Kerzenlicht Für Eine Leiche
für den Fall, dass Sie schon alles herausgefunden haben und die Tote … identifiziert wurde. Aber so ist es nicht, und deshalb schätze ich, ich sage Ihnen besser, was ich mir gedacht habe. Ich könnte mich natürlich auch irren.« Mit leiserer Stimme fuhr er fort:
»Sehen Sie, die Sache bedrückt mich, und ich will mir alles von der Seele reden, damit ich wieder ruhig schlafen kann.«
»Mr. French«, sagte Markby und deutete auf das Gebäude, das er gerade verlassen hatte.
»Vielleicht gehen wir wieder nach drinnen, und Sie erzählen mir alles in Ruhe.«
»Ich sehe dich dann später«, rief Meredith den beiden Männern hinterher.
Markby führte Simon French in den inzwischen leeren Verhandlungsraum und bot ihm einen Platz an. Der Bursche konnte trotz allem ein Spinner sein. Diese MöchtegernInformanten kamen in allen Gestalten und Größen daher. Sie waren Lügner, Menschen, die nach einem Augenblick des Ruhms suchten und in Wirklichkeit nicht den leisesten Schimmer hatten. Manchmal waren es Verrückte. Manchmal waren es aber auch Verzweifelte, unglückselige Eltern, die sich nach einer Spur eines verschwundenen geliebten Kindes sehnten, selbst nach so vielen Jahren noch. French sah nicht aus wie ein Verrückter. Er war auch nicht alt genug, um der Vater der Toten zu sein. Vielleicht – Markby wagte es kaum zu hoffen – besaß French ja tatsächlich wertvolle Informationen?
French wand sich unbehaglich auf dem Holzstuhl.
»Ich weiß, dass es merkwürdig klingt. Vielleicht bin ich ja auch gründlich auf dem Holzweg und bilde mir alles nur ein. Aber ich frage mich, ob diese Knochen … ob dieses Skelett Kimberley Oates sein könnte?«
Es wurde ernst. Vorsichtig unterbrach ihn Markby und fragte:
»Warum erzählen Sie mir nicht zuerst, wer Sie eigentlich sind, Mr. French?«
French blickte ihn verwirrt an.
»Ich? Oh, sicher. Vermutlich wollen Sie wissen … hier, ich kann mich ausweisen.« Er suchte in seiner Brieftasche und brachte eine Auswahl an Kreditkarten, einen Führerschein, ein Scheckbuch und sogar einen Bibliotheksausweis zum Vorschein.
Markby unterbrach ihn hastig.
»Nein, ich meine … wer sind Sie, und was machen Sie? Kommen Sie aus Bamford?« Er ließ seine Zweifel durchblicken.
Zu Markbys Überraschung antwortete French:
»Ja, ich bin hier zur Schule gegangen. Ich bin weggezogen, als ich Anfang zwanzig war, und erst im letzten Jahr wieder zurückgekommen, um eine neue Stelle anzutreten.« Seine Stimme klang stolzer.
»Ich bin Geschäftsführer des Old Coaching Inn. Es liegt ein kurzes Stück außerhalb der Stadt an der Westerfield Road. Vielleicht kennen Sie es?«
Markby nickte.
»Ich gestehe, dass ich nicht mehr dort gewesen bin, seit es neu eröffnet wurde. Damals war es ein verfallener alter Kasten.«
»Wir haben das Restaurant vollständig renoviert!« French nutzte die Gelegenheit, die Werbetrommel für sein Lokal zu rühren.
»Ich hoffe, Sie erweisen uns bald einmal die Ehre Ihres Besuchs, Sir. Wir haben ein sehr gutes warmes Büfett, und unser Sonntagstisch …« Er bemerkte Markbys Blick und errötete.
»Verzeihung, das ist nicht der richtige Zeitpunkt … aber es gibt eine Verbindung, wissen Sie? Ich arbeite schon immer im Gaststättengewerbe. Ich habe nach der Schule eine Hotelfachschule besucht. Aber meine erste Arbeitsstelle war bei Partytime Caterers, einer Bamforder Firma. Ich war neunzehn und Barmann-Trainee. Ich … damals habe ich Kimberley kennen gelernt.«
Markbys Stimmung besserte sich. Der Mann war echt. Er konnte sich immer noch irren, aber French war wenigstens kein Spinner.
French redete hastig weiter.
»Sie war Kellnerin bei Partytime. Sie war jünger als ich, sechzehn, höchstens siebzehn, als ich ihr zum ersten Mal begegnet bin. Wir haben ungefähr ein Jahr lang zusammen gearbeitet.« Er verstummte wieder.
»Was bringt Sie auf den Gedanken, die Tote könnte Kimberley sein?«
»Weil sie vor ungefähr zwölf Jahren verschwand, und weil sie damals schwanger war. Und weil die Umstände so merkwürdig waren, sogar damals. Ich erinnere mich, wie ich gedacht habe …« French brach erneut ab.
»Es ist schwer, das zu erklären. Glauben Sie mir, ich will Ihnen keinen blöden Mist erzählen. Andererseits kam mir die Geschichte von Anfang an spanisch vor.« Markby hatte die Tür offen stehen lassen. Jetzt erhob er sich und ging, um sie zu schließen und den Geruch nach Toilettenreiniger und das Stimmengewirr vom Gang auszusperren.
»In Ordnung, Mr. French.
Weitere Kostenlose Bücher