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Kesseltreiben

Titel: Kesseltreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leenders/Bay/Leenders
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sie besser als die meisten anderen.
    Morgen melde ich mich zum Führerschein an. Ich muss ja jetzt alles allein erledigen, und dafür reicht mein Mofa nun mal nicht. Und Vaters Mercedes soll nicht ungenutzt vor sich hin rosten.
     
    In der Schule gehen sie immer noch komisch mit mir um. Keiner lacht mehr, wenn ich in der Nähe bin, und das macht mich ganz wütend. Karen ist sehr lieb zu mir, nimmt mich immer wieder in den Arm und erklärt mir, dass mit der Zeit alles leichter würde. Tja …
    Und Kai? Der will mir dauernd einen Joint aufschwatzen, mir würde es dann wenigstens für eine Weile gut gehen. Aber ich will das blöde Zeug nicht. Einmal hat er sich Stefans Wohnungsschlüssel geliehen, und wir haben miteinander geschlafen. Aber es war furchtbar, hinterher habe ich geheult wie ein Schlosshund, weil ich immer daran denken musste …
    Besuchen will Kai mich nicht, noch nicht. Es wäre ihm einfach noch zu deprimierend, sagt er.
     
    Meine Eltern sind noch keine drei Monate unter der Erde, und schon stürzen sich die Geier auf mich. Die KGG natürlich vorneweg. Aber ich verrecke eher, als dass ich Vaters Land wegbaggern lasse!
    Und so ziemlich jeder Bauer aus dem Dorf war da und wollte mir was abluchsen oder mich belatschen, dass ich an die Kiesmafia verkaufe.
    Ich bin froh, dass ich mich immer für unseren Hof interessiert habe und Vater mich auf dem Laufenden gehalten hat, denn jeder, der bei mir war, wollte mich übers Ohr hauen.
    Aber natürlich muss ich endlich was unternehmen, denn ich schaffe es nicht mehr alleine. Am Anfang hat mir die viele Arbeit gutgetan, weil sie mich vom Denken und Weinen abgehalten hat, aber jetzt wächst mir alles über den Kopf, und es tut mir auch in der Seele weh, das Land brach liegen zu lassen. Außerdem ist Vaters Sparbuch so gut wie leer. Was allein schon die Beerdigung und der Grabstein gekostet haben!
    Ich habe also einen Plan gemacht: Das Milchvieh verkaufe ich, nur Flora will ich behalten, sie lässt sich gut mit der Hand melken. Rinder und Schweine gehen auch weg. Ich behalte nur ein paar Ferkel, die Hühner und vielleicht einige Gänse. Melkmaschine, Mähdrescher und ein paar von den größeren Maschinen habe ich schon ins »Landwirtschaftliche Wochenblatt« gesetzt, aber den Trecker gebe ich erst mal noch nicht weg. Die Acker und Wiesen kann ich alle verpachten, es waren ja genug Interessenten da. Onkel Kalli wird dafür sorgen, dass ich einen anständigen Preis dafür kriege. Davon dürfte ich gut leben und sicher auch noch sparen können. Viel brauche ich ja nicht, ich habe dann ja noch unseren großen Nutzgarten und die Obstwiese. Und wenn es einmal hart auf hart kommt, kann ich immer noch Land verkaufen – aber nur an einen Bauern, nicht an die KGG.
    Ab jetzt trifft sich unsere Anti-AKW-Gruppe immer bei mir. Ich habe schließlich jede Menge Platz. Wir haben Vaters Büroschrank für unsere ganzen Papiere ins Esszimmer gerückt, und dort ist jetzt unsere Schaltzentrale. Im Augenblick treffen wir uns jeden Mittwoch, denn wir wollen bald die einzelnen Gruppen zusammenlegen zu einer Bürgerinitiative »Stop Kalkar«, und da ist eine Menge Vorarbeit zu leisten. Außerdem brauchen diejenigen, die gegen die Genehmigung des Brüters klagen, finanzielle Unterstützung, und dafür müssen wir Spenden sammeln.
     
    Heute bin ich zum ersten Mal mit dem Auto zur Schule gefahren. Die haben vielleicht alle Augen gemacht, ich hatte nämlich niemandem erzählt, dass ich mit dem Führerschein dran war. Bloß Renate hat ein bisschen die Nase gerümpft und gemeint, so eine Bonzenschleuder würde doch nicht zu mir passen, ich sollte mir doch lieber eine Ente oder einen R4 anschaffen. Vielleicht mache ich das irgendwann, aber erst einmal fahre ich Vaters Wagen, schon weil er immer noch nach seinen Zigarillos riecht.
    Kai war total begeistert. Wir hatten es so gedreht, dass wir gleichzeitig zwei Wochen Urlaub haben, und er wollte dann zu mir auf den Hof kommen. Aber jetzt meinte er, wenn ich doch das Auto hätte, könnten wir einfach in den Süden abzischen und richtig Urlaub machen. Ich hab ihn gefragt, wie er sich das vorstellt, ob Flora sich selbst melken soll, und gefüttert und gemistet muss ja auch werden. Aber er meinte, ich könnte ja die Nachbarn fragen. Der hat gut reden! Mein nächster Nachbar ist Goossens, und der redet kein Wort mehr mit mir, seitdem ich die Typen von der KG G habe abblitzen lassen. Auch die anderen werden mir was husten. Ich kann sie schon hören: »Damit

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