Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kesseltreiben

Titel: Kesseltreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leenders/Bay/Leenders
Vom Netzwerk:
Speisekarte, die im Fenster ausgehängt war. Hier gab es so ziemlich alles, was das Fastfood-Herz begehrte: Pizza, Döner, Pommes und Schnitzel, sogar Bami und Nasi.
    Hinter der Theke hantierte ein junger Türke herum, er mochte vielleicht dreißig sein.
    Erschrocken schaute er hoch, als Ackermann hereinkam. »Oje, ich habe vergessen, die Tür abzuschließen. Wir haben noch gar nicht geöffnet«, haspelte er. »Das Fett ist noch nicht heiß.«
    »Ich will gar nix essen«, beruhigte ihn Ackermann und legte seinen Ausweis auf den Tresen. »Gucken Sie, hier, ich bin von der Kripo.«
    Der Mann lächelte zaghaft. »Ach so.« Er hielt Ackermann die Hand hin. »Ich heiße Ahmed.«
    »Angenehm, ich bin Jupp.«
    »Sie haben doch bestimmt gehört, dat am Samstag hier im Dorf ‘n Mann erschossen worden is’.« Ackermann zog Finkensiepers Foto aus der Jackentasche und hielt es Ahmed hin.
    Der schnappte nach Luft. »Der war das? Der ist doch höchstens so alt wie ich!«
    »Sie haben den wohl gekannt.«
    »Gekannt ist zu viel gesagt. Ich habe ihn ein paarmal gesehen, durchs Fenster.«
    »Un’ wat hat er da gemacht?«
    »Gemacht?«, fragte Ahmed verwirrt. »Nichts, er ist herumspaziert und hat sich die Gegend angeguckt.«
    »Ah so.« Ackermann schaute auf seine Armbanduhr.
    »Zu früh für ‘n Bier, aber ‘ne Cola war’ nich’ schlecht. Wenn et geht, eiskalt.«
    »Gerne.« Ahmed gab ein paar Eiswürfel in ein Glas, holte eine Dose Cola aus dem Kühlschrank und goss ein.
    Ackermann trank gierig, bevor er seine nächste Frage stellte.
    »Uns geht et um letzten Samstag. Haben Sie ihn da auch gesehen? Un’ hatte er vielleicht ‘n Laptop dabei?«
    »Samstag? Das kann ich echt nicht sagen. Ich bin im Moment allein im Laden. Wir haben nämlich gerade wieder ein Baby bekommen, und meine Frau ist noch nicht ganz so fit.«
    »Glückwunsch, kann ich nur sagen. Wie viel Kinder haben Sie denn?«
    »Drei«, antwortete Ahmed stolz.
    »Drei is’ ‘ne gute Zahl, ich selbs’ hab auch drei.«
    Ackermann besann sich. »Wohnen Sie eigentlich hier?«
    Ahmed zeigte an die Decke. »Oben, gleich über dem Laden. Das ist praktisch, weil meine Frau mir so helfen kann und dabei trotzdem die Kinder im Auge hat.«
    »Find’ ich gut. Aber ma’ wat anderes: Wenn Finkensieper durch dat Dorf gelaufen is’ – Finkensieper, so hieß der Mann, der erschossen worden is’ –, also, wenn der im Dorf rumlief, war er da immer alleine? Oder haben Sie den mal mit einem anderen gesehen?«
    »Nö, der war immer allein.«
    Ackermann leerte sein Glas. »Sagen Sie ma’, wie kommen Sie eigentlich klar in diesem Kaff? So als Ausländer, mein’ ich. Sind die Leut’ hier nich’ ziemlich verbohrt?«
    »Gar nicht«, antwortete Ahmed entschieden. »Ich bin in Deutschland geboren, und mein Vater ist schon als kleiner Junge hergekommen. Türkisch ist eine Fremdsprache für mich. In Kessel haben wir schnell Fuß gefasst.« Er musste grinsen. »Unser Ältester spielt in der E-Jugend vom SV Kessel und ist Torschützenkönig. So was hilft auch, da wird man schnell zum Kesseler. Außerdem sind wir ja nicht die einzigen Ausländer. Hier wohnen doch jede Menge Holländer und sogar ein paar Polen. Die sind früher jahrelang als Saisonarbeiter zum Spargelstechen gekommen, und anscheinend haben sie jetzt dauerhaft hier Arbeit gefunden, im Gartenbau und so.«
    Ackermann nickte. »Gehen Sie eigentlich manchmal in die Kneipe da drüben, zu van Beek?« Dann schlug er sich gegen die Stirn. »Ach Quatsch, Sie dürfen ja gar keinen Alkohol trinken, Sie sind ja Moslem.«
    »Ich bin gar nichts, und ich trinke auch Alkohol. Aber bestimmt nicht bei van Beek. Da gehen doch nur die alten Männer hin. Ich habe gehört, dass der Tote bei denen gewohnt hat. Fand ich komisch, da wohnt sonst nie einer.«
     
    Norbert van Appeldorn parkte sein Auto, blieb aber noch eine Weile sitzen. Bernies Anpfiff ging ihm nicht aus dem Kopf. Er hatte bestimmt nicht vorgehabt, die anderen zu maßregeln. Es war nur so, dass er Umständlichkeiten und unnötiges Gerede hasste. Er behielt gern das Heft in der Hand, mochte klare Ansagen und klare Wege. Aber offensichtlich fühlten sich die anderen dadurch bevormundet. Das hatte er gar nicht bemerkt. Erst bei der Teamsitzung eben war ihm bewusst geworden, dass er wohl mit aller Macht versucht hatte, es anders zu machen als Toppe. Keine Assoziationen, keine freilaufenden Gedankengänge, kein Brüten, keine schlaflosen Nächte wegen eines Falles.
    Ohne weiter

Weitere Kostenlose Bücher