Kerzenlicht Für Eine Leiche
flehend und trotzig zugleich.
»Wo?«, fragte Markby gleichmütig.
»Wo?«, wiederholte Lars verwirrt.
»Ich nehme an, Sie werden mir als Nächstes erzählen, dass
Sie und die Kellnerin die Party für einige Minuten verlassen haben und …«
»Und es miteinander getan haben!«, sagte Lars mit rauer Stimme.
»Nun, Sie haben Recht. Ich war achtzehn, um Himmels willen, und sie war vielleicht siebzehn oder so! Wir waren jung, und es war eine Party!«
»Wo?«, wiederholte Markby seine Frage.
»In einem Schlafzimmer? War das nicht zu riskant? Ein anderer Gast hätte Sie überraschen können, möglicherweise sogar Ihre Mutter!«
»Nein«, sagte Meredith, die Lars ununterbrochen beobachtet hatte.
»Ich kann mir denken, wo. In dem verborgenen Zimmer, der geheimen Kapelle, habe ich Recht, Lars?«
Er sah sie beinahe dankbar an.
»Ja. Ich fragte sie, ob ich ihr die Kapelle zeigen sollte, und wir gingen hin. Na ja, und dort ist es einfach passiert.« Er legte Messer und Gabel nieder und setzte sich kerzengerade auf.
»Hören Sie, sie wollte es, genau wie ich! Ich habe keinerlei Gewalt angewendet!«
»Und was dann?«, fragte Markby.
»Dann nichts. Wir kehrten zur Party zurück. Sie fuhr mit dem übrigen Personal nach Hause.«
»Haben Sie sie wiedergesehen?« Lars blickte nach unten.
»Ich bin ihr mitten in der Stadt begegnet, in der darauf folgenden Woche, wie es das Pech wollte. Ich lud sie zu einer Tasse Kaffee ein. Ich erfuhr ihren Namen. Ich schätze, sie hat mir schon vorher gesagt, wie sie heißt, aber ich hatte es wieder vergessen. Kimberley. Sie schien nicht böse, dass ich mich nicht mehr erinnern konnte. Sie schien sich im Gegenteil ausgesprochen zu freuen, dass wir uns begegnet waren. Immer wieder deutete sie an, dass sie sich von mir ausführen lassen wollte. Aber ich wollte nicht! Ich meine, nüchtern und am helllichten Tag fand ich sie nicht einmal mehr attraktiv! Aber sie wollte nicht aufgeben. Und sie … na ja, sie erinnerte mich an das, was wir auf der Party getan hatten.«
»Sie hat Sie also mehr oder weniger erpresst, sich wieder mit ihr zu treffen, ist das korrekt? Was hat sie gesagt? Dass sie zu Ihnen nach Hause gehen und mit Ihrer Mutter reden würde?«
»Nicht direkt, nein. Aber die Drohung hing in der Luft. Ich weiß heute, dass ich ihr hätte sagen sollen, es zu vergessen, dass ich kein Interesse und dass Mutter sie in hohem Bogen rausgeworfen hätte, falls sie die Frechheit aufbrächte, zu ihr zu gehen. Doch ich war jung, und der Gedanke, dass meine Familie etwas erfahren könnte, war mir peinlich.« Lars seufzte.
»Ich nahm sie mit ins Kino. Ich kann mich nicht erinnern, in welchen Film. Irgendetwas Todlangweiliges. Sie hing an meiner Hand, als ginge es um ihr Leben, und knabberte an meinem Ohr, als die Lichter ausgingen.« Meredith hatte die Serviette am Mund und gab einen dumpfen Laut von sich.
»Es war mir so verdammt peinlich!«, sagte Lars kummervoll.
»Und danach? Haben Sie Kimberley wiedergesehen?«
»Ein paar Mal, ja. Wir haben uns nie in Bamford getroffen, weil ich nicht wollte, dass uns irgendjemand sieht, der mich kannte. Dann fing Gott sei Dank das neue Schuljahr an, und ich fuhr ins Internat zurück, um meinen Abschluss zu machen. Danach ging ich zur Universität. Ich habe Kimberley nie wieder gesehen, Alan, und das ist die Wahrheit. Ich schwöre es!« Meredith erhielt einen drängenden Seitenblick von Alan. Ich entwickle mich immer mehr zum Gedankenleser, dachte sie. Alan fragte sie, was ein junges Mädchen, das sich vermeintlich verliebt hatte, tun würde.
»Hat Sie Ihnen geschrieben, Lars, während sie am College waren?«, fragte Meredith.
»Ein paar Mal«, antwortete Lars düster.
»Ich habe nicht geantwortet. Es war so peinlich, diese verdammten Briefe zu lesen. Ich habe sie immer gleich verbrannt. Ehrlich, man sollte nicht glauben, was sie … welche Worte sie zu Papier brachte! Sie war total verrückt nach Sex!«
»Und während der Ferien, als Sie zu Hause waren, ist sie nicht wieder aufgetaucht?«
»In den ersten Ferien danach war ich nicht richtig zu Hause«, antwortete Lars.
»Nur ein paar Tage, um meine Ausrüstung abzuholen. Ich bin mit dem Rucksack durch Europa gereist. Als ich in den nächsten Ferien wieder nach Hause kam, war sie nicht mehr da. Ich habe nicht nach ihr gesucht!« Niemand sagte etwas. Die Antwort hing in der Luft. Lars hatte nicht nach Kimberley gesucht, doch nach zwölf langen Jahren suchte sie ihn wieder heim. In die
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