrichter bei einheimischen Blumenschauen.«
    Der Bericht setzte die richtigen Schwerpunkte. Es waren die lokalen Querverweise, die die Leserschaft interessierten, nicht die schockierende Entdeckung als solche.
    Lars trommelte mit den Fingern auf der Schreibtischplatte. Ihm war heiß und kalt zugleich, und Schweiß rann ihm über den Leib. Er unterdrückte einen Schauer. Vielleicht hatte er sich den Infekt eingefangen, von dem Ruth gesprochen hatte. Er fühlte sich jedenfalls, als wäre eine Grippe im Anmarsch. Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn.
    Der alte Mann führte etwas im Schilde. Der kurze Satz
    »Alles kommt in Ordnung« enthielt eine unüberhörbare Drohung. Was wollte er andeuten? Wollte Bullen Schwierigkeiten machen? Erpressung? War es das, was der alte Mistkerl vorhatte? Es konnte wohl kaum in seinem Interesse liegen. Bullen lebte behaglich unter den Fittichen des Holden-Besitzes. So dumm konnte er gar nicht sein, dieses Boot zum Kentern zu bringen.
    Nichtsdestotrotz spürte Lars eine gewisse Unruhe, und seine inneren Alarmglocken schrillten. Ein Mann im Rampenlicht der Öffentlichkeit, wie jeder Politiker – besonders ehrgeizige junge Nachwuchshoffnungen wie Lars selbst –, war stets anfällig für Skandale. Allzu oft gründete der Ruhm auf Trivialitäten, lange vergessenen Zwischenfällen, jugendlichen Vergehen oder den Fehlern von Untergebenen. Die Presse peitschte die Dinge auf. Man konnte gar nicht vorsichtig genug sein. Es war eine goldene Regel. Allein der Anblick des Briefs, des Zeitungsausschnitts, beides profane Objekte, beschworen die Ahnung von Gefahr herauf. Bullens Gespenst in der Zimmerecke wich einem dunklen, gesichtslosen Etwas, das Lars mit einem Mal große Angst einjagte. Er wandte sich wieder dem Fenster zu.
    Eine frische Brise vom Fluss her kühlte seine nasse Stirn. Ein letztes heftiges Erschauern, das seinen ganzen Körper zum Beben brachte, und das Frösteln verging. Sein Körper funktionierte wieder normal. Er lachte leise auf. Es war verrückt, sich durch den Brief einer Person, die kaum des Lesens und Schreibens mächtig war, aus der Fassung bringen zu lassen. Er hatte zu hart gearbeitet, er war müde, und er hatte die bevorstehenden Parlamentsferien bitter nötig. Er durfte unter keinen Umständen zulassen, dass ihm die Dinge aus der Hand glitten, wie er es bei anderen gesehen hatte. So weit durfte es bei ihm nicht kommen. Niemals.
    Auf der Themse, an deren Ufer die beiden Parlamentsgebäude standen, herrschte an diesem Tag reger Verkehr. Ein Ausflugsschiff glitt vorüber. Ein Mann mit einem Megafon deutete auf die Fassade und lenkte die Aufmerksamkeit der Passagiere auf Big Ben. Dem Touristenboot folgte ein Schnellboot der Polizei. Es schoss mit Höchstgeschwindigkeit vorbei und schob eine hohe Bugwelle vor sich her. Beim Anblick des Schnellboots runzelte Lars die Stirn.
    Er kehrte zu seinem Schreibtisch zurück und las Brief wie Zeitungsausschnitt ein weiteres Mal. Eine Woge des Zorns spülte über ihn hinweg, und er zerknüllte das Papier in der Hand. Er wollte es bereits in den Papierkorb werfen, als irgendein Instinkt ihn zögern ließ. Er strich das Papier glatt, faltete es und steckte es in seine Brusttasche. Er würde das Wochenende zu Hause verbringen, in seinem Wahlkreis. Er würde sich mit Bullen treffen und ihm deutlich vor Augen führen, dass seine kleine Verschwörung, wie auch immer sie aussehen mochte, von Anfang an zum Scheitern verurteilt war.

    »Er hat sich den Falschen ausgesucht!«, sagte Lars grimmig.
    »Er soll bloß nicht denken, dass seine schmutzigen Tricks bei mir funktionieren.«
    Das Telefon

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