Kerzenlicht Für Eine Leiche
widersprach Truelove.
»Sie wäre inzwischen längst unter der Erde, wenn Bill und Ben nicht dieses Skelett ausgegraben hätten.«
»Denny und Gordon!«, knurrte Pater Holland, ohne auf den Scherz des Anwalts einzugehen.
»Also am Montag. Ich werde es notieren. Ich sage Ihnen was«, erbot sich der Anwalt großzügig.
»Ich werde ein paar Leute anrufen, die möglicherweise der Beerdigung beiwohnen möchten. Ich informiere sie über den neuen Termin, was halten Sie davon?«
»Danke sehr!«, schnappte Pater Holland, und sein schwarzer Bart sträubte sich.
»Gehört alles zur normalen Arbeit«, sagte Mr. Truelove.
»Genau wie bei Ihnen auch, oder nicht? Sie werden den Wieheißen-sie-noch-gleich, den Lowes sagen, dass sie ein neues Grab ausheben sollen, ja? Auf dem neuen Friedhof. Aber stellen Sie bitte sicher, dass sie uns nicht noch einmal Scherereien machen und ein weiteres Skelett ausgraben! Sagen Sie ihnen, dass sie ein hübsches, leeres Stück Boden aussuchen sollen.«
»Sie stehen doch selbst in Verbindung mit dem Friedhofsamt!«, grollte Pater Holland.
»Bitten Sie die Beamten doch, Ihre Nachricht für Denny und Gordon weiterzugeben!« Er stampfte hinaus.
Am Samstagmorgen machte sich Meredith auf den Weg, um ihr Versprechen einzulösen.
Sie hatte inzwischen genügend Zeit gefunden, um ihr Angebot zu bedauern, Pater Holland nicht näher spezifizierte Hilfe zu leisten. Es war ein augenblicklicher Impuls gewesen, und jetzt hatte sie den Besuch einer sehr alten Lady am Hals, die zehn zu eins nicht wusste, wer Meredith war oder warum sie gekommen war.
Doch nachdem sie Holland einmal gesagt hatte, dass sie es tun würde, konnte sie sich nicht mehr herauswinden. Sie würde Holland noch an diesem Abend wiedersehen, bei den Holdens, und er würde eine Art Bericht erwarten. Außerdem kam eine gewisse Konditionierung hinzu. Jahrelang hatten sich Menschen auf sie verlassen, hatten mehr als einmal niemanden außer ihr gehabt, an den sie sich wenden konnten, und das hatte ihr ein Bewusstsein für Pflichterfüllung gegeben. Wahrscheinlich das gleiche nagende Gefühl, von dem auch James Holland erfüllt war. Ironisch fragte sie sich, ob sie eine gute Pfarrersfrau abgegeben hätte. Aber nein. Sie besaß nicht genügend Geduld, und verschiedene Episoden aus ihrer Vergangenheit würden die notwendige Prüfung kaum bestehen.
Meredith machte sich auf den Weg zum Cedars Nursing Home, in der Hoffnung, dass dieser Dienst ihr wenigstens ein paar Pluspunkte auf der himmlischen Rechnung bescheren und die zahlreichen Minuspunkte mildern würde, die der heilige Petrus bereits unter ihrem Namen aufgezeichnet hatte.
Tatsächlich entsprang ihr Zögern weniger dem vor ihr liegenden Besuch als einer Episode aus ihrer Vergangenheit. Als sie in diese Gegend gezogen war, hatte sie zuerst in Westerfield gewohnt. Dort hatte sie Alan kennen gelernt. Beim Anblick des Straßenschilds stieg ein Schwall von Erinnerungen in ihr auf, viele davon schmerzhaft. Aus der Begegnung mit Alan war etwas entstanden, das keiner von beiden vorausgesehen hatte. Auch andere Dinge hatten überraschende Wendungen genommen. Es war unmöglich, ein aufkommendes Gefühl der Traurigkeit zu unterdrücken.
Doch die Zeit war vorbei, und das Leben ging weiter. Sie konnte Westerfield nicht ausweichen. Sie lebte in der Nähe des kleinen Ortes, und sie war mehrmals hindurchgefahren. Jedes Mal, wenn sie in die Nähe kam, verspürte sie den Drang, das Gaspedal durchzutreten. Doch heute war es anders. Heute würde sie nicht durch Westerfield durchfahren, heute war Westerfield ihr Ziel.
Es hatte sich nicht sehr verändert, bis auf die Tatsache, dass am Stadtrand ein neues Wohngebiet aus dem Boden gestampft worden war. Fantasielose Kästen von Häusern, dachte Meredith, zusammengepfercht auf winzigen Grundstücken mit lächerlichen Vorgärten und großen kommerziellen Parkplätzen anstelle von Garagen. Es hatte Westerfield nicht verbessert. Sie passierte die Kreuzung zur ehemaligen Pfarrei und wandte den Blick ab – nicht bevor sie ein Schild sah, nach dem das Haus heute ein neues Geschäftszentrum beherbergte, das von einer ihr völlig unbekannten Firma unterhalten wurde. Sic transit gloria mundi.
Das Cedars war ein weiteres altes Haus, das man völlig umgebaut und in ein privates Altenpflegeheim umgewandelt hatte. Es stammte aus einer Zeit, als Grund und Boden noch billig gewesen waren, und es war umgeben von weitläufigen, gepflegten Rasenflächen. In der Mitte einer
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