Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kesrith – die sterbende Sonne

Kesrith – die sterbende Sonne

Titel: Kesrith – die sterbende Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
Vom Netzwerk:
Reise hat ihn ermü- det, und die Luft ist nicht gut für ihn.«
    »Niun«, sagte die She'pan zu ihrem Kel'en, »führe den Bai hinunter zu seinem Fahrzeug.« Die She'pan erhob sich ohne Hilfe und sah mit höflichem Gesicht und unschuldigen Augen zu, wie Hulagh vor Anstrengung keuchte, während er einen Fuß vor den anderen setzte. Hulagh hatte seine verlorene Jugend und leichte Beweglichkeit nie vermißt; das Alter mit seinem umfangreichen Gedächtnis und seinen Ehren, mit seiner Freiheit von Furcht und mit den Diensten und dem Respekt der Junglinge war Belohnung in sich selbst; bei den Mri jedoch war das anders. Er erkannte mit tiefer Bestürzung, daß die She'pan diesen Vergleich zwischen ihnen beiden in ihrem Alter suchte, um ihrem Volk das Schauspiel der Hilflosigkeit eines Regul-Ältesten ohne seine Schlitten und Sessel zu bieten.
    Für die leichten und schnellen Mri, die selbst im hohen Alter beweglich blieben, mußte diese Schwä- che eine Kuriosität sein. Hulagh fragte sich, ob die Mri Witze darüber machten, so wie die Regul es über die Intelligenz der Mri taten. Niemand hatte in 2202 Jahren jemals einen Mri lauthals lachen sehen. Er fürchtete, daß sie jetzt unter ihren Schleiern lachten.
    Er blickte in Chuls Gesicht, um zu erkennen, ob dieser begriff, aber das Jungling blickte nur verwirrt und erschreckt drein. Es schnaufte und keuchte unter seinem Gewicht und dem eines anderen. Der junge Mri auf der anderen Seite sah keinen von ihnen direkt an, sondern hielt wie ein Modell des Anstandes seine Augen respektvoll abgewandt, und niemand konnte in seinem verschleierten Gesicht lesen.
    Sie schritten durch die stählernen Türen hinaus und gelangten in die verwirrenden Windungen der bemalten Hallen, immer weiter lähmend schmerzhafte Stufen hinab. Für Hulagh war alles ein nebelhafter Eindruck von Elend, Farben, widerwärtiger Luft und der Möglichkeit eines tödlichen Sturzes, und als sie schließlich den Erdboden erreichten, war es eine ungeheure Erleichterung für ihn. Sie durchschritten die Tore und wurden von der stechenden und beißenden Luft dort draußen ebenso willkommen geheißen wie durch die feindselige Sonne. Hulaghs Sinne klärten sich. Er blieb wieder stehen, blinzelte in dem rötlichen Licht und holte Atem, während er sich auf die anderen stützte.
    »Niun«, sagte er, sich an den Namen des Kel'en erinnernd.
    »Herr?« entgegnete der junge Mri.
    »Wie wäre es, wenn ich dich aussuchte, um mich auf dem Schiff zu begleiten?«
    Die geweiteten und anscheinend erschreckten goldenen Augen hoben sich zu den seinen. Noch nie zuvor hatte er so starke Anzeichen von Gefühlen bei einem Mri gesehen. Es bestürzte ihn. »Herr«, sagte der junge Mri, »ich bin durch Pflicht an die She'pan gebunden. Ich bin ihr Sohn. Ich kann sie nicht verlassen.«
    »Seid ihr nicht alle ihre Söhne?«
    »Nein, Herr. Die meisten sind ihre Ehemänner. Ich bin ihr Sohn.«
    »Aber doch nicht von ihrem Körper.«
    Der Mri sah aus, als sei er betroffen, gleichzeitig erschreckt und beleidigt. »Nein, Herr. Meine Wahrmutter ist nicht mehr.«
    »Möchtest du auf die HAZAN gehen?«
    »Wenn die She'pan mich schickt, Herr.«
    Dieser Mri war jung, besaß nicht die Doppelzüngigkeit und die Kompliziertheit der She'pan; jung war er, arrogant, ja, aber jemand wie Niun konnte geformt und gelehrt werden. Hulagh starrte in das bis zu den Augen verschleierte junge Gesicht und fand es wunderbarer, als die Mri es sich wünschten. Es war grob, ihn so anzustarren, aber Hulagh nahm sich die Freiheit der ältesten aller Regul, die daran gewohnt waren, rauh und sprunghaft mit Junglingen umzugehen. »Und wenn ich dir jetzt, in diesem Moment, sagen würde: steig in den Schlitten und komm mit mir?«
    Einen Moment lang schien es so, als wüßte der junge Mri nicht, was er antworten sollte; oder vielleicht bediente er sich der Zurückhaltung, die für einen Mri-Krieger so wichtig war. Die Augen über dem Schleier blickten unverhüllt erschrocken und starr.
    »Deine Sicherheit kann dir versprochen werden«, sagte Hulagh.
    »Nur die She'pan kann mich entsenden«, sagte der junge Kel'en. »Und ich weiß, daß sie es nicht tun wird.«
    »Sie hat mir einen Mri versprochen.«
    »Es war schon immer das Privileg des Edun, zu wählen, wer geht und wer bleibt. Ich sage dir, daß sie mich nicht mit dir gehen lassen wird, Herr.«
    Das war eine offene Sprache, und die Erlaubnis durch eine Diskussion zu erhalten, würde zweifellos einen weiteren Gang zur Spitze des

Weitere Kostenlose Bücher