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Kesseltreiben

Titel: Kesseltreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leenders/Bay/Leenders
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nachzudenken, holte er sein Handy heraus und rief seine Frau an. »Hallo, Liebes, arbeitest du noch?«
    Ulli leitete einen Sonderkindergarten und konnte sich ihre Arbeitszeit ziemlich frei einteilen und zudem den Kleinen mitnehmen.
    »Ich habe gerade Schluss gemacht und packe jetzt Paul ins Auto. Was ist los? Du hast eine ganz kleine Stimme.«
    »Ja, stimmt, man hat mich heute ein bisschen zusammengefaltet, und ich befürchte, nicht ganz zu Unrecht. Ich bitte also um ein Beratungsgespräch, Frau Sozialpädagogin.«
    Sie lachte nicht. »Sekunde.« Er hörte, wie sie Paul im Kindersitz anschnallte und ihm einen Kuss gab.
    »Heute Abend«, sagte sie dann. »Ich bleibe wach, egal, wie spät es bei dir wird, dann reden wir. Paul ist den ganzen Tag bespielt worden, er ist völlig platt. Wir werden also wohl unsere Ruhe haben.«
    Van Appeldorn schloss den Wagen ab und ging über die Straße zur Kfz-Werkstatt. Die Tür, die mit Mennige gestrichen war, führte direkt in eine große, ziemlich düstere Halle, in der es penetrant nach Altöl, Schmiere und Batteriesäure roch. Aus der Grube am hinteren Ende kam ein Hämmern.
    »Hallo!«, rief van Appeldorn, und das Hämmern hörte auf.
    Ein Mann in einem blauen Overall, der vor Schmutz starrte, kam hervorgekrochen. Er war über eins neunzig groß, dabei, bis auf seine Hände, nicht besonders kräftig. Das dünne, staubig blonde Haar trug er zum Pferdeschwanz gebunden. Sein linkes Ohr war mehrfach gepierct, feine Silberringe reichten von der oberen Muschel bis zum Ohrläppchen, acht oder zehn Stück.
    »Schönen guten Tag«, grüßte van Appeldorn. »Sind Sie Herr Elbers?«
    »Bin ich.«
    »Ganz allein hier?«
    Elbers wischte sich die Finger an einem schmierigen Lappen ab. »Heute wohl, mein Azubi hat montags Schule.«
    Er grinste jovial und enthüllte dabei ein erschreckend schlechtes Gebiss für jemanden, der erst Mitte vierzig war.
    »Was kann ich denn für Sie tun?«
    Van Appeldorn zog seinen Dienstausweis und Finkensiepers Foto aus der Tasche. »Ich bin von der Kripo. Es geht um diesen Mann hier.«
    Elbers guckte sich das Foto an. »Das ist wohl der, den sie auf ›Opheys‹ Parkplatz erschossen haben.« Dann schaute er van Appeldorn ins Gesicht. »Und was hab ich damit zu tun?«
    Er fummelte ein zerknautschtes Päckchen filterloser Zigaretten aus der Brusttasche und zündete sich eine an.
    »Haben Sie den Mann hier im Dorf gesehen?«
    »Allerdings, ich hab sogar mit dem gesprochen. Der war bei mir. Anfang letzter Woche, muss wohl Dienstag gewesen sein. Wollte neue Blätter für seine Scheibenwischer. Könnt’ ich aber nicht mit dienen. Der fuhr einen Citroën.« Elbers kniff die Augen zusammen. »Aber ich glaub’, das war nur ein Vorwand. In Wirklichkeit wollte der bloß quatschen.«
    »Worüber?«
    »Ach, der war von der Kiesgesellschaft. Wollte wissen, wie das mit dem Kies hier alles so angefangen hat. Aber da könnt’ ich ihm nicht viel drüber sagen. In den Siebzigern war ich ja selbst noch ein Kind, da hatte mein Vater die Werkstatt noch.«
    Van Appeldorn schaute ihn aufmunternd an.
    »Er hat lauter komisches Zeug gefragt. Ob der Seeweg früher mal länger gewesen wär’, zum Wald hin runter. Und ob da früher mal ein Haus gestanden hätt’, wo jetzt der Anglersee ist.«
    »Und? Hat da mal ein Haus gestanden?«
    »Ich glaub wohl, aber ich war ja noch ein Kind, wie gesagt. Und deshalb könnt’ ich dem Typ auch nicht viel erzählen. Ich weiß bloß noch, dass wir Kinder, als ich noch ziemlich klein war, im ersten Baggerloch immer schwimmen gegangen sind und dass immer eine Mutter dabei war, die auf uns aufgepasst hat. Keine Ahnung mehr, wer die war. Die hat uns immer mit Wassermelonen gefüttert. Wassermelonen – die kannte ich als Kind gar nicht …«
    »Uns geht es um den letzten Samstag, Herr Elbers. Haben Sie Finkensieper an dem Tag auch gesehen?«
    »An dem Tag, wo sie ihn kaltgemacht haben? Nee, hab ich nicht.« Er zupfte an seinen Ohrringen. »Konnte ich auch gar nicht. Gestern und vorgestern war ich auf einem Harley-Treffen in Bad Münstereifel. Samstagnachmittag hab ich bei Heino im Café gesessen und mir ein Stück Holländer Kirsch gegönnt.«
     
    Bernie Schnittges hatte schlechte Laune.
    Bei seinen Befragungen heute im Dorf war nicht viel herausgekommen, hoffentlich hatte er morgen mehr Glück.
    Es war ein langer, trauriger Tag gewesen, und er würde heute bestimmt nicht mehr mit Lettie auf ein Bier zu van Beek gehen, vielleicht morgen. Schön kühl

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